Auskömmlichkeit – zwischen einem Zuviel und einem Zuwenig

Die Prüfung der Auskömmlichkeit bleibt eine Stolperfalle für Auftraggeber. Aktuelle Entscheidungen verdeutlichen einmal mehr: Es kann ein „Zuwenig“, aber auch ein „Zuviel“ der Prüfung geben…


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Rügepotential: Nicht rechtskonform durchgeführte Auskömmlichkeitsprüfung

Häufig wird übersehen, dass es eigentlich naheliegt, dass Bieter die Durchführung der Auskömmlichkeitsprüfung rügen: Mit der letzten großen Vergaberechtsnovelle waren bekanntlich die Aspekte deutlich reduziert worden, die ein Bieter noch beanstanden kann, wenn er zum Ende des Verfahrens die Mitteilung über die Nichtberücksichtigung seines Angebotes erhält. Vieles muss er bereits zum Ablauf der Angebotsfrist gerügt haben, will er mit seinem Vorbringen nicht ausgeschlossen werden. Folglich findet sich häufig in Rügen zum Ende des Verfahrens, dass der Auftraggeber mutmaßlich die Auskömmlichkeitsprüfung nicht oder nicht rechtskonform durchgeführt hat.

Es gibt auch ein „Zuviel“ der Prüfung

Die VK Sachsen weist in ihrem aktuellen Beschluss darauf hin, dass ein Aufklärungsverlangen rechtswidrig sein kann, wenn der öffentliche Auftraggeber eine Aufklärung über den Preis verlangt, ohne dass die Voraussetzungen der Auskömmlichkeitsprüfung gegeben sind, also die sog. Aufgreifschwelle (im Regelfall von 20% Abstand zum Zweitplatzierten) erreicht wäre. Führt er gleichwohl die Prüfung durch, kann er einen Ausschluss des Bieters nicht damit begründen, dieser habe bei der – letztlich überflüssigen – Aufklärung nicht ausreichend mitgewirkt (Beschl. v. 14.06.2022, Az.: 1/SVK/006-22).

Reihenfolge der Prüfung

In einer weiteren Entscheidung führt der EuGH noch einmal an, wie die Prüfung zu erfolgen hat und fasst dies praxisorientiert wie folgt zusammen:

„der öffentliche Auftraggeber (ist) verpflichtet,

  • erstens die zweifelhaften Angebote zu identifizieren,
  • zweitens den betroffenen Bietern zu ermöglichen, ihre Seriosität zu beweisen, indem er von ihnen Aufklärung verlangt, wo er dies für angezeigt hält,
  • drittens die Stichhaltigkeit der von den Betroffenen eingereichten Erklärungen zu beurteilen und
  • viertens über die Zulassung oder Ablehnung dieser Angebote zu entscheiden.“

Mit seiner Entscheidung vom 15.09.2022 (Rs. C-669/20) stellt der EuGH – dort für die Vergabeverfahren in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit – klar, dass es eben nicht ausreicht, sich für die Prüfung allein auf einen internen Vergleich mit den sonstigen Angeboten zu beschränken. Vielmehr muss der Auftraggeber eine „kontradiktorische Überprüfung“ durchführen, die Prüfung also im Dialog mit dem betr. Bieter erfolgen. Zugleich reicht es nicht aus – wie bereits anderweitig entschieden – dass der Auftraggeber sich lediglich schriftlich bestätigen lässt, dass das Angebot auskömmlich kalkuliert ist.

EuGH: Auftraggeber kann sich nicht entziehen

Der Auftraggeber kann sich folglich einer eigentlichen Prüfung nicht entziehen. Insoweit stellt der EuGH auch noch einmal klar, dass die Entscheidung über die Prüfung wie die Prüfung selbst Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens sein können. Hierzu ist es auch erforderlich, dass der Auftraggeber die Entscheidung über das Ergebnis der Überprüfung im Rahmen seiner Dokumentation festhält und begründet.

Besonderheiten können sich aus der aktuellen Ukraine-Krise ergeben (vgl. hierzu unseren Beitrag vom 02.11.2022, Rubrik: GGSC/ Vergaberecht).

[GGSC] berät und unterstützt öffentliche Auftraggeber auch in allen Fragen der Auskömmlichkeitsprüfung und vertritt diese bundesweit vor den Nachprüfungsinstanzen.

Gaßner, Groth, Siederer & Coll. [GGSC]