EuGH: Zuschlagsverbot – Nichts geht mehr?

Mit Information des Auftraggebers über den Antrag auf Nachprüfung bewirkt die Vergabekammer ein Zuschlagsverbot. Dies gilt grundsätzlich fort bis zum Ablauf der Beschwerdefrist (vgl. § 169 Abs. 1 GWB). Auf Vorlage eines tschechischen Gerichts hat der EuGH nun festgestellt, dass eine nationale Regelung zulässig ist, die dem Auftraggeber den Abschluss eines Vertrags über einen öffentlichen Auftrag (also den Zuschlag) nur bis zu dem Zeitpunkt untersagt, an dem eine Stelle in erster Instanz über den Nachprüfungsantrag gegen die Entscheidung über die Vergabe des Auftrags entscheidet. 


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Rechtslage und gerichtliche Erwägungen 
 
Bei einem Zuschlagsverbot besteht in engen Grenzen auf Antrag des Auftraggebers oder des Bestbieters bereits im Nachprüfungsverfahren die Möglichkeit, den Zuschlag gleichwohl zu erteilen. Weitere Ausnahmen gibt es für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit. Da Nachprüfungsverfahren unter Ausnutzung der Verlängerungsmöglichkeit des § 167 Abs. 1 Satz 2 GWB durchaus mehrere Monate dauern können – und sich im Falle der sofortigen Beschwerde gar noch verlängern können – besteht das Zuschlagsverbot für den Auftraggeber in der Praxis regelmäßig für eine lange Zeit. 
 
Der EuGH hat (siehe oben) nun entschieden, dass eine nationale Regelung zulässig ist, die dem Auftraggeber den Abschluss eines Vertrags über einen öffentlichen Auftrag (also den Zuschlag) nur bis zu dem Zeitpunkt untersagt, an dem eine Stelle in erster Instanz über den Nachprüfungsantrag gegen die Entscheidung über die Vergabe des Auftrags entscheidet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Stelle ein Gericht ist oder nicht. Dies lässt sich somit auch auf das deutsche Recht übertragen, nach dem über den Nachprüfungsantrag in Deutschland keine Gerichte im engeren Sinne, sondern eine (im Regelfall beim Wirtschaftsministerium eines Bundeslandes angesiedelte) Behörde entscheidet. 
 
Anregung für den deutschen Gesetzgeber? 
 
Die Entscheidung stellt gleichwohl nicht die deutsche Regelung in Frage, die – mit unterschiedlichen Fallgestaltungen – auch ein Fortbestehen des Zuschlagsverbotes wie auch dessen Aufhebung in der „zweiten Instanz“ im Rahmen der Sofortigen Beschwerde regelt. Die Entscheidung verdeutlicht aber dem Gesetzgeber, dass hier ggf. auch für den unterlegenen Bieter strengere bzw. den öffentlichen Auftraggeber und den Bestbieter günstigere Regelungen nach europäischem Recht möglich wären. Insoweit könnte auch zur Verfahrensbeschleunigung erwogen werden, die Regelungen der §§ 160 ff. GWB über das Nachprüfungsverfahren entsprechend anzupassen. Alternativ steht bereits in der rechtspolitischen Diskussion, das Nachprüfungsverfahren direkt – und ausschließlich – vor dem Oberlandesgericht vorzusehen und damit auf eine Instanz zu beschränken. 
 
Stolperfalle Interimsvergabe 
 
Solange die deutsche Regelung bestehen bleibt, stellen sich für den Auftraggeber im Nachprüfungsverfahren weiterhin neben dem eigentlichen Verfahren vor der Vergabekammer drängende Fragen der Interimsvergabe, gerade wenn aufgrund Arbeitsüberlastung für längere Zeit nicht mit einer Entscheidung der Vergabekammer zu rechnen ist, gleichwohl die ausgeschriebene Leistung bereits erbracht werden muss und die Voraussetzungen für eine Vorab-Entscheidung nicht vorliegen. Dabei ist insbesondere auf das richtige Rechtsregime, die zutreffende Verfahrensart, die Fristen und den Bieterkreis zu achten. 
 
Link zur Homepage: www.ggsc.de  

Gaßner, Groth, Siederer & Coll. [GGSC]