Elektromobilität: Technologie- und Absatztrends im Vergleich von Ländern und Herstellern

China steigt zum Leitmarkt für Elektromobilität auf und überholt damit die USA

Zu den absatzstärksten E-Autobauern (BEV, PHEV) zählen Nissan, chinesische BYD Konzern sowie Tesla und Mitsubishi

Deutschland ist derzeit weder Leitmarkt noch Leitanbieter von Elektromobilität.

Zur nachhaltigen Wachstumssteigerung der E-Mobilität ist eine Neufokussierung der Innovationsaktivitäten notwendig. Es braucht es Innovationen, die das sogenannte R.I.P.- Problemcluster - Reichweite, Infrastruktur, Preis - lösen.

"Konzertierte Aktion" von deutschen Herstellern, Zulieferern und der Regierung notwendig, um die nächste bzw. übernächste Generation von Batteriezellen in Deutschland zu entwickeln und zum Teil auch produzieren


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Das globale Wachstum der Elektromobilität wird derzeit vom chinesischen Markt getrieben. In den ersten neun Monaten des Jahres 2015 ist der Absatz von E-Autos in China um 135% auf 100.000 gestiegen, womit China die USA als größten Markt für Elektrofahrzeuge abgelöst hat. In den USA ist der Marktanteil aufgrund niedrigerer PHEV-Zulassungen jüngst sogar von 0,7% auf 0,6% gefallen. Insgesamt konnten von Januar-September weltweit rund 335.000 E-Fahrzeuge verkauft werden. Für das Jahr 2015 werden auf globaler Ebene nach einer Prognose des CAM rund 500.000 Elektroautos (BEV, PHEV) abgesetzt werden, wobei dann bereits fast jedes dritte Elektroauto in China neu zugelassen wird. Damit steigt China zum Leitmarkt für Elektromobilität auf (vgl. Abb. 1). Insgesamt bleibt der globale Marktanteil von Elektrofahrzeugen mit 0,65 Prozent enttäuschend niedrig. Das ist das Ergebnis einer Studie des Center of Automotive Management (CAM) zum Thema „Alternative Antriebe“, die die Innovationen und Entwicklungen in wichtigen automobilen Leitmärkten analysiert.

Zu den weltweit meistverkauften Elektroautos (BEV, PHEV) in 2015 (YTD Sept.) zählen der Nissan Leaf und das Tesla Model S, die in 2015 bislang mehr als 30.000 batterieelektrische Fahrzeuge absetzen konnten. Es folgen mit dem Mitsubishi Outlander PHEV und dem BYD Qin zwei Plug-in Hybride mit über 25.000 Verkäufen gefolgt vom batterieelektrisch angetriebenen BMW i3, der nach neun Monaten auf 18.000 Fahrzeuge kommt. Nur je rund 10-12.000 Fahrzeuge können die nächstplatzierten Modelle Renault Zoe, Volkswagen e-Golf, Chevy Volt und BAIC und Golf GTE für sich verbuchen. Modellübergreifend führt die Liste der absatzstärksten E-Autobauer Nissan an mit rund 39.000 Elektrofahrzeugen gefolgt vom stark expandierenden chinesische BYD Konzern (37.000) sowie Tesla (33.000), Mitsubishi (32.500) sowie der Marke Volkswagen (24.000) und BMW (22.000).

In Deutschland werden die hohen Erwartungen in punkto Elektromobilität bislang nicht erfüllt. Deutschland ist derzeit weder Leitmarkt noch Leitanbieter von Elektromobilität. Bis September 2015 wurden nur 15.000 Elektrofahrzeuge (inkl. PHEV) abgesetzt, was trotz einer Steigerung von 63 Prozent nur einem Marktanteil von 0,63 Prozent (Marktanteil 2014 YTD: 0,36%) entspricht. Während die reinen batterieelektrischen Fahrzeuge (BEV) nur um 22% zulegten, konnten die Plug-in Fahrzeuge (PHEV) zum Vorjahrszeitraum einen Zuwachs um 147 Prozent verbuchen. Deutlich wird die Verteilung am Beispiel VW Golf: Von den 26.251 verkauften Golf-Modellen im Oktober 2015 waren nur 91 Erdgasfahrzeuge, 151 Plug-In-Hybride und 67 reine Elektro-Fahrzeuge. Bis Oktober 2015 wurden von allen Herstellern zusammen 45.000 PKW mit alternativen Antrieben (HEV, PHEV, BEV, Gas) neu zugelassen. So viele Autos verkauft Volkswagen allein vom Golf mit konventionellen Motoren in knapp zwei Monaten. Insgesamt ist zu erwarten, dass der E-Absatz (BEV, PHEV) im Gesamtjahr in Deutschland - vor allem dann PHEV - nur auf rund 21.000 E-Fahrzeuge steigen wird (+60%).

Das Wachstum der Elektromobilität ist auf globaler Ebene noch stark von öffentlichen Förderkulissen abhängig, da die E-Autos vor Kunde bislang von wenigen Ausnahmen abgesehen (insbes. Tesla) kaum wettbewerbsfähig sind. Hierzu Studienleiter Stefan Bratzel: "Es braucht Innovationen, die das sogenannte R.I.P.-Problemcluster - Reichweite, Infrastruktur, Preis - lösen. Seit Jahren ist bekannt, dass die Reichweiten von real nur 100-150 km von Kunden nicht akzeptiert werden, vor allem auch da es an einer umfassenden Schnellladestruktur mangelt." Notwendig sind Reichweiten von mindestens 300-500 km und eine entsprechende Ladeinfrastruktur. Trotz Einschränkungen der Funktionalität (vor allem: Reichweite) sind die Kosten für E-Autos zum Teil erheblich höher als bei herkömmlichen Fahrzeugen. Bratzel: "Solange die R.I.P.-Probleme nicht gelöst sind, ruht die Elektromobilität weiter in Frieden."

Notwendig ist eine Neufokussierung der Innovationsaktivitäten der globalen Automobilhersteller in Richtung alternativer Antriebe, insbesondere in Deutschland. Hier gibt es erheblichen Nachholbedarf. Das zeigt die Analyse von rund 2.600 Antriebsinnovationen der Jahre 2005 bis 2015 (erstes Halbjahr), die von den globalen Automobilherstellern präsentiert wurden.

Dabei zeigt sich, dass die weitaus meisten Antriebsinnovationen der Optimierung von konventionellen Benzin- und Dieselmotoren zuzurechnen sind. Deren Anteil ist in den letzten zwei Jahren sogar noch weiter angestiegen. Ähnlich wie im Automobilmarkt sind unter den alternativen Antrieben die Hybride am stärksten vertreten (2015 ca. 17%), die gegenüber dem Vorjahr zulegen können. Innerhalb der verschiedenen Hybridtechnologien zeigen nur die Plug-In-Hybride seit etwa 2011 ein sehr deutliches Wachstum. Bereits im ersten Halbjahr 2015 wurden in diesem Technologiefeld 25 Innovationen präsentiert, fünf mehr als im Gesamtjahr 2014. Auch der „Elektro- Hype“ der vergangen Jahre, beginnend in 2009, lässt sich gut ablesen und klingt ab 2012 langsam ab. Im ersten Halbjahr 2015 beträgt der Anteil der E-Antriebsinnovationen nur noch 3,1 Prozent, nachdem er in den Jahren 2009 bis 2011 noch bei zehn Prozent gelegen hatte.

Die deutschen Automobilhersteller BMW, Daimler, Volkswagen/Audi haben in den letzten Jahren zwar ihre Kompetenzen im Bereich der Plug-in Hybride und der Elektromobilität ausgebaut. Allerdings reichen die Innovationsanstrengungen derzeit noch nicht, damit Deutschland zu einem Leitanbieter aufsteigen und der Elektromobilität zum Durchbruch verhelfen kann.

Insbesondere liegt mit der Batteriezelltechnologie ein zentraler Wertschöpfungsbaustein bislang nicht in Deutschland, sondern vor allem im Südkorea, Japan und in China. Wenn Deutschland nicht in einem zentralen Innovationsfeld zurückfallen will, braucht es eine "konzertierte Aktion" von deutschen Herstellern, Zulieferern und der Regierung, um die nächste bzw. übernächste Generation von Batteriezellen mit dem Zeithorizont 5-10 Jahre wieder in Deutschland entwickeln und zum Teil auch produzieren zu können. Dieser Schritt würde jedoch einen hohen Kooperationswillen und Mut zum Wandel der Akteure erfordern. Freilich müssten hierzu auch weitere regulative Rahmenbedingungen geschaffen werden. Nicht zuletzt muss der Aufbau einer dichten Schnellladeinfrastruktur deutlich verstärkt werden. Die Dieselkrise könnte als eine Chance für einen nachhaltigen Umbau der Antriebstechnologie der Automobilindustrie genutzt werden.

Elektromobilität: Technologie- und Absatztrends im Vergleich von Ländern und Herstellern - Anhang 1
Center of Automotive Management