„Die Verkehrswende ist machbar – auch auf dem Land!“

„Die Verkehrswende ist machbar – auch auf dem Land!“
„Die Verkehrswende ist machbar – auch auf dem Land!“

Interview mit dem Dipl. Wirtschafts-Informatiker Bernhard Schultes, Referent bei der Vortragsreihe Bauen und Energie im ebz, über die E-Mobilität in der kommunalen Praxis

Das Gespräch führte Julia Lauer (JL).

Die Verkehrswende steht vor der Tür, aber kaum jemand ist sich des Weges sicher! Die Technologien wie Batteriespeicher und Infrastruktureinrichtungen sind das eine, das andere aber sind Konzepte, die den Individualverkehr effizienter gestalten und den öffentlichen Nahverkehr flexibler organisieren. Auf beide Bereiche hat der Leiter des BodenseEmobil-Projekts, Bernhard Schultes, Antworten.


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Am kommenden Donnerstag, 24. November, um 19:30 Uhr gibt er in seinem praxisorientierten Vortrag im ebz (Am Mühlkanal 16, Pforzheim) einen Einblick in derzeitige und zukünftige Potenziale der E-Mobilität im kommunalen Sektor und macht deutlich, welche Hürden es dabei zu überwinden gilt. Zielgruppe sind neben den Bürgern und Bürgerinnen insbesondere Bürgermeister, Gemeinderäte und ehrenamtliche Gruppen.

JL: Herr Schultes, Sie haben im Rahmen eines durch das Bundesverkehrsministerium geförderten Projektes in der Bodenseeregion vielfältige Erfahrungen im Bereich der Elektromobilität sammeln können. Welche Erkenntnisse haben Sie dabei gewonnen?

Schultes: Ziel des Förderprojektes war es, Elektroautos als Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr in einer überwiegend ländlich geprägten Region zu integrieren. Die enge Zusammenarbeit mit allen Landkreisgemeinden, dem Landratsamt, dem Verkehrsverbund, sowie mehreren Verkehrsunternehmen war enorm wichtig für die Aufgabe, ein integriertes System zu entwickeln, das das öffentliche Angebot ergänzt und nicht gar kannibalisiert oder schwächt. Neben den typischen technischen Begrenzungen, die die Elektromobilität heute leider immer noch mitbringt, wie geringe Reichweite und nicht vorhandene Standards, mussten wir im Projekt die Erfahrung machen, dass es gerade bei der momentan viel diskutierten Ladeinfrastruktur eben keine für jeden Einsatzzweck passende Lösung gibt. Mindestens so wichtig wie die technische Ausstattung einer Ladesäule ist deren Standort selbst, besonders wenn eine Elektroladestelle durch den Wegfall eines attraktiven Parkplatzes in zentraler Lage durchaus kontrovers diskutiert wird. Auch bei der Auswahl der für eine öffentliche Nutzung tauglichen Fahrzeuge lernten wir viel dazu, leider waren gerade zu Beginn des Projektes Ende 2011 praktisch keine Modelle deutscher Hersteller zu haben.

JL: Welche grundsätzlichen Unterschiede sehen Sie in der Umsetzung der Verkehrswende in ländlichen Regionen im Gegensatz zu Ballungsgebieten?

Schultes: Als Lösungsformel zur Verkehrswende wird ja gern der einfache Dreiklang der drei „V“ bemüht: Verkehrsvermeidung, Verkehrsverlagerung und Verkehrsverbesserung. Diese plakativen Maßnahmenbündel passen jedoch im urbanen Umfeld besser als auf dem Land. Die Mobilitätsbedürfnisse der ländlichen Bevölkerung sind gleich hoch wie in der Stadt. Durch das deutlich geringere Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln kommt dem Auto jedoch auch in naher Zukunft noch ein hoher Stellenwert zu. Auch Carsharing wird in der ländlichen Region nicht in dem Maß angenommen wie in Ballungsräumen, wo einerseits ein gut ausgebauter ÖPNV und andererseits ein enorm knapper Parkraum gute Gründe für den Verzicht auf ein eigenes Auto liefern.

JL: Wie kann es dennoch gehen?

Schultes: Im Projekt „emma – emobil mit Anschluss“ haben wir einige Nutzungskonzepte und Mobilitätsangebote entwickelt und in der Praxis getestet. In drei Pilotgemeinden wurden Elektroautos bzw. Elektro-Kleinbusse vollwertig in das vorhandene Linienangebot der Busunternehmer integriert. Die neuen Linien wurden dabei so konzipiert, dass sie bedarfsgerecht – sprich nur nach vorangehender Anmeldung - fahren und sowohl räumliche wie auch zeitliche Lücken im vorhandenen Fahrplan ergänzen.

Darüber hinaus wurde in einer Pilotgemeinde der Verein „BürgerMobil“ gegründet, der mit der Übernahme von Fahrdiensten seit zwei Jahren für ein sehr attraktives Zusatzangebot in der Flächengemeinde sorgt. Die Umstellung auf einen fahrplanungebundenen Flächenbetrieb mit einer Vielzahl neu geschaffener „Haltestellen“ und die Gelegenheit mit einem geräuschlosen und umweltfreundlichen Fahrzeug zu fahren, hat die Akzeptanz noch einmal gesteigert.

Ich werde bei meinem Vortrag noch weitere Konzepte anführen, wie es beispielsweise für Kommunen sinnvoll und durchaus wirtschaftlich sein kann, Elektrofahrzeuge in den eigenen Fuhrpark zu integrieren. Die in „emma“ entwickelten Konzepte und die dort gemachten Erfahrungen fließen aktuell in ein Mobilitätsprojekt der „Regionalentwicklung Mittleres Oberschwaben“ ein, in dem 25 Gemeinden gemeinsam die Mobilität im ländlichen Raum verbessern wollen.

JL: Noch ein Wort zur Ladeinfrastruktur. Sie haben im Bodenseekreis 34 Ladesäulen mit 68 Ladepunkten aufgebaut. Nach welchen Kriterien ist dies geschehen?

Schultes: Zunächst haben wir die Standorte aus dem Nahverkehrsplan heraus entwickelt und so den „Anschluss“ an das öffentliche Nahverkehrssystem gesucht. Somit stehen viele der Ladesäulen an Bahnhöfen und Busbahnhöfen oder aber an zentralen Plätzen in der Dorfmitte. An den Ladesäulen selbst können immer zwei Autos gleichzeitig mit bis zu 22 kW geladen werden, was mittlerweile Standard im Bereich des Wechselstromladens ist. Zusätzlich betreiben wir drei Schnelllader für die Kleinbusse in den Pilotgemeinden.

Das Laden selbst kann mittels der emma-Ladekarte, einer handelsüblichen RFID-Karte, oder per Smartphone gestartet werden. Unser Netz an Ladesäulen ist somit auch für durchreisende Touristen und Geschäftsleute nutzbar.

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