CO2-Trends im Vergleich der globalen Automobilhersteller

Automotive Innovations 2017:

Gesamtjahr 2016 Referenzmarkt Deutschland Von Prof. Dr. Stefan Bratzel Center of Automotive Management (CAM) / CO2-Emissionen der Pkw in Deutschland sinken immer langsamer. Hauptursache sind stei-gende Marktanteile von SUV und sinkenden Dieselzulassungen


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Große Unterschiede der CO2-Bilanz zwischen den Automobilherstellern

Elektrifizierung der Fahrzeugflotte wird zur Erreichung der EU Grenzwerte immer wichtiger

Die Reduzierung der CO2-Emissionen neuzugelassener Pkw in Deutschland kommt immer langsamer voran. Im wichtigsten EU-Markt sanken die CO2-Emissionen im Gesamtjahr 2016 nur noch um 1,1 Prozent auf 127,4 g/km (2015: 128,8 g/km). Dies stellt die geringste Emissionsminderung der Hersteller seit dem Ausnahmejahr 2009/2010 (Abwrackprämie) dar. In den letzten 5 Jahren davor sind die CO2-Emissionen in Deutschland durchschnittlich noch um jährlich 3,2 Prozent gesunken (vgl. Abbildung 1). Insbesondere die hohe Nachfrage nach SUV und Geländewagen, der merkliche Rückgang des Dieselanteils sowie niedrige Spritpreise torpedieren dabei die Anstrengungen der Automobilhersteller zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Studie des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach.

Der Marktanteil von SUVs und Geländewagen ist seit 2007 von 7,3 Prozent auf 21,3 Prozent in 2016 gestiegen (2015: 18,7%). Die CO2-Emissionen dieser Segmente liegen aktuell bei 132,5 (SUV) bzw. 162,8 g/km (Geländewagen) und damit deutlich über dem Durchschnitt anderer Segmente wie etwa der Mittelklasse (125,6 g/km) oder der Kompaktklasse (116,7 g/km). Die meistverkauften SUV-Modelle 2016 waren etwa der Ford Kuga und der Opel Mokka, deren CO2-Emissionen bei 137 bzw. 142 g/km liegen. Bei den meistverkauften Geländewagen VW Tiguan und Audi Q3 liegen die CO2-Emissionen bei 147 und 142 g/km.

Studienleiter Bratzel: „Die sich verlangsamenden CO2-Verbesserungen sind im hohen Maße den Erfolgen der Hersteller im Trendsegment SUV geschuldet. Die SUV-Nachfrageverschiebungen erschweren aber zusammen mit der schwindenden Akzeptanz von Dieselfahrzeugen insbesondere bei Privatkunden die Einhaltung der EU CO2-Grenzwerte von 95 g/km im Jahr 2021.“

Die CO2-Bilanz zeigt im Herstellervergleich jedoch deutliche Unterschiede zwischen High und Low Performern. Sehr gut schneiden im Vergleich der Volumenhersteller Renault/Dacia sowie Toyota (inkl. Lexus) und vor allem Peugeot ab, die auf CO2-Emissionen zwischen 115 und 106 g/km kommen. Abgesehen vom Nischenanbieter Smart (96,2 g/km) erreicht Peugeot als Spitzenreiter einen Wert von 105,8 g CO2/km, wobei die CO2-Emissionen sogar um 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr reduziert werden konnten. Auch Volkswagen erreicht mit 123,6 g/km und einer CO2-Reduktion von 1,3 Prozent noch eine überdurchschnittliche Performance (vgl. Abbildung 2).

Demgegenüber kommen die Marken Fiat, Kia, Hyundai sowie Ford und Opel nur auf unterdurchschnittliche CO2-Werte im zurückliegenden Jahr. Fiat liegt mit CO2-Emissionen von 137,9 g/km weit oberhalb des Mittels der Volumenhersteller, konnte aber den hohen Wert von 2015 (141,6 g/km) geringfügig reduzieren (-2,6%). Das hohe CO2-Emissionsniveau liegt jedoch nicht allein an den Fahrgestellen für Wohnmobile, bei denen Fiat Marktführer ist (Fiat Ducato). Dieser Anteil blieb im Vergleich zu 2015 nahezu gleich (30% auf 31,5%). Der gesamten Herstellergruppe, zu der neben Fiat auch CO2-Schwergewichte wie Jeep (177 g/km) zählen, droht Ungemach. Ohne drastische Verbesserungen der CO2-Emissionen drohen diese die EU-Grenzwerte 2021 zu verfehlen.

Eine deutlich unterdurchschnittliche Bilanz hat auch der koreanische Hersteller Kia mit 134,9 g CO2/km. Grund dafür sind gestiegene Verkaufsanteile des SUV Sportage (158g/km) von 23 auf 30 Prozent und gleichzeitig der Einbruch des Souls (99g/km) von 11 auf 5 Prozent. Kia muss damit die größte Steigerung der CO2-Emissionen unter allen Herstellern hinnehmen (+2,9%). Auch die Schwestermarke Hyundai kommt mit 130,1 g CO2/km nur auf unterdurchschnittliche Werte. Hyundai kann allerdings im Unterschied zu Kia die CO2-Emissionen im Vergleich zum Vorjahr um 1,9 Prozent vermindern. Knapp über dem CO2-Durchschnitt des Gesamtmarktes liegen auch die Massenmarken Ford (128,5 g/km) und Opel (128 g/km). Bei Ford sorgt der SUV Edge und der Sportwagen Mustang sowie eine Absatzverschiebung hin zu größeren Fahrzeugen zu einem 2,8-prozentigen Anstieg der CO2-Emissionen.

"Eine unterdurchschnittliche CO2-Bilanz von Herstellern deutet insgesamt auf einen im Wettbewerbsvergleich ungünstigen Produktmix bzw. auf Defiziten im Bereich effizienter bzw. alternativer Antriebe und Leichtbau hin", so Stefan Bratzel.

CO2-Bilanz von Premiumherstellern

Die CO2-Jahresbilanz der drei großen deutschen Premiumhersteller fällt unterschiedlich aus: BMW (inkl. Mini) erreicht mit 127,6 g/km den besten Wert gefolgt von Mercedes (inkl. Smart) und Audi, die auf 131,9 bzw. 132,8 g/km kommen (vgl. Abbildung 3). Während Audi und BMW die CO2-Emissionen um 1,9 bzw. 2,4 Prozent zum Gesamtjahr 2015 verringern können, steigen bei Mercedes (ohne Vans/Wohnmobile) die CO2-Emissionen der deutschen Flotte um 1 Prozent.

Bei Mercedes erhöhen sich innerhalb eines Jahres die Anteile der SUVs GLC und GLE von 6 auf 8 bzw. von 4 auf 5 Prozent. Des Weiteren stiegen die Verkäufe des Vans Vito von 2000 auf 8000 Einheiten. Der Elektro-Smart hingegen wurde weniger gut verkauft, was zusammen für eine schlechtere Klimabilanz der Flotte in Deutschland sorgt. Bei BMW konnten 12.000 Einheiten des neuen X1 mit sparsameren Motoren mehr verkauft werden als im Vorjahr. Zugleich wurden mit dem X5 und X6 weniger größere SUVs verkauft (Rückgang von 4,3 auf 3,6% bzw. von 1,5 auf 1,1%). Der Anteil des sparsameren 2er Tourers stieg dagegen von 17 auf 19%.

Volvo weist mit einem Wert von 126,8 g/km die niedrigsten CO2-Emissionen der Premiumhersteller auf. Die Schweden haben ihre gesamte Modellpalette ausschließlich auf Vierzylinder-Motoren mit maximal 2.0-Liter Hubraum umgestellt. So kommt der größte SUV XC90 auf einen vergleichsweise niedrigen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 143 g/km. Die Wettbewerber X5, Q7, Touareg und GLE kommen dagegen auf Emissionswerte zwischen 160 und 187 g/km.

Jaguar gelingt es zwar die CO2-Emissionen deutlich zu senken, allerdings bewegen sich diese mit 149 g/km weit oberhalb der anderen Premiumhersteller. Jaguar konnte die CO2-Emissionen um 7,4 Prozent reduzieren, da der Verkaufsanteil des XE (116 g/km mit 93% Dieselanteil) gestiegen ist. Dieser zielt auf das Flottengeschäft ab und ist aus diesem Grund nur maximal als 4-Zylinder-Diesel mit 180 PS erhältlich. Auch der Verkaufsanteil des F-Pace (27%) trägt trotz im Wettbewerbsvergleich hohen 152 g/km bei Jaguar ebenfalls zu einer Reduktion der CO2-Ausstöße bei. Die Schwestermarke Land Rover liegt mit aktuell 167 g/km auch noch weit von den Zielwerten der EU für 2021 entfernt. Oberhalb von JLR liegt der Sportwagenbauer Porsche, der seine CO2-Emissionen von 194 g/km auch nur unwesentlich senken kann, jedoch dank des Konzernverbundes mit Volkswagen in geringerem Maße von den CO2-Grenzwerten der EU betroffen ist.

Fazit

"Die insgesamt ernüchternde CO2-Bilanz ist neben den Segmentverschiebungen auch auf die in Deutschland mangelnde Akzeptanz und technologische Reife der Elektromobilität zurückzuführen", so Studienleiter Stefan Bratzel. Hinzu kommt, dass der prinzipiell um rund 15-20 Prozent CO2-effizientere Dieselantrieb nach dem Abgasskandal bei den Regulatoren in Europa bzgl. der Einhaltung der realen Emissionsgrenzwerte unter intensiver Beobachtung steht. Mit entsprechenden Investitionen in die Abgasreinigung kann der Diesel zwar auch strenge NOx-Grenzwerte einhalten. Allerdings steigen dadurch die Kosten der Dieselfahrzeuge vor allem für die Abgasreinigung um rund 500-800 Euro, so dass dieser in den unteren Segmenten im Vergleich zum Benzinmotor deutlich an Attraktivität verliert. Treiber sind die neuen Testverfahren, wonach Grenzwerte nicht nur in Testumgebungen eingehalten werden müssen, als auch künftig zu erwartende Verschärfungen der Grenzwerte, etwa für Stickoxide. Hinzu kommt, dass der NEFZ-Zyklus künftig durch den realitätsnäheren WLTP ersetzt wird, wodurch die CO2-Normemissionen der Hersteller signifikant ansteigen und nach 2021 auch Grundlage der Berechnung der einzuhaltenden Flottengrenzwerte sein werden.

Stefan Bratzel: „Der Höhepunkt des Dieselmotors als Antriebstechnologie scheint im globalen Maßstab bereits überschritten.“ Selbst in den großen Dieselländern Deutschland und Frankreich sind stark rückläufige Entwicklungen erkennbar. In Deutschland ist der Dieselanteil an den Neuzulassungen im Vergleich zum Vorjahr von 48 Prozent auf 45,9 Prozent gefallen. Ähnlich in Frankreich, wo der Dieselanteil von 57,2 auf 51,1 gesunken ist. Im Jahr 2012 lag der Dieselanteil in Deutschland noch bei 48,1 bzw. in Frankreich bei 72,9 Prozent. In Norwegen hat sich aufgrund der Elektromobilität der Dieselanteil im Zeitraum 2012 bis 2016 sogar von 64 auf 31,5 Prozent mehr als halbiert.

Für die Hersteller stellt der Rückgang des Dieselanteils ein Problem dar, da die höhere CO2-Effizienz des Antriebs zur Einhaltung der CO2-Grenzwerte 2021 fest eingeplant war. Sollte der Dieselanteil weiter sinken, müssten die Hersteller zum Ausgleich vor allem ihre Aktivitäten im Bereich der Elektromobilität weiter verstärken, um hohe Strafzahlungen zu verhindern.

CO2-Trends im Vergleich der globalen Automobilhersteller - Anhang 1
Center of Automotive Management GmbH & Co. KG