Kompetenzmodelle beenden den Blindflug der Personalabteilungen

Kompetenzmodell – ein mächtiges Instrument der Personalentwicklung

Einleitung

Die heutige Arbeitswelt ist von hoher Komplexität geprägt. Die meisten Berufsbilder verlangen zwar weiterhin klassische Qualifikationen und Vorausbildungen, doch beim Antritt der Tätigkeit stellt sich häufig heraus, dass diese nur eine Teilmenge der Grundlagen bilden, um erfolgreich und umfassend die Stelle auszufüllen. Stellenspezifische Weiterbildungen, Anlernen und monatelange Einarbeitung gehören zum Standardprogramm für viele neue Mitarbeitende. Viele Positionen verlangen somit deutlich mehr als Studienabschlüsse oder Ausbildungen, um sie erfolgreich bekleiden zu können.

Für Führungskräfte und Personalabteilungen folgt daraus, dass sich die Betrachtung weg von Abschlüssen und Qualifikationen, hin zu spezifischen beruflichen Kompetenzen verlagern muss. Berufliche Kompetenz kann definiert werden als spezifische Tätigkeit, welche Personen durchführen müssen, um erfolgreich arbeiten zu können. Dass Mitarbeitende erfolgreich und effizient arbeiten, spiegelt dabei natürlich die Erwartungshaltung des arbeitgebenden Unternehmens wider. Doch wie überprüfen, dokumentieren oder kommunizieren die Unternehmen die geforderten beruflichen Kompetenzen an ihre Belegschaft? Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen wird dabei häufig auf interne Stellenbeschreibungen verwiesen, doch diese sind häufig sehr allgemein und oberflächlich verfasst, womit sie beispielweise weniger dafür geeignet sind, den Grad und die Qualität zu messen, in dem eine Person seine Aufgaben erfüllt. Des Weiteren beschränken sich diese Stellenbeschreibungen häufig nur auf verschiedene stellenspezifische Anforderungen und geforderte Qualifikationen, weniger auf konkretes zielführendes Verhalten.

Ein deutlich geeigneteres Instrument stellt in dieser Situation ein Kompetenzmodell dar. Es kann komplexe Sachverhalte anschaulich und übersichtlich darstellen und verfügt dennoch über ausreichend inhaltliche Tiefe, um bspw. zu überprüfen, ob Personen erfolgreich arbeiten oder nicht.

 

Was ist ein Kompetenzmodell?

Unter einem Kompetenzmodell versteht man eine Visualisierungsform, welche erforderliche Kompetenzen einer Stelle oder eines Unternehmensbereichs zusammengefasst darstellt. Kompetenzen beschreiben dabei explizite, erfolgskritische Handlungen. Einfacher formuliert, sagt das Kompetenzmodell, was welcher Mitarbeitende tun muss, um erfolgreich seine Stelle auszufüllen. Dabei betrachtet ein Kompetenzmodell bestenfalls nicht nur die aktuellen, sondern auch die zukünftigen Anforderungen einer Stelle oder eines Unternehmensbereichs. Die Erstellung eines Kompetenzmodells liegt zumeist in der Verantwortung der Personalabteilung oder der Geschäftsführung. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass die Personen über die strategische Ausrichtung des Unternehmens Bescheid wissen.

 

Struktur eines Kompetenzmodells

Ein Kompetenzmodell besteht meistens aus vier bis fünf Ebenen. Zunächst werden häufig verschiedene Arten von Kompetenzen unterschieden, bspw. fachliche Kompetenzen, methodische Kompetenzen oder soziale Kompetenzen. Sie bilden die Kompetenzfamilien, denen daraufhin stellenspezifische Kompetenzen zugeordnet werden. Diese stellenspezifischen Kompetenzen werden daraufhin definiert und ggf. in Unterkompetenzen aufgeteilt. Die letzte Ebene beschreibt für jede Kompetenz explizite Arbeitshandlungen bzw. zielführendes Verhalten innerhalb der spezifischen Stelle.

Beispiel: Kompetenzmodell eines Verwaltungsmitarbeiters mit vier Ebenen. (Erste Ebene: Kompetenzkategorie „Fach- und Methodenkompetenz“; Zweite Ebene: Kompetenzbezeichnung „Steuerung von Geschäftsprozessen“; Dritte Ebene: Definition der Kompetenz; Vierte Ebene: Beschreibung von konkretem zielführendem Verhalten)

Fach- & Methodenkompetenzen (1)
Kompetenzbezeichung (2) Definition (3) Konkretes Verhalten (4)
Steuerung von Geschäftsprozessen
  • Die Fähigkeit Unternehmensrelevante Geschäftsprozesse im Sinne des Unternehmenszwecks zu steuern
  • CRM – steuert dokumentiert erfolgreich die Abläufe mit den Kunden, sodass es zu keinen Beschwerden kommt
  • Führt Materialplanung & Materialbeschaffung durch, ohne dass es zu Engpässen kommt
  • Setzt Prozessmanagement ein und hinterfragt regelmäßig Prozesse und Abläufe, in dem er konkrete Vorschläge unterbreitet
  • Setzt die vorliegenden Ressourcen (Personal, Betriebsmittel, Material) bedarfsgerecht ein

 

Die Person, welche das Kompetenzmodell erstellt, entscheidet welche Kompetenzen und Kompetenzgruppen in einem Kompetenzmodell aufgeführt werden. Es gibt also kein allgemeingültiges Kompetenzmodell. Die Visualisierung und der Inhalt des Kompetenzmodells müssen auf die spezifischen Unternehmens- und Stellencharakteristika abgestimmt werden. Die Erstellung fällt dabei häufig in den Verantwortungsbereich der Personalabteilung oder der Geschäftsleitung. Wichtig ist, dass die erstellenden Personen über umfassende Kenntnisse bezüglich der Unternehmensstrategie verfügen, denn in dem Kompetenzmodell sollten möglichst nur die Kompetenzen beschrieben werden, welche auch für das Unternehmen strategisch relevant sind.

 

In welchen Bereichen des Unternehmens kann das Kompetenzmodell eingesetzt werden?

Ein Kompetenzmodell ist es ein mächtiges Instrument der Personalarbeit und kann flexibel in verschiedenen Unternehmensbereichen eingesetzt werden. In folgenden Bereichen wird das Kompetenzmodell genutzt:

  • Recruiting: Ob bei Stellenausschreibungen oder Interviews – ein Kompetenzmodell eignet sich sehr gut, um bewerbenden Personen konkret zu beschreiben, welche Tätigkeiten auf sie zukommen. Auf der Grundlage des Modells lassen sich aber auch objektiv Entscheidungen treffen und ggf. Arbeitsproben und Assessmentcenter entwickeln. Passt die Person tatsächlich auf die konkrete Stelle? Das Kompetenzmodell liefert Ihnen die Antwort!

 

  • Performance Management und Leistungsbeurteilungen: Arbeitet die Person erfolgreich? Arbeite ich erfolgreich? Oft versuchen wir durch zuvor definierte Ziele diese Fragen zu beantworten. Doch wie können Personen diese Ziele erreichen? Was genau müssen Sie tun? Genau auf diese Frage liefert ein Kompetenzmodell die passende Antwort. Vorgesetzte und Mitarbeitende können auf Grundlage der im Kompetenzmodell definierten Kompetenzen überprüfen ob und inwieweit sich die eigentliche Leistung, von der gewünschten Leistung unterscheidet. So kann für Leistungsbeurteilungen und Zielvereinbarungen ein fairer und objektiver Rahmen geschaffen werden.

 

  • Personalentwicklung und Weiterbildung: Die Herausforderungen und Umwelteinflüsse, welche auf Unternehmen einwirken, ändern sich ständig im rasanten Tempo. Dies wirkt sich ggf. direkt auf die Belegschaft aus und kann zu verändernden Arbeitsanforderungen führen. Die Frage lautet hier, ob die zukünftig erforderlichen Kompetenzen aktuell bereits im Unternehmen vorhanden sind oder nicht. Da, wie bereits erwähnt, ein Kompetenzmodell auch immer prospektiv wirkt, kann das Modell als ideale Grundlage zur Erfassung des internen Weiterbildungsbedarf genutzt werden. So könnten Mitarbeitende effektiv und zielgenau weitergebildet werden und Unternehmen gleichzeitig präventiv auf Veränderungen reagieren.

 

Was sollte bei der Entwicklung eines Kompetenzmodells beachtet werden?

Entwerfen Sie ein Kompetenzmodell für das gesamte Unternehmen, kann dies sehr viel zeit- und ressourcenintensiver sein, als wenn sie zunächst nur mit einem bestimmten Bereich des Unternehmens starten. Ist erstmal ein Einstieg gefunden, ist der weitere Ausbau ein Kinderspiel. Wichtig sind vor allem Methodik und Sorgfalt. Kompetenzmodelle können auch inhaltlich sehr heterogen gestaltet werden. Dennoch gibt es praktische Tipps, die für jede Erstellung eines Kompetenzmodells beachtet werden sollten:

  1. Stimmen Sie den Inhalt des Kompetenzmodells mit der Strategie des Unternehmens ab.

Kompetenzmodelle sollen nicht nur die aktuell erforderlichen Kompetenzen betrachten, sondern auch zukünftige Anforderungen einbeziehen. In welche Richtung sich das Unternehmen entwickeln möchte, hängt allein von der strategischen Ausrichtung ab. Um die Strategie des Unternehmens zu definieren, sollte die Geschäftsführung in den Prozess mit einbezogen werden.

  1. Erfassen Sie aktuelle Anforderungen innerhalb der strategisch relevanten Stellen.

Die Erfassung von aktuellen Stellenanforderungen ist essenziell für ein Kompetenzmodell. Welche Anforderungen tatsächlich aktuell vorherrschen, lässt sich durch verschiedene Methodiken herausfinden. Sie könnten bspw. Stellenanzeigen analysieren, Interviews mit Stelleninhabern und deren Vorgesetzten durchführen oder bereits erstellte Kompetenzmodelle zur Anregung nutzen. Behalten Sie dennoch im Hinterkopf, dass das Kompetenzmodell für Ihre individuellen und spezifischen Unternehmensbereiche genutzt werden kann.

  1. So einfach wie möglich und so detailliert wie nötig.

Ein Kompetenzmodell soll eine Vereinfachung eines komplexen Sachverhalts darstellen. Deshalb ist es wichtig, dass das Modell auch als solches erkannt wird und nicht aus einer unübersichtlichen Aneinanderreihung von Tabellen, Definitionen und Unterkategorien besteht. Versuchen Sie das Modell in einer einfachen, übersichtlichen Form zu visualisieren und den Text auf die relevantesten Inhalte zu reduzieren.

  1. Wenden Sie das Kompetenzmodell praktisch an und holen Sie sich Feedback ein.

Gerade bei der Erstellung des ersten Kompetenzmodells, wird vermutlich noch nicht alles perfekt sein. Doch muss es das? Sehen Sie Ihr Kompetenzmodell doch eher als Fundament eines in der Zukunft noch passgenaueren Modells Ihres Unternehmens. Durch das praktische Anwenden und dem Feedback Ihrer Kollegen und Kolleginnen kann das Kompetenzmodell zu dem werden, was es werden soll – einem flexibel einsetzbaren Instrument der Personalabteilung.

Fazit

Wie dargestellt wurde ist ein Kompetenzmodell ein sehr mächtiges Instrument der Personalarbeit. Es kann für Recruitingmaßnahmen, Feedbackgespräche und Weiterbildungsanalysen verwendet werden. Es schafft dabei Transparenz und verhilft zu objektiven Entscheidungen. Auch wenn die Erstellung eine sehr zeitaufwendige Aufgabe darstellt, kann sich die investierte Zeit letztlich auszahlen.

Der Weiterbildungsverbund erstellt für jedes seiner Partnerunternehmen ein Kompetenzmodell und stellt es Ihnen zu Verfügung. Außerdem nutzt er die gesammelten Informationen, um ein Branchenübergreifendes Kompetenzmodell zu kreieren und die Branche so auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten.