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Was war passiert?
In dem Fall hatte ein Unternehmen ohne immissionsschutzrechtliche Genehmigung eine Abbruch- und Recyclinganlage für Abfälle betrieben. Daraufhin hatte die zuständige Genehmigungs- und Überwachungsbehörde mit Bescheid die weitere Annahme, Zwischenlagerung sowie Behandlung der Abfälle untersagt und die Entfernung der vorhandenen Abfälle sowie der betriebsnotwendigen Anlagenteile/ Maschinen verfügt. Zudem hatte die Behörde die sofortige Vollziehung des Bescheides angeordnet. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat den Bescheid im Eilverfahren als rechtmäßig bestätigt, weil er keine Ermessensfehler erkennen konnte.
Das Gericht hat auch noch einmal den hohen Rang der Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen, der Rechtsgüter des Umweltschutzes sowie der Gesundheit und die Bedeutung des förmlichen Genehmigungsverfahrens für die Erreichung dieser Ziele betont.
Zentrale Norm ist der § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG, wonach die zuständige Behörde anordnen soll, dass eine Anlage, die ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird, stillzulegen oder zu beseitigen ist.
Erschließungsermessen – im Regelfall muss die Behörde gegen formell illegale Anlagen einschreiten
Das behördliche Entschließungsermessen erfasst die Entscheidung, ob überhaupt gegen eine illegale Anlage vorgegangen wird. Aufgrund des strengen Wortlauts („Die zuständige Behörde soll anordnen…“) ist das Entschließungsermessen bei formeller Illegalität einer Anlage nur noch in atypischen Ausnahmefällen eröffnet, d.h. im Regelfall hat die Behörde gegenüber dem Anlagenbetreiber einzuschreiten.
Ein solcher atypischer Ausnahmefall liegt etwa vor, wenn eine Anlage offensichtlich genehmigungsfähig ist. Dies setzt formal gesehen zunächst einen hinreichend konkreten Genehmigungsantrag voraus. Bloße Entwürfe reichen hierfür nicht aus. Über die materielle Genehmigungsfähigkeit der Anlage braucht die Behörde keine umfangreichen Ermittlungen anzustellen. Zweifel gehen wegen der Bedeutung des Genehmigungsverfahrens und zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen zu Lasten des Anlagenbetreibers.
Auswahlermessen – Abwägung der widerstreitenden Interessen
Im Rahmen des behördlichen Auswahlermessens zwischen den beiden Handlungsalternativen „Stilllegung“ oder „Beseitigung“ und in Bezug auf deren Ausgestaltung kommt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine besondere Bedeutung zu.
Die Stilllegung erweist sich gegenüber der Beseitigung in der Regel als das mildere und damit vorzugswürdige Mittel bei formeller llegalität.
Rein finanzielle Verluste auf Seiten des betroffenen Anlagenbetreibers sind dabei nur von Belang, wenn sie im konkreten Einzelfall die im Regelfall naturgemäß mit der Stilllegung verbundenen Folgen erheblich übersteigen. Dies wäre bspw. denkbar bei einer drohenden Insolvenz, jedoch nicht zwingend, da diese auch eine selbstverschuldete Folge illegalen Handelns sein kann.
Ebenfalls kann die anordnende Behörde die Systemrelevanz der betreffenden Anlage berücksichtigen, wobei allerdings kritisch zu hinterfragen ist, ob ein öffentliches Bedürfnis durch eine formell illegale Anlage angemessen befriedigt wird.
So oder so muss der Anlagenbetreiber seine einer verfügten Stilllegung entgegenstehenden privaten Interessen substantiiert darlegen. Bloße Behauptungen genügen nicht. Die schwerer wiegende Beseitigungsanordnung kann ergehen, wenn bei formeller Illegalität eine Stilllegung allein nicht ausreicht, um den weiteren illegalen Betrieb der Anlage zu unterbinden, oder wenn die Anlage offensichtlich nicht genehmigungsfähig ist. Ebenso sind geeignete, aber mildere Mittel abzuwägen, wie etwa eine Teilstilllegung oder Teilbeseitigung, insbesondere, wenn dadurch erreicht werden könnte, dass die Restanlage die Schwelle der Genehmigungspflicht unterschreitet.
Wenn Eile geboten ist
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung lässt sich rechtfertigen, wenn nicht verantwortet werden kann, dass die hochrangigen Rechtsgüter des Umweltschutzes und der Gesundheit für einen längeren Zeitraum unkalkulierbar gefährdet werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der formell illegale Betrieb einer Anlage eine Ordnungswidrigkeit darstellt und ggf. sogar
strafbewehrt sein kann. Zudem erzielt der betroffene Anlagenbetreiber gegenüber dem gesetzestreuen Wettbewerbskonkurrenten einen ungerechtfertigten Vorteil.
[GGSC] vertritt öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und kommunale Entsorgungsunternehmen regelmäßig gerichtlich und außergerichtlich in allen Fragen des Abfall- und Anlagenzulassungsrechts.