Anforderungen an den Vortrag der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren

Im Nachprüfungsverfahren kann der unterlegene Bieter die Rechtmäßigkeit der Vergabe in einem gerichtsähnlichen Verfahren überprüfen lassen. Als Antragsteller muss er in seinem Nachprüfungsantrag gemäß § 161 Abs. 2 GWB den Vergaberechtsverstoß beschreiben, auf den er seinen Antrag stützen möchte. Da ihm Informationen über entscheidende Vorgänge im Vergabeverfahren und v.a. die Angebotswertung wegen deren Geheimhaltung regelmäßig fehlen, stellt ihn diese Voraussetzung vor eine Herausforderung. Welche Anforderungen an die Beschreibung der Rechtsverletzung zu stellen sind, ist häufig Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten und deswegen für die Auftraggeber als Antragsgegner ebenfalls von Interesse.


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Im Nachprüfungsverfahren kann der unterlegene Bieter die Rechtmäßigkeit der Vergabe in einem gerichtsähnlichen Verfahren überprüfen lassen. Als Antragsteller muss er in seinem Nachprüfungsantrag gemäß § 161 Abs. 2 GWB den Vergaberechtsverstoß beschreiben, auf den er seinen Antrag stützen möchte. Da ihm Informationen über entscheidende Vorgänge im Vergabeverfahren und v.a. die Angebotswertung wegen deren Geheimhaltung regelmäßig fehlen, stellt ihn diese Voraussetzung vor eine Herausforderung. Welche Anforderungen an die Beschreibung der Rechtsverletzung zu stellen sind, ist häufig Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten und deswegen für die Auftraggeber als Antragsgegner ebenfalls von Interesse.


Ausgleich zwischen Zielen der Missbrauchsprävention einerseits und des effektiven Rechtsschutzes andererseits

Zweck des Begründungserfordernisses nach § 161 Abs. 2 GWB ist ausweislich der Gesetzesbegründung neben dem Ziel, das Verfahren zu beschleunigen, auch, einen Missbrauch des Nachprüfungsantrags zu verhindern. Deshalb ist einerseits ein möglichst ausführlicher Vortrag von Tatsachen, aus denen der Vergaberechtsverstoß abgeleitet wird, erforderlich. Andererseits bedingt das Gebot des effektiven Rechtsschutzes, dass der Zugang zur Nachprüfung umfassend möglich sein muss. Zur Frage, wie diese gegenläufigen Zielsetzungen im Einzelfall ausgeglichen werden können haben sich in der Rechtsprechung Grundsätze herausgebildet.

Maßstab der Rechtsprechung für den Vortrag des Antragstellers

Hat der Antragsteller Kenntnis von dem Sachverhalt, der dem behaupteten Vergaberechtsverstoß zugrunde liegt oder kann er sich diese verschaffen, muss er zu den relevanten Tatsachen vortragen und daraus schlüssig einen Vergaberechtsverstoß ableiten. Fehlt ihm die Sachverhaltskenntnis, wie dies z.B. meist mit Blick auf Wertungsvorgänge in der Sphäre des Auftraggebers der Fall ist, kann im Einzelfall auch die Behauptung von vermuteten Tatsachen genügen. Allerdings darf der Vortrag nicht quasi willkürlich „ins Blaue hinein“ erfolgen. Je weniger Sachverhaltskenntnis der Antragsteller hat bzw. haben kann, desto geringer sind die Anforderungen an die Darlegung der Tatsachen. Entzieht sich der Sachverhalt vollständig seiner Kenntnis, kann ein Mindestmaß an Substantiierung genügen.

Beispiele aus der Rechtsprechung

Diese formelhaften Anforderungen wurden von der Rechtsprechung mit Leben gefüllt. Vier Beispiele sollen dies veranschaulichen:

Das pauschale Anzweifeln der ordnungsgemäßen Dokumentation des Vergabeverfahrens genügt z.B. den Anforderungen nach § 161 Abs. 2 GWB nicht. Zwar gehört die Dokumentation zur Sphäre des Auftraggebers, jedoch hat der Antragsteller insofern konkrete Anhaltspunkte vorzutragen, die seinen Verdacht auf eine nicht ordnungsgemäße Dokumentation stützen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.02.2012, Az.: Verg W 1/12).

Ausreichen kann dagegen im Einzelfall ein Vortrag, wonach aufgrund tatsächlicher, im Antrag ausgeführter Anhaltspunkte und nach eigener Marktkenntnis eine Bereitstellung ausreichender Transportkapazitäten durch den Bestbieter nicht möglich sein soll (OLG Schleswig, Beschluss vom 12.11.2020, Az.: 54 Verg 2/20).

Den Anforderungen aus § 161 Abs. 2 GWB entspricht die Behauptung ohne weitere Tatsachengrundlage nicht, die Angaben im Angebot des für die Zuschlagserteilung vorgesehenen Bieters seien unplausibel. Dies gilt auch für die reine Behauptung (ohne weiteren Vortrag), aufgrund eigener Marktkenntnisse verfüge der favorisierte Bieter nicht über die entsprechenden technischen Kenntnisse (OLG Rostock, Beschluss vom 30.09.2021, Az.: 17 Verg 3/21).

Ebenfalls mit § 161 Abs. 2 GWB in Übereinstimmung steht die Behauptung, dem Antragsteller sei es trotz schnellstem Vorgehen nicht möglich gewesen, die im Vergabeverfahren geforderten Prüfprotokolle unabhängige Prüfinstitute zu liefern. Folglich könne dies Wettbewerbern, die auf dieselben Institute zurückgreifen müssen, ebenfalls nicht möglich gewesen sein (BGH, Beschluss vom 26.09.2006, Az.: X ZB 14/06).

[GGSC] vertritt Auftraggeber und Bieter bundesweit in Nachprüfungsverfahren, aktuell z.B. in mehreren Verfahren betr. Dienstleistungen der Abfallentsorgung und der Schüler:innenbeförderung.

Link zur Homepage: www.ggsc.de

Gaßner, Groth, Siederer & Coll