Mündliche Preisaufklärung zulässig!

Eine Preisaufklärung nach § 60 Abs. 3 VgV kann mündlich – auch per Telefon – erfolgen. Dem steht der Grundsatz der elektrischen Kommunikation gemäß § 9 Abs. 2 VgV nach Auffassung der Vergabekammer Bund nicht entgegen (vgl. VK Bund, Beschluss vom 18.11.2022, VK 1-87/22).


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Grundsatz der elektronischen Kommunikation

Stellt der Auftraggeber bei der Angebotsprüfung einen ungewöhnlich niedrigen Preis fest, muss er dem Bieter Gelegenheit geben, den Preis zu erklären und dessen Angemessenheit nachzuweisen (sog. Auskömmlichkeitsprüfung). § 9 Abs. 2 GWB bestimmt, dass die Kommunikation in einem Vergabeverfahren nicht mündlich erfolgen darf, wenn sie unter anderem die Angebote betrifft. Aus dem Gesetzeswortlaut wird daher teils hergeleitet, dass auch die Prüfung der Angemessenheit der Preise ausschließlich über die elektronische Kommunikation erfolgen darf. Eine mündliche oder gar telefonische Aufklärung wäre damit ausgeschlossen.

Um diese Frage der Zulässigkeit einer mündlichen Preisaufklärung ging es unter anderem auch in einem aktuellen Fall vor der Vergabekammer Bund. In diesem klärte die Vergabestelle Preispositionen des Bestbieters mündlich in einem Telefonat auf und dokumentierte dies anschließend in einem Vermerk. Der Zweitplatzierte erhob hiergegen Einwände und rügte unter anderem, dass die Preisaufklärung unzureichend sei und auch die Art und Weise der Aufklärung gegen den Grundsatz der elektronischen Kommunikation verstoße.

Die Entscheidung

Die Vergabekammer Bund entschied, dass eine mündliche Preisaufklärung gerade nicht gegen § 9 Abs. 2 VgV verstößt. Denn § 9 Abs. 2 VgV verbiete die mündliche Kommunikation nicht, solange sie sich auf die Aufklärung des Angebots beschränkt. Dies ergebe sich nicht nur aus dem

Wortlaut der Norm, sondern zudem aus der Systematik, dem Sinn und Zweck sowie dem Willen des Gesetzgebers. So sei in der Begründung zur Norm ausdrücklich festgehalten worden, dass „die mündliche Kommunikation mit Bietern, die einen wesentlichen Einfluss auf den Inhalt und die Bewertung des Angebots haben könnte, in hinreichendem Umfang und in geeigneter Weise dokumentiert werden“ muss. Diese Zulässigkeit wurde dann in der Begründung zur VgV ohne Einschränkung aufgegriffen, indem es dort wiederum zu § 9 Abs. 2 VgV heißt: „Bei der Dokumentation der mündlichen Kommunikation mit Bietern, die einen Einfluss auf Inhalt und Bewertung ihres Angebots haben könnten, ist in besonderem Maße darauf zu achten, dass ausreichend und in geeigneter Weise dokumentiert wird.“ Das zeige, dass der EU-Richtliniengeber sowie der Verordnungsgeber die Möglichkeit einer mündlichen Kommunikation auch im Rahmen der Angebotswertung für zulässig erachten.

Hinzu soll nach Auffassung der VK Bund kommen, dass grundsätzlich sogar die fachlich-inhaltliche Vorstellung des Angebots sowie des einzusetzenden Personals in Form einer mündlichen Präsentation durchgeführt und entsprechend bewertet werden dürfe (vgl. VK Bund, Beschluss vom 13.11.2019, VK 1-83/19). Deswegen gelte die Möglichkeit der mündlichen Aufklärung erst recht für die Preisaufklärung. Wichtig sei nur die angemessene Dokumentation. Die mündliche Aufklärung schriftlicher Angebotsinhalte und der Preisaufklärung sei daher zulässig gewesen.

Fazit

Ohnehin war es schon vor der Entscheidung Praxis vieler Auftraggeber, Preispositionen mündlich aufzuklären. Mit der Entscheidung der VK Bund wurde diese Vorgehensweise nun unter Verweis auf die deutliche Begründung des EU-Richtliniengebers bestätigt. Demnach ist eine mündliche Preisaufklärung mit nachfolgend erforderlicher Dokumentation zulässig. [GGSC] begleitet die Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation von Auskömmlichkeitsprüfungen mit dem Ziel einer rechtssicheren Vergabe.

Link zur Homepage: www.ggsc.de 

Gaßner, Groth, Siederer & Coll. [GGSC]