Verfahrensrüge per WhatsApp – Zu den formalen Anforderungen einer Rüge im Vergabeverfahren

Die formalen Anforderungen an die Abgabe von Erklärungen in Vergabeverfahren sind hoch. Ob ein Bieter im Vergabeverfahren eine Verfahrensrüge zulässigerweise per WhatsApp erheben kann, hatte jüngst die VK Mecklenburg-Vorpommern zu entscheiden.


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Anforderungen an die Abgabe von Erklärungen im Vergabeverfahren

Bewerber und Bieter müssen Teilnahmeanträge und Angebote in Textform einreichen. Das bedeutet, dass die Person des Erklärenden erkennbar und die Erklärung abgeschlossen sein muss. Wann das (nicht) der Fall ist, ist regelmäßig Gegenstand von Streitigkeiten zwischen Bietern und Vergabestellen. Wird die Form nicht eingehalten, muss ein Angebot gegebenenfalls ausgeschlossen werden, z.B. wenn eine Bieterin ein Angebotsformular nicht wie gefordert unterzeichnet hat.

Hinzu kommt, dass die Kommunikation in Vergabeverfahren grundsätzlich elektronisch über die Vergabeplattform zu erfolgen hat. Die Anforderungen an einen Nachprüfungsantrag sind selbstverständlich noch viel höher, verlangt das Gesetz hier das Einhalten der Schriftform.

Da liegt es auf der Hand, dass die einem Nachprüfungsantrag vorausgehende Rüge ebenfalls hohen formalen Anforderungen erfüllen muss. Oder etwa nicht?

Sachverhalt

Die VK Mecklenburg-Vorpommern hatte jüngst einen Fall zu entscheiden, in dem der Geschäftsführer der Bieterin dem von einem öffentlichen Auftraggeber mit der Durchführung des Vergabeverfahrens beauftragten Dienstleiter per WhatsApp mitteilte, dass ein Konkurrent bestimmte Eignungsanforderungen nicht erfüllen könne. Er bat ihn, das Vorliegen eines bestimmten Zertifikates zu überprüfen. Der öffentliche Auftraggeber war der Meinung, bei einer

solchen Nachricht könne es sich nicht um eine formal rechtmäßige Rüge handeln, die das Einleiten eines Verfahrens vor der Vergabekammer rechtfertigen könne.

Grundregel: Nachprüfungsantrag setzt vorherige Rüge voraus

In der Regel ist Voraussetzung für die Einleitung eines Nachprüfungsantrages, dass bestimmte erkennbare Vergaberechtsverstöße von der Mieterin vorab gerügt wurden. Lag also der Auftraggeber im konkreten Fall richtig?

WhatsApp-Nachricht für Rüge ausreichend

Die VK war anderer Ansicht. Demnach soll eine WhatsApp Nachricht für eine zu berücksichtigende Rüge ausreichen. Denn an eine Rüge in einem Vergabeverfahren sind der Vergabekammer zufolge keine hohen Anforderungen zu stellen. Es gibt keine bestimmte, gesetzlich vorgegebene Form. Daran ändern auch die eingangs genannten, strengen Vorgaben für die Kommunikation in Vergabeverfahren nichts. Diese Vorgaben (elektronische Kommunikation und Textform) sollen für eine Rüge nicht gelten. Die Rüge wird nämlich nicht mehr als Teil des Vergabeverfahrens gesehen, sondern schon dem Rechtsmittelverfahren „Nachprüfung“ zugeordnet. Auch die formalen Anforderungen für das Einreichen eines Nachprüfungsantrags (Schriftform) gelten nicht.

Ausreichend: Einschätzung als Vergabeverstoß geht aus Nachricht hervor

Danach reicht es also aus, wenn der Bieter deutlich macht, dass er in einem bestimmten Sachverhalt einen Vergaberechtsverstoß sieht und Abhilfe erwartet. Dafür reicht es aus formaler Sicht aus, wenn der Bieter den öffentlichen Auftraggeber eine entsprechende Nachricht per WhatsApp schickt. Dabei muss sich der öffentliche Auftraggeber eine solche Rüge sogar dann zurechnen lassen, wenn diese – wie hier – einem mit der Durchführung des Vergabeverfahrens beauftragten, nach außen als Ansprechpartner auftretenden Dritten und nicht konkret der Vergabestelle selbst übermittelt wird.

Mit dieser Entscheidung trägt die Rechtsprechung sinnvollerweise der Tatsache Rechnung, dass Geschäftspartner im Rechtsverkehr zunehmend über Messenger Dienste kommunizieren.

Link zur Homepage: www.ggsc.de 

Gaßner, Groth, Siederer & Coll. [GGSC]