Lösungsvorschläge zur Salzabwasserproblematik in der Diskussion

Werra-Weser-Konferenz im Kreishaus Kassel

Auf großes Interesse von Abgeordneten des Deutschen Bundestages, des Hessischen Landtags, von Kommunalpolitikern, Initiativen und Verbänden ist eine vom Landkreis Kassel organisierte Werra-Weser-Konferenz gestoßen.


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„Wir wollten mit dieser Konferenz eine umfassende Information über den aktuellen Stand der Dinge in Sachen Salzabwässerproblematik an Werra und Weser geben und dabei auch auf die Perspektiven der vorliegenden unterschiedlichen Lösungsvorschläge eingehen – und das ist auch sehr gut gelungen“, bilanziert Landrat Uwe Schmidt den Verlauf der Konferenz. Vor den rund 100 interessierten Zuhörern erläuterten Vertreter der Umweltministerien aus Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ihre Positionen. Außerdem stellten die K+S Kali GmbH und die Werra-Weser-Anrainerkonferenz jeweils ihre Vorstellungen vor. Ergänzt wurde das Vortragsprogramm durch Einschätzungen eines Vertreters des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, durch Informationen der Flussgemeinschaft Weser und des Unternehmens K-UTEC AG Salt Technologies sowie durch eine wissenschaftliche Bewertung durch Prof. Dr. Wolfgang Voigt vom Institut für anorganische Chemie der TU Bergakademie Freiberg.

„Die Statements der Teilnehmer wie auch die Diskussion haben gezeigt, dass die Realisierung des Vier-Phasen-Plans, der gemeinsam von Kali+Salz und der Hessischen Landesregierung vorgeschlagen wurde, eher unwahrscheinlich ist, da er auf große Vorbehalte der anderen Weseranrainer trifft“, fasst Schmidt seinen Eindruck der engagierten Diskussion zusammen.

Schmidt sieht sich in seiner ablehnenden Haltung zur Oberweser-Pipeline und dem damit verbundenen Salzabwasserbecken im Reinhardswald bestätigt. „Jetzt scheint sich zu rächen, dass Hessen und K+S zu lange nur auf eine Alternative gesetzt und andere Lösungen strikt abgelehnt haben“, ist sich der Landrat sicher.

Der Hessische 4-Phasen-Plan sieht vor, dass die zurzeit noch laufende Versenkung der in den Produktionsstandorten von Kali+Salz in Hessen anfallenden Salzabwässer in den Untergrund im Jahr 2021 endet. Diese lokale Entsorgung soll ab 2021 durch den befristeten Betrieb einer Leitung zur Oberweser und einem zur Steuerung notwendigen Stapelbecken ergänzt werden, um Flexibilität bei der Entsorgung der Abwässer zu gewinnen. Außerdem wird eine neu entwickelte Anlage gebaut, die den Salzabwasseranfall ab Ende 2017 um 1,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr verringert. Zusätzlich wird eine Teilhaldenabdeckung realisiert, um langfristig und kontinuierlich den Haldenabwasseranfalls zu verringern. Nach Realisierung aller geplanten Maßnahmen sollen Werra und Oberweser erreichen am Ende der Phase 4 und dem Ende des Bergbaus im Kalirevier im Jahr 2075 wieder Süßwasserqualität erreichen.

Die Pipeline/Stapelbecken-Lösung in die Oberweser wird von Landrat Schmidt, dem Kreistag des Landkreises Kassel und den Kommunen an der Oberweser im Landkreis abgelehnt.

Im Gegensatz zum 4-Phasen-Plan setzt der 3-Stufen-Plan der Werra-Weser-Anrainerkonferenz auf die Erreichung eines guten ökologischen und chemischen Zustands von Werra und Weser bereits im Jahr 2028. Dafür müsste nach Überzeugung von Dr. Walter Hölzel (Werra-Weser-Anrainerkonferenz/WWA) der Weg zu einer Abwasserreduzierung bis hin zur abwasserfreien Kaliproduktion durch andere technische Verfahren beschritten und gleichzeitig die Laugenverpressung im Werrarevier eingestellt werden.

Wenzel Mayer vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz warb für die hessischen Pläne, da sie erstmals eine langfristige und nachhaltige Lösung für die Abfälle aus der Kaliproduktion darstellen. Klar sei auch, dass der von der Europäischen Kommission geforderte Nachweis eines „gute Gewässerzustands in Ober- u. Mittelweser aus wirtschaftlichen Gründen bis 2027 nicht erreichbar ist.

Der 4-Phasen-Plan könne den qualitativen Anforderungen des europäischen Wasserrechtes nicht entsprechen – das EU-Recht lasse aber unter bestimmten Umständen auch die dauerhafte Unterschreitung der Vorgaben zu.

Dr. Martin Eichholtz, Leiter der Abteilung „Umwelt und Genehmigung“ der K+S Kali GmbH, stellte die Realisierung der weitgehend abwasserfreien Kaliproduktion grundsätzlich in Frage und wies außerdem auf die hohen Umweltschutzinvestitionen des Unternehmens sowie die erwarteten positiven Effekte durch die Haldenabdeckung hin.

Dr. Heiner Marx (K-UTEC AG Salt Technologies, Sondershausen) informierte über die von seinem Unternehmen erarbeiteten Lösungen für eine rückstandsfreie Kaliproduktion. Er machte dabei auch deutlich, dass sein Unternehmen bisher „ohne Auftrag“ arbeite und eine ausgearbeitete Planung für das hessische Kalirevier noch intensivere Untersuchungen erfordert. Dies wurde auch von Prof. Dr. Wolfgang Voigt bestätigt, der für eine umfassende Planung „rund drei Jahre“ veranschlagte. Voigt bedauerte in diesem Zusammenhang, dass man bereits viel Zeit „vergeudet habe“, die jetzt für die Überprüfung alternativer Lösungen fehle. Er regte außerdem an, dass die Haldenbewirtschaftung unabhängig von allen anderen Überlegungen mit einfachen Mitteln optimiert werden könne.

Rechtsanwalt Alexander Reidinger, der die Gemeinde Gerstungen und die WWA in der rechtlichen Auseinandersetzung mit der Kali+Salz AG vertritt, machte deutlich, dass die Laugenverpressung bereits heute nicht absehbare Risiken für das Grundwasser mit sich bringt. Reidinger bezog sich dabei auch auf Informationen des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie.

Der Vertreter des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Jörg Wagner, stellte klar, dass die Bundesregierung als Ansprechpartner der Europäischen Kommission für die Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie der EU die Erwartung hat, dass die einzelnen Bewirtschaftungspläne der Länder für das gesamte Flussgebiet von Werra und Weser zumindest als „miteinander kompatibel“ erscheinen müssen, wenn es eventuell nicht mehr zu einem gemeinsamen Bewirtschaftungsplan kommt.

Die Bundesregierung habe kein Weisungsrecht gegenüber den Bundesländern und werde deshalb den gesamten Prozess nur fachlich moderieren. Wenn der hessische 4-Phasen-Plan in Brüssel „kippt“, könne es in der Folge „im schlimmsten Fall“ auch zu einer Klage und einer Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland wegen Verletzung der Wasserrahmenrichtlinie kommen.

Ute Kuhn, Geschäftsführerin der Flussgebietsgemeinschaft Weser, erläuterte den Diskussionsstand in der Flussgemeinschaft, in der sich alle Anrainer über eine Lösung der Salzabwasserproblematik verständigen sollten. Noch im März 2015 soll hier eine Entscheidung fallen.

Als Vertreter des niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz verdeutlichte Abteilungsleiter Kay Nitsche die ablehnende Haltung des Landes Niedersachsen zu den Plänen aus Hessen. Dr. Viktor Mertsch, Referatsleiter Abwasserbeseitigung beim nordrhein-westfälischen Umweltministerium, wies daraufhin, dass die Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Europäischen Kommission eine Halbierung der Salzabwasserbelastung und die Nordsee-Pipeline als Konzept für die Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie nach Brüssel gemeldet habe. Bei der Verringerung der Salzabwasserbelastung sei bisher „noch nichts“ erreicht worden und jeder neue Vorschlag an die Kommission müsse „sehr gut begründet sein“.

Hintergrund:

Die europäische Wasserrahmenrichtlinie gibt vor, dass die Bewirtschaftungspläne für die Weser alle sechs Jahre zu überprüfen und zu aktualisieren sind. Hierzu fanden seit 2013 umfangreiche Abstimmungen in der Flussgebietsgemeinschaft Weser (FGG) statt, in deren Ergebnis ein aktualisierter Entwurf des Bewirtschaftungsplans und Maßnahmenprogramms erarbeitet wurde. Neben den Abstimmungen zu zahlreichen wichtigen Fragen der Gewässerbewirtschaftung wie die Verbesserung der Gewässerstruktur und Durchgängigkeit sowie die Reduzierung der anthropogenen Nähr- und Schadstoffeinträge lag ein besonderer Fokus der Abstimmungen auf der Reduzierung der Salzbelastung in Werra und Weser durch den Kalibergbau im Wesereinzugsgebiet. Im Oktober 2014 konnte in der FGG Weser ein umfangreiches Maßnahmenpaket (ca. 23.000 Maßnahmen) für den Gewässerschutz erfolgreich abgestimmt werden – die Frage der Salzabwässer blieb dabei aber unberücksichtigt.

Auf der Weser-Ministerkonferenz am 24.11.2014 wurde festgelegt, dass die Inhalte zur Salzbelastung in den Entwurf eines gesonderten, detaillierten Bewirtschaftungsplans "Salz" gemäß Artikel 13 Absatz 5 der Wasserrahmenrichtlinie der EU sowie eines entsprechenden Maßnahmenprogramms zur Reduzierung der Salzbelastung aufgenommen werden.

Es ist beabsichtigt, diesen bis Mitte März 2015 innerhalb der FGG Weser zu beschließen. Der Beschluss zu den Entwürfen des Bewirtschaftungsplans und des Maßnahmenprogramms 2015 bis 2021 (ohne Salz) wurde ebenfalls bis zu diesem Zeitpunkt zurückgestellt.

Das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes sieht vor, dass zum 22.12.2014 die Entwürfe der Bewirtschaftungspläne veröffentlicht werden. Da ein gemeinsamer Bewirtschaftungsplan zu diesem Zeitpunkt nicht vorliegt, haben die Länder der FGG Weser auf der Basis der erreichten Abstimmungen landesbezogene Bewirtschaftungspläne für den jeweiligen Anteil an der Flussgebietseinheit Weser erstellt. Wenn bis Mitte März 2015 der gemeinsame Bewirtschaftungsplan und das gemeinsame Maßnahmenprogramm sowie der detaillierte Bewirtschaftungsplan zum Thema Salz in der FGG Weser beschlossen werden, werden diese Dokumente der öffentlich zur Anhörung vorgelegt. Bis zum 22.12.2015 muss der Bewirtschaftungsplan so vervollständigt werden, dass er seinem Anspruch, einen flussgebietsweiten nachhaltigen Schutz für die Ressource Wasser zu bieten, nachkommt.

Landkreis Kassel