EuGH zu Anforderungen an vergabefreie Zusammenarbeit

Trotz Kodifizierung der Anforderungen an vergabefreie Kooperationen und In-House-Geschäfte in § 108 GWB bleiben weiterhin Fragen offen. Konkretisierungen hat der EuGH in einem Urteil vom 22.12.2022 vorgenommen (Az.: Rs. C-383/21 u. C-384/21 – Sambre & Biesme). Diese betreffen die Kontrolle über eine gemeinsame In-House-Gesellschaft einerseits und die Anforderungen an die horizontale Zusammenarbeit andererseits.


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Sachverhalt

Eine belgische Gemeinde wollte im Ausgangsfall zusammen mit einer Wohnungsbaugenossenschaft (WBG), in der sie Mitglied war, ein sog. „Öko-Wohnviertel“ errichten. Zu diesem Zweck schlossen sie verschiedene Verträge. Die WBG beauftragte wiederum mit einzelnen Leistungen eine weitere Genossenschaft. Mitglieder dieser Genossenschaft waren juristische Personen des öffentlichen Rechts, vornehmlich Gemeinden, aber auch die Wohnungsbaugenossenschaft. Die WBG war allerdings nur Mitglied der sog. Stufe „C“ und stellte keinen eigenen Vertreter im Verwaltungsrat. Die Gemeinde wiederum war Mitglied der Stufe „A“ und entsandte eines ihrer Gemeinderatsmitglieder als Mitglied in den Verwaltungsrat. Dieses Mitglied vertrat die Gemeinde auch im Verwaltungsrat der WBG. Es war aber nicht ausdrücklich mit der Vertretung für die WBG im Verwaltungsrat der weiteren Genossenschaft betraut, zumal der WBG dort gar kein Sitz zukam.

Vertretungserfordernis nach § 108 Abs. 5 Nr. 1 GWB als eigener Teil des Kontrollkriteriums

Damit fehlten im Ausgangsfall die Voraussetzungen für eine In-House-Beauftragung der WBG an die weitere Genossenschaft: WBG war zwar an der Genossenschaft beteiligt. Eine gemeinsame Kontrolle setzt nach der Vergaberichtlinie wie auch § 108 Abs. 5 Nr. 1 GWB jedoch voraus, dass

sich die beschlussfassenden Organe der kontrollierten Gesellschaft aus Vertretern sämtlicher teilnehmender öffentlicher Auftraggeber zusammensetzen. Die Beteiligung in diesem Organ muss nach Auffassung des EuGH durch einen Vertreter erfolgen, der als Vertreter des jeweiligen öffentlichen Auftraggebers selbst tätig wird – wobei auch eine Vertretung für mehrere Auftraggeber möglich ist. Diese muss aber ausdrücklich so bestimmt sein. Der Umstand, dass im Ausgangsfall nur zufällig derselbe Vertreter der Gemeinde in den Verwaltungsräten beider Genossenschaften teilnahm, konnte daher nicht zugleich als Teilnahme eines Vertreters der WBG im Verwaltungsrat der weiteren Genossenschaft angesehen werden. Dabei betont der Gerichtshof, dass diesem Vertretungserfordernis eigenständige Bedeutung im Rahmen der Prüfung des Kontrollkriteriums einer gemeinsam kontrollierten In-House-Gesellschaft zukommt.

Vergabefreie „Zusammenarbeit“ verlangt kooperatives Element und Zielidentität!

Eine vergabefreie horizontale Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde, der WBG und der weiteren Genossenschaft wiederum scheiterte am Erfordernis des kooperativen Konzeptes und der gleichgerichteten Zielverfolgung (Zielidentität): Zwar waren die Aufgaben der weiteren Genossenschaft Teil der Zusammenarbeit der Gemeinde und der WBG, um diese bei der Realisierung ihres gemeinsamen Projekts zu unterstützen. Die weitere Genossenschaft selbst verfolgte dieses Ziel (Schaffung des Öko-Viertels) aber nicht. Insofern betont der EuGH die schon in der Rechtsprechung zuvor diskutierte Forderung nach einer Zielidentität der beteiligten Auftraggeber einer gemeinsamen horizontalen Kooperation. Eine solche muss sich im Übrigen durch gemeinsame Bedarfe und gemeinsame Lösungen auszeichnen.

[GGSC] berät Auftraggeber bei der Gründung von In-House-Gesellschaften sowie zu interkommunalen Kooperationen.

Link zur Homepage: www.ggsc.de

Gaßner, Groth, Siederer & Coll. [GGSC]