Der Wald ist chronisch krank

BUND fordert: Kohlekraftwerke abschalten, Luftschadstoffe reduzieren und waldfreundliche Jagd festschreiben

Angesichts alarmierender Zahlen im aktuellen Waldzustandsbericht und der sich bereits jetzt abzeichnenden Dürre warnt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zum Tag des Baumes vor einer Verschlimmerung der Waldkrise.


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"Den Bäumen in den Wäldern Deutschlands geht es so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht", warnt der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt. Das läge nicht allein an der Erderhitzung. "Der Wald ist durch Dürre, intensive Forstwirtschaft und Stickstoffeinträge im Dauerstress. Gerade bei den Stickoxiden ist das seit vielen Jahren bekannt. Deshalb muss die Bundesregierung jetzt effektive Klimaschutzmaßnahmen ergreifen und gleichzeitig Schadstoffemissionen aus Verkehr, Industrie und Landwirtschaft wirksam reduzieren. Nur so hat der Wald eine Chance endlich wieder aufatmen zu können."

Zudem muss aus Sicht des BUND der Waldumbau weg von naturfernen, anfälligen Nadelforsten hin zu vielfältigen Laubwäldern endlich vorantrieben werden. Für den Waldumbau sind waldfreundliche Regelungen im neuen Bundesjagdgesetz überfällig, um jungen Laubbäumen das Aufwachsen zu ermöglichen. Andernfalls würden auch Steuergelder für teure Baumpflanzungen verschwendet, da die meisten Setzlinge sofort von Rehen wieder aufgefressen würden.

Mit Blick auf die Klimakrise erklärt Bandt weiter: "Die Klimakrise setzt dem Patienten Wald weiter zu. Schon jetzt im Frühjahr zeichnen sich eine erneute Dürreperiode und damit absterbende Waldbestände bis hin zu drohenden Waldbränden ab." Umso wichtiger ist es, alles zu tun, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen und den Wald nicht zusätzlich zu stressen. "Wir brauchen einen effektiven Waldschutz durch effektiven Klimaschutz. Wir brauchen Maßnahmen zur absoluten Energieeinsparung, einen schnellen Ausstieg aus fossilen Energien, allen voran der Kohleverstromung und eine schnellstmögliche Umstellung des Energiesystems auf 100 Prozent erneuerbare Energien", fordert der BUND-Vorsitzende. "Um den Eintrag von Stickoxiden in die Waldböden zu reduzieren, müssen nun schnell fossile Feuerungen in Energiewirtschaft, Industrie und Haushalten dauerhaft reduziert werden." So hätte die Bundesregierung durch die Abschaltung von Braunkohlekraftwerken, wie sie die Kohlekommission gefordert hat, einen ersten wichtigen Beitrag leisten können. Diese Maßnahmen sind nicht nur Klimaschutz, sondern entlasten auch die Wälder von den viel zu hohen Stickstofffrachten aus der Energiewirtschaft.

Um die Stickoxide aus dem Verkehr wirksam zu reduzieren, müssen aus Sicht des BUND insbesondere die Stickstoffdioxid Emissionen der Diesel-PKW schnell verringert werden, von denen 67 Prozent der Stickoxide des Verkehrs emittiert werden. Grundsätzlich ist ein genereller Umbau des Mobilitätssektors notwendig. So müssen der Autoverkehr verringert und die bestehenden Regeln zur Abgasreinigung eingehalten und zukünftig verschärft werden. "Der aktuelle Einbruch beim Ölpreis gibt der Bundesregierung die einmalige Möglichkeit, steuerpolitische Fehler in der Verkehrspolitik der vergangenen Jahre zu beheben", so der BUND-Vorsitzende. "Klimaschädliche Subventionen für die Energiesteuervergünstigung für Dieselkraftstoff und die Energiesteuerbefreiung von Kerosin – mit zusammen jährlich über 14 Milliarden Euro – müssen abgeschafft werden."

Darüber hinaus hält es der BUND für unvermeidbar, dass es angesichts des schlechten Zustandes des Waldes auch zu einer Agrarwende, mit einem Umbau der Nutztierhaltung und einer Halbierung der Nutztierbestände bis 2050 – vor allem im Schweine- und Geflügelbereich – kommen muss. Bandt: "Die Politik ist aufgerufen, sich intensiv mit den Empfehlungen des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung auseinander zu setzen. Wir brauchen schnellstmöglich Verabredungen, wie der Umbau zu einer tiergerechten, umwelt- und klimafreundlichen Tierhaltung gestaltet und finanziert werden kann." Zudem muss ergänzend zur kürzlich geänderten Düngeverordnung eine Stickstoffüberschussabgabe eingeführt werden, um den Bäuerinnen und Bauern Anreize zu geben, den Eintrag von Stickstoff aus der Landwirtschaft weiter reduzieren.

Neben Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Reduzierung von Stickstoffeinträgen ist die Bundesregierung auch im Bereich Forstwirtschaft aufgerufen, zu grundlegenden Änderungen zu kommen. "Die Wälder müssen endlich schonender bewirtschaftet werden", erklärt der BUND-Vorsitzende. "Hierzu gehört eine ökologisch verträgliche Bewirtschaftung, damit mehr Feuchtigkeit im Wald verbleibt und dieser sich selbst stabilisieren kann." Konkret bedeute dies: weniger drastische Eingriffe bei der Holzernte, ein Stopp der Entwässerung von Wäldern und das Vermeiden der Verdichtung von Waldböden durch Befahrung. Für diese und andere Punkte müsse endlich eine gute forstliche Praxis definiert und in allen Waldgesetzen verbindlich verankert werden. Auch der Anteil der Naturwälder ohne forstliche Eingriffe ist deutlich zu erhöhen.

Gerade die in Deutschland großflächig gepflanzten Fichten- und Kiefernforste leiden stark unter der Dürre und sind besonders brandgefährdet. Diese naturfernen Nadelforste sind zudem anfällig für Stürme sowie Massenvermehrungen von Borkenkäfer beziehungsweise Nonnenfalter. Daher ist neben der Wiederbewaldung abgestorbener Waldflächen ein zügiger Waldumbau zwingend erforderlich, weg von den künstlichen Nadelforsten, hin zu stabileren und naturnahen Laubmischwäldern. Der BUND begrüßt in diesem Zusammenhang, dass die Bundesregierung hierfür Gelder zur Verfügung gestellt hat, um Kommunen und private Waldbesitzer zu unterstützen.

Bandt abschließend zum Wildtiermanagement für einen erfolgreichen Waldumbau: "Agrarministerin Julia Klöckner muss ihr Wort halten und bei der Novelle des Bundesjagdgesetzes für eine waldfreundliche Gestaltung der jagdrechtlichen Regelungen Sorge tragen. Der Wald braucht endlich einen Paradigmenwechsel beim Wildtiermanagement. Die Jagd muss so geregelt werden, dass die jungen Laubbäume wachsen können und nicht gleich wieder von Rehen gefressen zu werden, damit der Waldumbau gelingen kann. Nur so hat die natürliche Verjüngung von Laubbäumen eine Chance. Und nur dann werden die Steuergelder für teure Baumpflanzungen kein Fall für den Bundesrechnungshof."

BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. direkter Link zum Artikel