GGSC - Voraussetzung für den Verzicht auf ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb(OLG Hamburg)

Voraussetzung für den Verzicht auf ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb(OLG Hamburg)

Gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 2b VgV kann ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb
dann durchgeführt werden, wenn aus technischen Gründen kein Wettbewerb möglich ist
also deswegen nur ein Unternehmen die erforderliche Leistung erbringen kann. Voraussetzung
hierfür ist jedoc
h, dass der Auftraggeber durch eine sorgfältige Markterkundung nachweist, dass
keine vernünftigen Alternativen oder Ersatzlösungen verfügbar sind. Diese Anforderung wurden

in einem aktuellen Fall vor dem OLG Hamburg näher beleuchtet.


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Gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 2b VgV kann ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb
dann durchgeführt werden, wenn aus technischen Gründen kein Wettbewerb möglich ist
also deswegen nur ein Unternehmen die erforderliche Leistung erbringen kann. Voraussetzung
hierfür ist jedoc
h, dass der Auftraggeber durch eine sorgfältige Markterkundung nachweist, dass
keine vernünftigen Alternativen oder Ersatzlösungen verfügbar sind. Diese Anforderung wurden

in einem aktuellen Fall vor dem OLG Hamburg näher beleuchtet.


Sachverhalt

Ein öffentlicher Auftraggeber wollte ein elektronisches Vergabemanagementsystem (eVMS)
beschaffen. Um sich über die auf dem Markt verfügbaren Systeme zu informieren, führte er eine Markterkundung durch und befragte neun potenzielle Anbieter. Alle kontaktierten Unternehmen, darunter auch der Bieter B, wurden gebeten, einen einheitlichen Fragebogen auszufüllen und ihre Produkte vorzustellen. Danach führte der Auftraggeber einVerhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb durch. Im Anschluss daran veröffentlichte der Auftraggeber eine Ex-ante Transparenzbekanntmachung, in der er seine Absicht erklärte, das eVMS des Anbieters A zu beschaffen. Er begründete seine Entscheidung damit, dass nur das
System von A eine vollständige Integration in das bereits vorhandene ERP
-System der Firma X
ermöglicht und damit technische, betriebliche und finanzielle Risiken minimiert. Diese habe die
Markterkundung ergeben, was auch der Grund sei, weshalb hier ein Verhandlungsverfahren ohne
Teilnahmewettbewerb gerechtferti
gt sei.

Rüge der Verfahrenswahl

Bieter B rügte diese Entscheidung und argumentierte, dass seine Software die geforderten Schnittstellen standardmäßig unterstütze und an das System des Auftraggebers angepasst werden könne. Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag von Bieter B ab und befand, dass die Bedarfsbestimmung des Auftraggebers nachvollziehbar sei. Die Software von B habe zum Zeitpunkt der Prüfung gerade nicht über die geforderte Schnittstelle verfügt. Bieter B legte
daraufhin Beschwerde ein.

Entscheidung

Das OLG Hamburg (Beschluss vom 06.04.2023, Az.: 1 Verg 1/23) gab der Beschwerde von Bieter B nun statt. Für die Zulässigkeit eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb nach § 14 Abs. 4 Nr. 2b VgV müsse nämlich nachgewiesen werden, dass kein anderes Unternehmen in der Lage sei, eine Leistung zu erbringen, die den Anforderungen des Auftraggebers entspricht. Zusätzlich darf es keine vernünftigen Alternativen oder Ersatzlösungen geben.

Keine unzulässige Verengung des Wettbewerbs

Außerdem darf der öffentliche Auftraggeber den Wettbewerb nicht durch eine künstliche Einschränkung der Vergabekriterien unzulässig verengen. Die Beweislast hierfür liegt beim Auftraggeber.

Im vorliegenden Fall konnte der Auftraggeber jedoch nicht hinreichend belegen, dass er alle relevanten Anforderungen im Zuge der Markterkundung klar kommuniziert hatte. Insbesondere war den potenziellen Anbietern nicht ausreichend mitgeteilt worden, dass eine vollständige Integration in das ERP-System der Firma X zwingend notwendig sei. Die Markterkundung war daher unzureichend. Beim OLG war der Eindruck entstanden, es werde lediglich ein
Vergabemanagementsystem gesucht, das an das bestehende Betriebssystem des Auftraggebers anschließt.

Diese ungenaue Kommunikation bzw. Dokumentation führte dazu, dass die Markterkundung als unzureichend eingestuft wurde. Dies wiederum zog die Bewertung nach sich, der Auftraggeber habe keine tragfähige Grundlage für ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb geschaffen.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Hamburg zeigt deutlich, wie wichtig es für öffentliche Auftraggeber ist, ihre Beschaffungsanforderungen im Vorfeld eines Verfahrens präzise zu definieren und transparent an potenzielle Anbieter zu kommunizieren. Eine ungenaue Markterkundung kann nicht als Grundlage für ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb herangezogen werden.

Der Auftraggeber muss im Fall von § 14 Abs. 4 Nr. 2b VgV vielmehr sicherstellen, dass alle relevanten Anforderungen klar dargelegt werden, um den Verzicht auf den Teilnahmewettbewerb rechtfertigen zu können.

Link zur Homepage: www.ggsc.de

Gaßner, Groth, Siederer & Coll