GGSC - Überlassungspflichten [GGSC]
Durch gewerbliche Sammlungen werden den örE Abfälle entzogen, deren Erlöse sonst Bürger:innen über die Abfallgebühren zufließen würden. Nachdem die Erlöse, insbesondere für Altkleider, eingebrochen sind, funktioniert dieses Geschäftsmodell der gewerblichen Sammlungen nicht mehr. örE sollen deshalb für schlecht laufende gewerbliche Sammlungen zur Kasse gebeten werden. „Rosinenpicken 2.0“ - auf diese Formel lässt sich die aktuelle Forderung des privaten Altkleiderverbandes GftZ zusammenfassen, mit der er am 26.02.2025 an die Öffentlichkeit getreten ist.
Bundesweit liegen Systeme bei einer Vielzahl von örE mit der Abstimmungsvereinbarung auch im Jahr 7 des Verpackungsgesetzes im Rückstand, insb. mit der „Anlage 7“ zu PPK. § 18 VerpackG sieht als Genehmigungsvoraussetzung eigentlich die Vorlage von Abstimmungsvereinbarungen jeweils im gesamten Bundesland vor. Zugleich gestattet die Vorschrift bei Nichtvorliegen von Abstimmungsvereinbarungen grundsätzlich auch den Widerruf von Systemgenehmigungen, ohne die Systeme nicht (mehr) tätig sein dürfen. Dieser Rückstand hat in ersten Bundesländern nun zu einer verschärften Gangart geführt. Zugleich sorgen immer wieder neue Punkte der Systeme dafür, dass sich örE mit Grund gegen eine Verschlechterung der Konditionen der Mitbenutzung kommunaler Erfassungssysteme wehren müssen.
Die Eignungsvoraussetzungen im Vergabeverfahren gewährleisten in der Praxis im Regelfall, dass sich Unternehmen mit guten Marktkenntnissen um den Auftrag bewerben. Entsprechend kann erwartet werden, dass auch im Markt bekannte und diskutierte Themen präsent sind und keiner Vertiefungen in der Leistungsbeschreibung bedürfen. Bei der Ausschreibung der Altpapierverwertung kann daher beispielsweise eigentlich erwartet werden, dass Bietern der seit langem anhaltende Streit um die Mitbenutzung der kommunalen Erfassungsstruktur durch Systembetreiber und die von ihnen lizensierten Verkaufsverpackungen bekannt sein müsste.
In unserem Beitrag vom 17.07.2024 hatten wir über die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in dem von [GGSC] vertretenen Verfahren des Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg über die Festsetzung der Sicherheitsleistungen nach § 18 Abs. 4 VerpackG berichtet. Mittlerweile sind die Entscheidungsgründe eingetroffen. In diesem Beitrag fassen wir die wichtigsten Punkte zusammen.
Will sich ein Krankenhaus der Überlassungspflicht für dortige Abfälle gemäß § 17 KrWG entziehen, muss es eine Verwertung darlegen können. Es gilt nämlich nach wie vor die Vermutung aus § 7 GewAbfV, dass auch dort Abfälle zur Beseitigung anfallen. Aus einem „belastbaren Verwertungskonzept“ muss v.a. eine ordnungsgemäße und damit gesetzeskonforme (Eigen-) Verwertung folgen, mit der auch den Anforderungen aus den §§ 3 und 4 GewAbfV (Getrenntsammlung, Vorbehandlung) Rechnung getragen wird. Das Sächsische OVG konnte eine solche Strategie in einem Verfahren, in dem [GGSC] die Kommune vertreten hatte, aktuell nicht erkennen und hat die vorgehende Entscheidung des VG Leipzig bestätigt. Die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil wurde daher nicht zugelassen (Beschl. v. 07.10.2024, Az.: 4 A 820/20).
Der zulässige Umfang von Rahmenvorgaben, mit denen örE gegenüber Systemen insbesondere die Einführung Gelber Tonnen durchsetzen, bleibt umstritten. Höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu steht noch aus. In der Folge sind weitere obergerichtliche Entscheidungen von besonderem Interesse. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.09.2024 (Az.: 8 A 10775/23.OVG) das vorgehende Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 09.02.2023 (Az.: 4 K 354/22.NW) abgeändert und die Rahmenvorgabe aufgehoben.
Im Rahmen der Verhandlungen über die Abstimmungsvereinbarung wird regelmäßig auch eine Anlage 7 über die Konditionen für die Mitbenutzung des kommunalen Erfassungssystems zwischen den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und den Systemen verhandelt und abgeschlossen. Gegenstand der Mitbenutzungsvereinbarung sind zum einen die Kosten für die Erfassung der Verpackungen durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und zum anderen die Regelung der Verwertungsseite. Auf der Verwertungsseite werden dabei die Bedingungen für die gemeinsame Verwertung und die Herausgabe festgelegt.
Abstimmungsvereinbarungen werden zwischen Systembetreibern und örE verhandelt. Die Systembetreiber lassen sich dabei von einem Gemeinsamen Vertreter repräsentieren. Über das Ergebnis stimmen die Systeme nach § 22 Abs. 7 Satz 2 VerpackG ab. Die Abstimmungsvereinbarung kommt zustande, wenn – neben dem örE – mindestens 2/3 der Systeme zustimmen. Im Zweifel kommt es auf jede Stimme an. Befremdlich ist es somit, wenn ein System nie operativ tätig wird, aber gleichwohl an solchen Abstimmungen teilnimmt. Noch befremdlicher wird es, wenn das System seine Genehmigung zurückreicht, aber gleichwohl weiter an den Abstimmungen teilnimmt. So aber offenbar die Praxis in einem aktuellen Fall.
Gerade in der Altkleiderbranche haben eine Reihe von „schwarzen Schafen“ in den vergangenen 10 Jahren durch Bescheide ihre Unzuverlässigkeit bescheinigt bekommen und durften gewerbliche Sammlungen nicht mehr durchführen. Die Untersagung gestaltet sich allerdings nicht einfach, wie aktuell z.B. eine Entscheidung des OVG NRW verdeutlicht (Beschluss vom 27.06.2024, Az.: 20 A 838/20).
Gewerbeabfälle werden nach wie vor selten recycelt oder anderweitig hochwertig verwertet. Vor diesem Hintergrund steht auch die bisherige Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) in der Kritik. Jetzt wird eine Novelle auf den Weg gebracht: Ein Referentenentwurf der Bundesregierung wurde im April 2024 zur Anhörung an die beteiligten Kreise weitergeleitet. Die Frist für Stellungnahmen dazu lief am 15.05.2024 ab. Nach Auswertung von Stellungnahmen soll der Entwurf zu einem Regierungsentwurf weiterentwickelt und bis September 2024 dem Kabinett vorgelegt werden. Das parlamentarische Verfahren soll bis April 2025 abgeschlossen sein.