Ausschreibungen in Hessen

Hessen steht vor neuem Vergabe- und Tariftreuegesetz

Der Hessische Landtag berät zurzeit über ein neues Tariftreue- und Vergabegesetz. Die Schwarz-Grüne Koalition will den Kommunen u.a. eine stärkere Berücksichtigung sozialer und ökologischer Kriterien im Vergabeverfahren ermöglichen.


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Am 11. September 2014 fand die öffentliche Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung statt, an der auch [GGSC] Anwalt Jens Kröcher als Sachverständiger teilnahm.

Neben dem Gesetzesentwurf der Regierungsfraktionen liegen auch Initiativen der Opposition von SPD und LINKEN vor. Im Fokus der Diskussion stehen dabei die Verpflichtungen der Bieter zur Zahlung eines Mindestlohnes, zur Tariftreue und zur Einhaltung von sozialen und ökologischen Standards. Während der Entwurf der Schwarz-Grünen Koalition im Kern ausgewogen und vernünftig ist, schießt die Opposition deutlich übers Ziel hinaus.

Bindung an Mindestlohngesetz ratsam

Nach der Verkündung des EuGH-Urteils vom 18.09.2014 (C-549/13) zur einschränkenden Auslegung der Forderung des § 4 Abs. 3 TVgG-NRW nach einem vergabespezifischen Mindestlohn kann dem Landesgesetzgeber nicht mehr empfohlen werden, eine Verpflichtung zur Tariftreue und Mindestlohnzahlung allein für öffentliche Aufträge vorzusehen, wie es SPD und LINKE anstreben.

Der von den Regierungsfraktionen im Gesetzentwurf vorgesehene Bezug auf das Mindestlohngesetz als branchenübergreifende Regelung ermöglicht den Vergabestellen hingegen auch unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung eine rechtssichere Umsetzung.

Soziale und ökologische Kriterien: Verpflichtend oder freiwillig?

Während der Regierungsentwurf für die öffentlichen Auftraggeber einen klaren Rahmen zur Berücksichtigung sozialer und ökologischer Kriterien setzt, deren Anwendung aber nicht zwingend vorschreibt, gehen SPD und LINKE deutlich weiter. So sehr zu begrüßen ist, dass den öffentlichen Auftraggebern die Möglichkeit zur Berücksichtigung solcher Kriterien eröffnet wird, so problematisch und wenig praxisgerecht wäre eine generelle Verpflichtung der Auftraggeber zur Anwendung sozialer und ökologischer Kriterien.

Nur wenn die öffentlichen Auftraggeber von der Sinnhaftigkeit der Anwendung im jeweiligen Einzelfall der Beschaffung überzeugt sind, werden sie die Kriterien auch im Interesse einer nachhaltigen Beschaffung einsetzen. Andernfalls werden in Erfüllung gesetzlicher Pflichten zwar eine Vielzahl von Verpflichtungserklärungen abgefordert werden, auf die praktische Leistungserbringung und ihre Kontrolle wird dies aber kaum Einfluss haben. Darüber hinaus gibt es natürlich auch Beschaffungsvorgänge, bei welchen aufgrund einer großen Markthomogenität in Bezug auf die branchenüblichen Standards und eines geringen Risikos von Lohndumping ein reiner Preiswettbewerb sinnvoll sein kann.

Grundsätzliche Skepsis gegenüber „vergabefremden“ Kriterien unangebracht

Entgegen vieler Stimmen aus der Industrie und auch von den kommunalen Spitzenverbänden, führt die Berücksichtigung der sog. „vergabefremden“ Kriterien aber jedenfalls nicht zur Rechtsunsicherheit oder der Unwirtschaftlichkeit von Beschaffungsvorgängen.

Es bleibt abzuwarten, wann der Gesetzgebungsprozess abgeschlossen werden kann und ob die Hessische Landesregierung den öffentlichen Auftraggebern auch die notwendigen Hilfen bei der Umsetzung in der Vergabepraxis zur Verfügung stellt.

Gaßner, Groth, Siederer & Coll.