Gasumlagen: Wer sichergehen will, erhöht die Abschläge

Erhöhung um 3,048 Cent netto je Kilowattstunde – Herschbach befürwortet Preisdeckel für den Grundbedarf

Gesetzliche Umlagen treiben den Gaspreis deutlich in die Höhe: Insgesamt 3,048 Cent netto je Kilowattstunde (kWh) mehr müssen auch die Kunden der Stadtwerke Neuwied (SWN) ab Oktober zahlen.


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Gleichzeitig hat die Bundesregierung die Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas angekündigt. Die Entlastung ist laut SWN-Chef Stefan Herschbach ein richtiger Schritt. Für ausreichend hält er sie jedoch nicht.

Die anhaltende Drosselung der Gasexporte durch Russland hat die Situation an den Energiemärkten verschärft. Um die Ausfälle zu kompensieren und die Gasspeicher vor dem Winter zu befüllen, muss Gas zu erheblich höheren Preisen eingekauft werden. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, hat die Bundesregierung mehrere neue Umlagen beschlossen: Für die Gasbeschaffung 2,419 Cent netto, für das Befüllen der Gasspeicher 0,059 Cent, für die Bilanzierung/Sicherung der Systemstabilität im Netz 0,57 Cent. Sie sind vorerst befristet. Gleichzeitig soll die Mehrwertsteuer auf Gas von 19 auf 7 Prozent reduziert werden.

Für die meisten Bestandskunden der SWN im Tarif „Gas pro50“ bedeutet das: Statt bisher 7,906 Cent (inklusive 19% MwSt.) sind ab Oktober 11,53 Cent fällig. Sinkt die Mehrwertsteuer auf 7 Prozent, wären es 10,37 Cent. „Auch wenn es sich verrückt anhört: Damit sind wir immer noch vergleichsweise günstig“, sagt Herschbach. Andere Versorger hatten schon zum August oder September ihre Preise angehoben und liegen aktuell bei 15, 20 oder mehr Cent beim Arbeitspreis, haben zudem oft einen deutlich höheren, teils doppelt so hohen Grundpreis wie wir. Und: Sie schlagen jetzt noch die Umlagen drauf und der eine oder andere wird wohl auch für 2023 nochmal anheben.“

Dass die SWN ihr Portfolio bisher für das Jahr 2022 stabil halten konnten, führt der SWN-Chef auf den guten Einkauf zurück: „Wir hatten uns frühzeitig und langfristig eingedeckt, als die Preise noch niedriger waren.“ Mit „Wir“ sind in diesem Fall nicht die SWN alleine gemeint: Die SWN beziehen ihr Gas über die „Quantum“ in Ratingen, eine gemeinsame Einkaufsgesellschaft von 15 Versorgern: „Durch die großen Mengen erzielen wir dort bessere Preise.“

Mit den neuen Umlagen steigt der staatliche Anteil am Endpreis von gut 30 auf deutlich über 50 Prozent: „Wir haben davon nichts: Sämtliche Umlagen werden 1:1 an den Staat durchgereicht“, macht Herschbach deutlich. Er rät Kunden dringend, die kommenden Monate zu nutzen und – sofern noch möglich – Geld zurückzulegen und den Verbrauch zu reduzieren: „Bereits jetzt verringern die Kunden durch die Zahlung höherer Abschläge das Risiko von großen Nachforderungen bei der Jahresverbrauchsabrechnung. Wir haben allen entsprechende Abschlagshöhen angeboten.“

Die meisten Kunden zeigen Verständnis für die Situation, wie die Berater in der Hafenstraße und im Kundenzentrum berichten. Geschäftsfeldleiterin Andrea Haupt sagt: „Da die Meldungen zur Gaskrise Schlag auf Schlag kommen, geht es vor allem um die Frage: Was bedeutet das jetzt für mich?“ Der Klassiker: Soll ich einen Heizlüfter kaufen? Die Antwort ist ein klares Nein. Die Stromkosten übersteigen enorm die von Gas, selbst bei weiteren Preissteigerungen. Zudem ist Panik nicht angesagt: „Der russische Anteil am verbrauchten Gas ist inzwischen auf unter 10 Prozent gesunken, selbst bei notwendigen Einsparungen sind nach dem Notfallplan Gas Privathaushalte, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen besonders geschützt“, so Haupt.

Große Sorgen machen sich allerdings Menschen mit kleineren Einkommen: Wie sollen wir das noch bezahlen? „Die Bundesregierung erfüllt mit der angekündigten Senkung der Mehrwertsteuer eine Forderung der Energieverbände. Das ist erfreulich“, sagt Herschbach. „Aber das dämpft den Preisanstieg nur ein wenig.“ Wie von mehreren Seiten inzwischen gefordert, befürwortet auch er einen Energiepreisdeckel für den Grundbedarf als Sparanreiz: „Das Signal wäre: Ein geringer Verbrauch bleibt bezahlbar. Wer dagegen die Heizkörper bei geöffnetem Fenster voll aufdreht, müsste sehr tief in die Tasche greifen.“ Versorger wie die Stadtwerke könnten die Preissteigerungen an den Energiebörsen nicht auffangen: „Die Megawattstunde Gas kostet aktuell über 225 Euro. Anfang 2021 waren es 15 Euro.“ Auch wenn dieser Einkauf nur einen Teil des Gesamtpreises ausmacht, müssen die SWN zum Jahreswechsel die Preise deutlich anheben: „Die Regierung muss noch stärker auf Krisenmodus umschalten. Die Steuerquellen sprudeln, durch die stark gestiegenen Preise kassiert der Staat durch die Mehrwertsteuer in allen Bereichen kräftig mit. Dieses Geld muss den Menschen viel konsequenter als bislang schon geschehen zurückgegeben werden, damit sie weiterhin das normale Leben finanzieren können.“

swn: Stadtwerke Neuwied GmbH direkter Link zum Artikel