Vorsicht: Risiko der Rückforderung von Fördermitteln bei Vergaberechtsverstößen

Durch Auflagen in Bewilligungsbescheiden über Fördermittel werden die Begünstigten in aller Regel zur Durchführung vergaberechtskonformer Ausschreibungen verpflichtet, auch wenn sie nicht öffentliche Auftraggeber sind. Formfehler in diesen Verfahren können zu erheblichen Kürzungen oder sogar zur Rückforderung von Subventionen führen. Die nachfolgend diskutierten Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Halle und Gießen unterstreichen die Bedeutung der Einhaltung des Vergaberechts bei der Verwendung von Fördermitteln.


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Kürzung um 25 % selbst bei geringfügigen Verstößen? – VG Halle

Formelle Fehler können auch beim geplanten Einsatz von Nachunternehmern auftreten und ins Gewicht fallen – auch wenn die Unteraufträge von geringerer wirtschaftlicher Bedeutung sind.

In dem Fall, über den das VG Halle (Beschluss vom 13.10.2023 – 3 A 256/21) zu entscheiden hatte, beantragte eine Gemeinde eine Subvention im Rahmen der Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der regionalen ländlichen Entwicklung in Sachsen-Anhalt in der EU-Förderperiode 2014-2020 (RELE 2014-2020). Der Bewilligungsbescheid erfolgte unter der Bedingung, die vergaberechtlichen Vorschriften nach Nr. 3 ANBest-GK (Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gebietskörperschaften und Zusammenschlüsse von Gebietskörperschaften) einzuhalten. Diese Bestimmungen verpflichteten die Empfänger zur Einhaltung des Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge im Land Sachsen-Anhalt (LVG-LSA) und der Bekanntmachung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A).

Tariftreue- und ILO-Kernarbeitsnorm-Erklärungen der Subunternehmer fehlten

Konkret war festgestellt worden, dass trotz Nachforderung die Erklärungen für Nachunternehmer gemäß § 15 Abs. 2 i.V.m. §§ 10 und 12 Abs. 2 des LVG-LSA nicht vorgelegt

worden waren. Diese Erklärungen betrafen die Tariftreue und die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen. Aus diesem Grund wurde gemäß Nr. 14 der Leitlinie für die Festsetzung von Finanzkorrekturen eine Kürzung der bewilligten Fördermittel um 25 n% vorgenommen.

Nach dem VG Halle soll die Bewilligungsbehörde bei dieser Kürzung ihr Ermessen in Übereinstimmung mit den Leitlinien für die Festsetzung von Finanzkorrekturen ordnungsgemäß ausgeübt haben. Dabei soll es keine Rolle spielen, dass die von dem Vergabeverstoß betroffenen Teilleistungen im Verhältnis zum Gesamtauftragswert nicht erheblich ins Gewicht fallen. Denn die Bewilligungsbehörde dürfe bei der Gewährung von Fördermitteln die Beachtung strenger Form- und Fristbestimmungen verlangen. Die von der Gemeinde gegen die Kürzung der ihr gewährten Subvention eingelegte Klage blieb somit erfolglos.

Objektiver Vergabeverstoß reicht für den (Teil-)Widerruf aus – VG Gießen

In dem vom VG Gießen (Urteil vom 11.12.2023 – 4 K 1641/22) entschiedenen Fall wandte sich der Kläger gegen den Teilwiderrufs- und Rückforderungsbescheid der institutionellen Förderbewilligungen für den Jagdhaushalt 2018.

Im Dezember 2017 hatte der Kläger eine X-GmbH mit Pressearbeit ab dem 01.01.2018 beauftragt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger beschlossen, keine institutionelle Förderung mehr wie in den Vorjahren zu beantragen. Der Kläger änderte dann jedoch seine Meinung und beantragte im November 2018 die Gewährung einer Landeszuwendung zur institutionellen Förderung für das Jahr 2018, die von der Behörde am 19.12.2018 bewilligt wurde. Der Bescheid erging insbesondere unter der Auflage der Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen gemäß Nr. 3.1 der ANBest-I (Allgemeinen Nebenbestimmungen für die Zuwendung zur institutionellen Förderung).

Unzulässige Beauftragung von Dritten ohne vorherige Ausschreibung wegen rückwirkender Auflage?

Bei der Prüfung des eingereichten Verwendungsnachweises stellte die Zuwendungsbehörde u.a. fest, dass die Ausgaben für die Beauftragung der X-GmbH von der Förderung auszuschließen waren, da ein Vergabeverstoß vorlag. Insbesondere waren die Tatbestände der Auftragsvergabe ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb und der freihändigen Vergabe, ohne dass dies vergaberechtlich zulässig war, nach Nr. 3.1 der ANBest-I erfüllt.

Das VG Gießen weist darauf hin, dass Nr. 3.1 der ANBest-I eine Auflage i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 4 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (HVwVfG) ist, zu deren Einhaltung der Kläger verpflichtet war. Obwohl die Auflage gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 HVwVfG erst nach der Bekanntgabe des Bescheids wirksam wird und nicht vorher, argumentiert das Gericht, dass eine rückwirkende Anwendung einer Auflage im Zuwendungsbescheid zur Einhaltung des Vergaberechts nur dann angenommen werden kann, wenn die Auflage ihrem Inhalt nach rückwirkend in Kraft treten soll. Bei einer Gesamtbetrachtung des Inhalts des Bescheides vom 19.12.2018 war davon auszugehen, dass die Auflage inhaltlich rückwirkend ab dem 01.01.2018 wirksam sein sollte (vgl. hierzu VG Cottbus, Urteil v. 21.12.2021 – 3 K 2560/17).

Dass dieser Verstoß nicht verwerflich war, da die Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der X-GmbH nicht vorhatte, eine institutionelle Finanzierung zu beantragen, rechtfertigt nach Auffassung des VG Gießen keine andere Beurteilung in diesem Punkt. Insoweit soll der objektiv feststellbare Verstoß ausreichen. Der Teilwiderrufs- und Rückförderungsbescheid war somit rechtmäßig.

Gaßner, Groth, Siederer & Coll. [GGSC]