„Alles-oder-Nichts-Prinzip“ – eine Bewertungsmatrix mit Tücken

Vorsicht ist bei der Auswahl einer passenden Wertungsmatrix geboten, sieht ein Auftraggeber nicht einen bloßen Wettbewerb über den Preis vor. Dies verdeutlicht ein aktueller, vor der Vergabekammer des Bundes verhandelter Fall, den wir Ihnen nachfolgend vorstellen.


Voller Zugriff auf den Tagesanzeiger – Registrieren Sie sich jetzt kostenlos!

Um den vollständigen Artikel im Tagesanzeiger zu lesen, melden Sie sich bitte in Ihrem Themennetzwerke®-Konto an. Die Registrierung bei Themennetzwerke® ist kostenlos und ermöglicht Ihnen den vollständigen Zugang zum Tagesanzeiger und vielem mehr.

Falls Sie den Tagesanzeiger bereits auf kommunalwirtschaft.eu abonniert hatten und davor keinen Themennetzwerke® Account registriert hatten, dann klicken Sie auf den folgenden Link, um Ihr Passwort zu Ihrer bereits registrierten E-Mail-Adresse hinzuzufügen: Passwort für kommunalwirtschaft.eu Abonnenten hinzufügen

Jetzt einloggen Kostenlos registrieren

Sachverhalt

Im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung für ein Bauprojekt entschied sich die Vergabestelle, die Angebote anhand zweier Zuschlagskriterien zu messen: dem Preis (Kriterium 1) und der technischen Qualität der Planung (Kriterium 2). Bei der Wertung beider Kriterien sollte das günstigste bzw. technisch beste Angebot die volle Punktzahl erhalten, das teuerste bzw. technisch ungeeignetste 0 Punkte. Die dazwischenliegenden Angebote sollten (linear) interpoliert werden. Auf die Ausschreibung gingen jedoch nur zwei wertungsfähige Angebote ein. Das preisgünstigere wertete die Vergabestelle im Kriterium 2 mit 0 Punkten. Weil lediglich zwei Angebote vorlagen, wurde auf eine Interpolation der Wertungspunkte verzichtet – entsprechend dem Prinzip „Alles-oder-nichts“.

Entscheidung der Vergabekammer

Dieses Vorgehen hielt die Vergabekammer des Bundes für vergaberechtswidrig (Beschluss v. 07.12.2023, Az.: VK 2-82/23, nicht bestandskräftig). Die angewandte Wertungsmatrix habe nämlich zur Folge, dass ein bei Kriterium 2 unterlegener Bieter selbst bei geringfügigen Unterschieden zum führenden Angebot nur 0 Punkte erzielen könne. Damit sei die Wirtschaftlichkeit der Angebote nicht mehr adäquat berücksichtigt. Dies führe letztlich dazu, dass das für die Zuschlagserteilung nach § 127 Abs. 1 Satz 3 GWB maßgebende beste Preis-Leistungs-Verhältnis nicht ermittelt werden könne.

Schlussfolgerungen

Im konkreten Fall hatte diese Feststellung keine Konsequenzen für das Vergabeverfahren: Der unterlegene Bieter hatte nach Ansicht der Vergabekammer aus anderen Gründen ohnehin keine Chance auf die Erteilung des Zuschlags. Er sei deshalb nicht in seinen Rechten verletzt (§ 168 Abs. 1, § 97 Abs. 1 und 2 GWB). Bei der Wahl der Wertungsmethode sollte die Vergabestelle gleichwohl darauf achten, dass die Wertung den relativen Abstand zwischen den Angeboten nicht unbillig verzerrt. Ansonsten kann die Wertung gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Gleichbehandlung nach § 97 Abs. 1 und 2 GWB verstoßen.

Risiko Wertungsfehler bei nur zwei Angeboten

Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen – wie hier – nur zwei Angebote abgegeben wurden. Denn nach der vorliegend gewählten Methode hat der beim Kriterium 2 unterlegene Bieter faktisch kaum eine Chance, diesen Nachteil durch einen günstigeren Preis auszugleichen. Wie viele Angebote in einem Vergabeverfahren abgegeben werden, kann naturgemäß nicht vorhergesagt werden, so dass die Überlegungen der VK Bund in vergleichbaren Fällen stets Beachtung finden sollten.

Gaßner, Groth, Siederer & Coll. [GGSC]