Stellplatzvergabe für Altkleidercontainer

Dienstleistungskonzession oder Dienstleistungsauftrag?

In zwei Entscheidungen befindet das OLG Celle über die Abgrenzung von Dienstleistungsauftrag und Dienstleistungskonzession im Rahmen einer Ausschreibung von Stellplätzen für Altkleidersammelcontainer durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (Beschlüsse vom 19.06.2014 und 08.09.2014, Az.: 13 Verg 5/14 und 7/14).


Voller Zugriff auf den Tagesanzeiger – Registrieren Sie sich jetzt kostenlos!

Um den vollständigen Artikel im Tagesanzeiger zu lesen, melden Sie sich bitte in Ihrem Themennetzwerke®-Konto an. Die Registrierung bei Themennetzwerke® ist kostenlos und ermöglicht Ihnen den vollständigen Zugang zum Tagesanzeiger und vielem mehr.

Falls Sie den Tagesanzeiger bereits auf kommunalwirtschaft.eu abonniert hatten und davor keinen Themennetzwerke® Account registriert hatten, dann klicken Sie auf den folgenden Link, um Ihr Passwort zu Ihrer bereits registrierten E-Mail-Adresse hinzuzufügen: Passwort für kommunalwirtschaft.eu Abonnenten hinzufügen

Jetzt einloggen Kostenlos registrieren

 

Sachverhalt der Entscheidung

In dem der ersten Entscheidung zugrundeliegenden Fall war dem Antragsgegner (Zweckverband und als solcher öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) eine Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen von Abfallsammelbehältnissen an 280 Standorten in dem fraglichen Entsorgungsgebiet erteilt worden.

Im Folgenden schrieb der Antragsgegner die Vergabe einer Dienstleistungskonzession zum Aufstellen von Sammelbehältern für Alttextilien und Altschuhen an knapp 270 der genannten Standorte in 6 Losen für eine Vertragslaufzeit von 5 Jahren aus. Die Antragstellerin rügte die Ausschreibung als Dienstleistungskonzession, da ihrer Meinung nach die Ausschreibung vielmehr die Vergabe eines Dienstleistungsauftrages beinhalte.

Vorgaben der Vergabestelle

Nach den Ausschreibungsunterlagen sollten dem Auftragnehmer die Stellplätze zur Nutzung in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko überlassen werden, wobei zudem eine Vergütung für die Nutzung an den Auftraggeber zu zahlen war. Ein Entgelt sollte der Auftragnehmer dagegen nicht erhalten. Ihm sollte allein der aus der Verwertung der Alttextilien und Altschuhe erzielte Gewinn zustehen. Die Ausschreibungsunterlagen enthielten zudem Vorgaben zur Entleerungshäufigkeit sowie die Verpflichtung des Auftragnehmers zur ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung (Wiederverwendung oder stoffliche Verwertung) der gesammelten Altkleider.

Bezüglich der gesammelten Mengen und weiteren Entsorgungswege räumte sich der Auftraggeber ein jederzeitiges Kontrollrecht ein. Die Sammlung sollte durch eigene Container des Auftragnehmers erfolgen, die mit einem vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Aufkleber sowie mit einem eigenen Aufkleber des Auftragnehmers zu versehen waren, letzterer ausschließlich im Bereich der Einwurfklappe.

Kein Dienstleistungsauftrag

Die Antragstellerin konnte mit ihrer Ansicht, dass es sich bei dem zu vergebenden Auftrag um einen Dienstleistungsauftrag und nicht um eine Dienstleistungskonzession handele, nicht durchdringen. Nachdem die Vergabekammer Lüneburg den Auftrag als Dienstleistungskonzession qualifiziert und den Nachprüfungsantrag als unzulässig abgewiesen hatte, bestätigte das OLG Celle auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin diese Entscheidung.

Abgrenzung zum Dienstleistungsauftrag

Als Ausgangspunkt der Argumentation verweist das OLG auf die nach Unionsrecht etablierten Kriterien zur Abgrenzung von Dienstleistungsauftrag und Dienstleistungskonzession: Für eine Charakterisierung als Dienstleistungskonzession ist entscheidend, dass der Konzessionsnehmer das zeitweilige Recht zur Nutzung der Dienstleistung erhält und sein Entgelt nicht vom Auftragnehmer, sondern aus der wirtschaftlichen Verwertung dieses Nutzungsrechts zieht, wobei er auch das wirtschaftliche Risiko ganz oder zu einem wesentlichen Teil trägt.

Keine geldwerte Sachleistung des AG

Im Hinblick auf die Entgeltlichkeit betont das OLG, dass diese weit zu verstehen ist und auch in der Übereignung werthaltiger Sachen bestehen kann. Gleichwohl stellen die eingeworfenen Alttextilien - entgegen der Annahme der Antragstellerin - keine solche geldwerte Sachleistung des Auftraggebers dar. In dem ausgeschriebenen Sammelverfahren erfolge der Eigentumsübergang vielmehr unmittelbar von den Nutzern auf den Auftragnehmer. Der Auftraggeber erwerbe weder unmittelbar noch mittelbar Eigentum oder Besitz an den eingeworfenen Alttextilien.

Er habe weder die Verwendung eigener Behälter für die Sammlung vorgeschrieben, noch ein Zugriffsrecht auf die in die Behälter des Auftragnehmers eingeworfenen Alttextilien. Allein aufgrund der Tatsache, dass neben einem Aufkleber des Auftragnehmers auch einer des Auftraggebers auf den Containern angebracht würde, sei nicht anzunehmen, dass Nutzer die eingeworfene Kleidung an den Auftraggeber übereignen wollen. Letztlich sei es den Nutzern regelmäßig gleichgültig, wie das Verhältnis zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber genau ausgestaltet ist, ihnen gehe es primär um die Art und Weise der Entsorgung ihrer Altkleider.

Einordnung als „gewerbliche Sammlung“

Das OLG folgt weiter nicht der Ansicht der Antragstellerin, dass der Auftrag keine gewerbliche Sammlung i.S.d. §§ 17 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3, 18 KrWG darstelle und auch deshalb nicht als Dienstleistungskonzession sondern nur im Wege der Drittbeauftragung vergeben werden könne. Eine gewerbliche Sammlung charakterisiere sich als Sammlung zum Zweck der Einnahmenerzielung, ohne dass ein Entgelt von den Nutzern verlangt werde. Diese Voraussetzungen seien vorliegend gegeben. Dass der Auftraggeber Pflichten zur ordnungsgemäßen Sammlung und Verwertung der Altkleider sowie eigene Kontrollrechte in der Ausschreibung vorsah, dient nach Ansicht des Gerichts lediglich der Durchsetzung der für eine gewerbliche Sammlung geltenden gesetzlichen Bestimmungen des § 17 Abs. 2, Satz 1, Nr. 4 KrWG.

Risikotragung

Letztlich werde durch den Auftrag auch das wesentliche Risiko auf den Auftragnehmer übertragen, da dieser für die Laufzeit des Vertrags die Personal- und Sachkosten für das Aufstellen und Instandhalten der Container, für deren Leerung sowie für den Transport und die Entsorgung der Alttextilien zu tragen habe. Auch die Mengen- und Preisentwicklung liege im Risikobereich des Auftragnehmers. Den Einwand der Antragstellerin, die Konkurrenz würde durch die Untersagung anderer gewerblicher Sammlung ausgeschlossen, sah das Gericht mit dem Argument widerlegt, dass die Ausschreibung in 6 Losen erfolge, und auch Sammlungen auf privaten Grundstücken sowie gemeinnützige Sammlungen und Haussammlungen nicht ausgeschlossen seien.

Bewertung und Fazit

Die Entscheidungen verdeutlichen einmal mehr die im Einzelfall schwierige Abgrenzung von Dienstleistungsaufträgen zu Konzessionen. Im Einzelnen überzeugen die Begründungen des Gerichts nicht. Dies gilt insbesondere für die Ausführungen zum Eigentum, da bereits die Ausführungen zum originären Eigentum nicht tragen und im Übrigen verkannt wird, dass der Eigentumsübergang sowohl bei einer Konzession als auch einem Dienstleistungsauftrag Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung sein kann und daher nur im konkreten Einzelfall zur Abgrenzung taugt.

Strategisch haben Kommunen ansonsten im Regelfall auch kein Interesse, den Konzessionär als Träger einer gewerblichen Sammlung zu sehen, da das System dann u.U. nicht (mehr) durch §§ 17 f. KrWG geschützt ist. Im Übrigen bleibt mit Blick auf die in § 22 Satz 2 KrWG geregelte und bis zur „endgültig und ordnungsgemäß abgeschlossenen Entsorgung“ fortbestehende Verantwortlichkeit zweifelhaft, ob ein örE überhaupt eine Konzession vergeben kann. Denn nach der Logik des OLG Celle könnte sich der örE durch eine Konzessionsvergabe faktisch eben dieser Entsorgungsverantwortung entziehen, was jedenfalls nicht dem Sinn und Zweck der Regelung entsprechen dürfte.

Gaßner, Groth, Siederer & Coll.