Effektiver Rechtsschutz muss gegeben sein

OLG Düsseldorf: Wartefrist nach § 101 a GWB darf nicht faktisch leerlaufen!

Fristen gelten - nach Auffassung des OLG Düsseldorf nicht um jeden Preis. Sogar die Einhaltung der (Mindest-) Wartefrist i.S. von § 101 a GWB kann im Ausnahmefall nicht ausreichen: Jedenfalls darf sie nicht so gewählt werden, dass sie von zehn Kalendertagen – feiertagsbedingt – faktisch auf drei Tage „verkürzt" wird.


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Effektiver Rechtsschutz muss gewährleistet sein

Oberstes Gebot soll nämlich auch bei der Versendung der Informationsschreiben nach § 101 a GWB die Möglichkeit zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes sein.

Mit Beschluss vom 05.11.2014 hat das Gericht entschieden, dass der Zeitpunkt einer Absagenachricht im Sinne von § 101a GWB vom Auftraggeber nicht offenkundig so gewählt werden darf, dass die Frist für die Anbringung eines Nachprüfungsantrag faktisch von zehn auf drei Tage reduziert wird. In einem solchen Falle könne die Absagenachricht die Wartefrist des § 101a GWB gar nicht erst in Lauf setzen.

Bei faktischer Verkürzung: Wartefrist wird erst gar nicht in Lauf gesetzt

In dem zu entscheidenden Fall hatte der Auftraggeber am Gründonnerstag gegen 17 Uhr per Telefax eine Absagenachricht an einen nicht berücksichtigten Bieter versandt. Aufgrund dessen hätte rein rechnerisch an dem auf Ostermontag folgenden Montag der Auftrag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt werden dürfen. Der nicht berücksichtigte Bieter hätte bis spätestens am vorausgehenden Freitag bis zu einer Uhrzeit, die es der Vergabekammer ermöglicht, den Antrag auf offensichtliche Unzulässigkeit oder Unbegründetheit zu prüfen und hiervon den Auftraggeber in Kenntnis zu setzen, vorliegen müssen. Somit hätte sich die Wartefrist des § 101a GWB von zehn auf faktisch drei Tage verkürzt.

Das OLG Düsseldorf befand, dass es nahe liege anzunehmen, dass der Auftraggeber durch die Wahl des Zeitpunktes der Versendung der Absagenachricht die Überprüfungsfrist habe reduzieren und eine Nachprüfung der Vergabe mit Absicht beschränken oder verhindern wollen. Überdies stellte es klar, dass eine dahingehende „böse“ Absicht nicht ausdrücklich nachgewiesen oder festgestellt werden müsse.

Vielmehr spräche die Sachlage für sich: Die zeitlichen Auswirkungen der Wahl des Termins für die Versendung lägen offen zutage und seien dem Auftraggeber bekannt. Dieser müsse im Vorfeld Überlegungen anstellen, zu welchem Zeitpunkt die Wartefrist endet und der Auftrag erteilt werden darf.

Die dargestellte Vorgehensweise habe objektiv und unmittelbar zu einer drastischen Erschwerung für den nicht berücksichtigten Bieter geführt. Es sei diesem nicht zumutbar, innerhalb von drei Tagen in einem nicht gänzlich einfach gelegenen Fall einen Nachprüfungsantrag zu stellen.

„Böse“ Absicht der Vergabestelle, den Rechtsschutz zu erschweren, muss nicht festgestellt werden

Deshalb seien die Gerichte befugt, diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet erschienen, die praktische Wirksamkeit der Rechtsschutzvorschriften des GWB wiederherzustellen. Zu solchen Maßnahmen zählte das OLG Düsseldorf unter anderem die Auslegung, dass die Wartefrist nach § 101a GWB in einer solchen Konstellation gar nicht erst zu laufen beginne und dass ein Nachprüfungsantrag nicht von einer vorherigen Rüge durch den nicht berücksichtigten Bieter bei der Auftraggeberin abhängig zu machen sei.

Öffentliche Auftraggeber sind gut beraten, nicht mit Tricks die Wartefrist bis zur Vergabe des Auftrags verkürzen zu wollen. So ärgerlich häufig auch unbegründete, ins Blaue hinein erhobene Rügen und die damit verbundenen Zeitverluste in Vergabeverfahren sein mögen, so wichtig ist doch die Gewährung effektiven Rechtsschutzes für einen fairen Wettbewerb. Eine transparente und diskriminierungsfreie Gestaltung des Vergabeverfahrens mit der insoweit notwendigen offenen Kommunikation mit allen Bietern ist die beste Gewähr, unnötige Nachprüfungsverfahren zu vermeiden.

Gaßner, Groth, Siederer & Coll.