Beihilfen der SNCF für SeaFrance nicht vereinbar

Das Gericht der EU bestätigt, dass die Beihilfen der SNCF für SeaFrance nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar sind

Das mittlerweile aufgelöste Unternehmen SeaFrance war eine französische Aktiengesellschaft, die mittelbar zu 100 % von dem französischen öffentlichen Unternehmen SNCF gehalten wurde. Sie beförderte Passagiere und Fracht zwischen den Häfen von Calais und Dover. 2009 besaß SeaFrance sechs Schiffe und beschäftigte 1 550 Personen.


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Ab 2008 verschlechterte sich ihre finanzielle Situation aufgrund ungünstiger Konjunkturverhältnisse, interner Schwierigkeiten und mehrerer Arbeitskämpfe nachhaltig.

Die SNCF stellte SeaFrance daraufhin eine Kreditlinie zur Verfügung. Diese Rettungsbeihilfe wurde von der Kommission am 18. August 2010 gebilligt1. Die französischen Behörden meldeten der Kommission später eine geplante Umstrukturierungsbeihilfe zugunsten von SeaFrance, verbunden mit einem Umstrukturierungsplan. Die Umstrukturierung sollte hauptsächlich durch eine staatliche Beihilfe in Form einer Aufstockung des Kapitals von SeaFrance um 223 Mio. Euro finanziert werden. Nach einer Beschwerde eines Konkurrenten von SeaFrance übermittelten die französischen Behörden Ende 2011 einen geänderten Umstrukturierungsplan: Die Aufstockung des Kapitals von SeaFrance sollte sich nunmehr auf 166,3 Mio. Euro beschränken und durch zwei Darlehen der SNCF ergänzt werden. Mit dem ersten Darlehen in Höhe von 99,7 Mio. Euro sollte die Umstrukturierung finanziert werden, während das zweite ein Darlehen ersetzen sollte, das eines der Schiffe der Flotte betraf.

Mit Beschluss vom 24. Oktober 20112 stellte die Kommission fest, dass die 2010 gewährte Rettungsbeihilfe und die im Plan von 2011 vorgesehenen Umstrukturierungsmaßnahmen (Kapitalaufstockung und Darlehen) mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen darstellten. Sie ordnete die Rückforderung der 2010 gewährten Rettungsbeihilfe an. Frankreich hat den Beschluss der Kommission vor dem Gericht der Europäischen Union mit dem Ziel seiner Nichtigerklärung angefochten.

Mit seinem heutigen Urteil weist das Gericht die Klage Frankreichs ab und bestätigt damit, dass die Beihilfen für SeaFrance mit dem Binnenmarkt unvereinbar waren.

Frankreich macht zunächst geltend, dass die Kommission im Rahmen des Kriteriums des privaten Kapitalgebers3 die beiden Darlehen von den anderen beiden in Rede stehenden Maßnahmen (Rettungsbeihilfe und Kapitalaufstockung) hätte trennen müssen. Das Gericht stellt hierzu fest, dass die beiden Darlehen die Kapitalaufstockung begleiteten und dass diese drei Maßnahmen in demselben Umstrukturierungsplan vorgesehen waren, der der Kommission sechs Monate nach der Umsetzung der Rettungsbeihilfe vorgelegt wurde. Zudem bestanden die großen finanziellen Schwierigkeiten von SeaFrance sowohl zu dem Zeitpunkt, als sie die Rettungsbeihilfe erhielt, als auch zu dem Zeitpunkt, als die SNCF im Umstrukturierungsplan die Kapitalaufstockung und die beiden Darlehen in Betracht zog. Das Gericht stellt ferner fest, dass die beiden Darlehen denselben Zweck wie die Kapitalaufstockung hatten (nämlich die Finanzierung der Umstrukturierung), zumal die Gewährung der Darlehen nur das Ergebnis einer Umgestaltung der vor der Beschwerde des Konkurrenten von SeaFrance ursprünglich vorgesehenen einzigen Kapitalaufstockungsmaßnahme war. Das Gericht berücksichtigt schließlich den allgemeinen Zusammenhang der Aufstockung des Kapitals von SeaFrance und insbesondere den Umstand, dass sich daran neben der SNCF kein externer privater Gläubiger beteiligte. Die verschiedenen Maßnahmen waren somit insbesondere angesichts ihrer zeitlichen Abfolge, ihres Zwecks und der damaligen Situation von SeaFrance so eng miteinander verknüpft, dass sie sich im Rahmen des Kriteriums des privaten Kapitalgebers nicht voneinander trennen lassen.

Im Übrigen hat die Kommission nach Ansicht des Gerichts das Kriterium des privaten Kapitalgebers richtig angewandt, indem sie zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die erwartete Gesamtrendite der Rettungsbeihilfe, der Kapitalaufstockung und der Darlehen nicht der von einem privaten Kapitalgeber erwarteten Rendite entsprach. Somit hätte ein marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber bei SeaFrance nicht alle von der SNCF getroffenen Maßnahmen vorgenommen.

Schließlich hat die Kommission nach Ansicht des Gerichts auch die Vereinbarkeit der Beihilfe zur Umstrukturierung von SeaFrance mit dem Binnenmarkt richtig beurteilt. Das Gericht weist zunächst darauf hin, dass der Begünstigte einer Umstrukturierungsbeihilfe einen konkreten Eigenbeitrag leisten muss, der kein Beihilfeelement enthalten darf und so hoch wie möglich sein muss. Dieser Beitrag muss 50 % des Finanzierungsbedarfs der Umstrukturierung abdecken und den Zweck erfüllen, die Märkte davon zu überzeugen, dass sich die Rentabilität des Unternehmens innerhalb einer angemessenen Frist wiederherstellen lässt. Nach Ansicht des Gerichts hat die Kommission zu Recht festgestellt, dass SeaFrance keinen solchen Beitrag leistete, da das Darlehen in Höhe von 99,7 Mio. Euro als eine von der SNCF gewährte staatliche Beihilfe nicht dem Eigenbeitrag zugerechnet werden kann.

Beihilfen der SNCF für SeaFrance nicht vereinbar - Anhang 1
Gerichtshof der Europäischen Union direkter Link zum Artikel