Rechtsschutz bei Vertragsänderung I

Keine Feststellung der Unwirksamkeit von Vertragsänderungen nach Fristablauf

Auch bei „wesentlichen“ Vertragsänderungen eines öffentlichen (Alt-) Rettungsdienstauftrages ist der Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit verfristet, wenn der Vertragsschluss länger als ein halbes Jahr zurückliegt – auch ohne Kenntnis Dritter oder entsprechende „Belehrungen“ des Auftraggebers.


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Das OLG Schleswig hat deswegen in einem aktuellen Beschluss vom 4.11.2014 (Az.: 1 Verg 1 / 14) den Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit einer solchen Vertragsänderung zurückgewiesen.

Ungeachtet dessen traf das Gericht Aussagen dazu, ob sich die angegriffenen Änderungen eines Vertrages aus dem Jahr 1978 als vergaberechtskonform darstellen können.

Antrag nach § 101 b Abs. 2 GWB verfristet – trotzdem Aussagen des OLG Schleswig zur Unwirksamkeit von Änderungen

Bei Änderungen eines bestehenden öffentlichen Auftrages beschäftigt den Auftraggeber regelmäßig die Frage, wann diese als „Neuvergabe“ zu werten und daher auszuschreiben sind. Verbunden damit ist zugleich das verfahrensrechtliche Risiko, dass eine Vertragsänderung vor der Vergabekammer angegriffen wird mit dem Ziel, den Auftrag bzw. die Änderung für unwirksam erklären zu lassen.

Im vom OLG entschiedenen Fall hatte die Beschwerdeführerin sich gegen eine Erweiterung des Umfangs der Rettungsdienstleistungen um weitere Rettungsmittelwochenstunden gewandt. Sie begehrte die Feststellung der Unwirksamkeit der „Beauftragung“ des schon seit 1978 tätigen Dienstleisters.

Interessant ist an dieser Entscheidung nicht nur, dass sich das OLG – trotz Unzulässigkeit des Nachprüfungs- bzw. Beschwerdeantrags – zur Wirksamkeit der Änderungen geäußert hat, sondern zur Beurteilung dieser Frage sogar die neue EU-Vergaberichtlinie 2014 herangezogen hat, obwohl deren Umsetzungsfrist noch gar nicht abgelaufen ist.

Insbesondere hielt das Gericht die Steigerung des Leistungsvolumens um 11,6 % für eine wesentliche Änderung. Dabei verwies es auf die Bestimmungen der neuen Vergaberichtlinie 2014/24/EU und deren Art. 72 Abs. 2 (ii). Zudem überschritt das Volumen der vereinbarten Vertragsänderung (die Aufstockung der Rettungsmittelwochenstunden) bereits für sich betrachtet den maßgeblichen Schwellenwert einer europaweiten Vergabe.

Neue EU-Vergaberichtlinie als Anhaltspunkt für Wesentlichkeit von Vertragsänderungen

Zusammenfassend hielt das OLG die vorgenommene Änderung durchaus für wesentlich. Die „Aufstockung“ hätte nach seiner Auffassung also durchaus ausgeschrieben werden müssen: Die Ausführungen sind umso bemerkenswerter, als die Bewertung im Ergebnis gar nicht zum Tragen kam: Die beantragte Feststellung der Unwirksamkeit der Änderung war nicht innerhalb der dafür nach § 101 b Abs. 2 GWB geltenden Sechsmonatsfrist geltend gemacht worden.

Für den Beginn der Ausschlussfrist war nach § 101b Abs. 2 Satz 1 [2. Hs.] GWB allein der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich. Dass es sich vorliegend um die Änderung eines Altvertrages handelte, ändert lt. OLG nichts an der grundsätzlichen Geltung des § 101 b Abs. 2 GWB.

Für potenzielle Konkurrenten gilt es also, wachsam zu bleiben, da es nach dem OLG für die Sechsmonatsfrist nicht auf ihre Kenntnis vom Vertragsschluss ankommen soll – auch wenn dies umstritten ist. Der Vergabestelle kommt es häufig gerade bei „kritischen“ Änderungen oder Aufträgen nicht auf eine maximale Transparenz an.

Gaßner, Groth, Siederer & Coll.