Elektromobilität und Innovationstärke im internationalen Vergleich der Automobilhersteller

Elektromobilität hat kein Nachfrage-, sondern ein Innovationsproblem

Innovationstärke der Automobilhersteller bei Elektrofahrzeugen (BEV) ist noch gering

Tesla zählt im Feld der globalen Herstellern zu den zentralen Innovatoren und Treibern im Bereich Elektromobilität

"Die schleppende Kundennachfrage nach reinen Elektrofahrzeugen (BEV) liegt wesentlich am Fehlen technologisch ausgereifter Modelle, die im komparativen Wettbewerbsvergleich mit Benzin- und Dieselfahrzeugen bestehen können. Insofern hat die Elektromobilität in erster Linie kein Nachfrageproblem, sondern ein Angebots- bzw. Innovationsproblem".


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So fasst Studienleiter Stefan Bratzel eine Analyse des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach zusammen, die die Elektromobilitätsinnovationen von über 30 globalen Herstellern im Zeitraum 2010-2015 vergleicht.

Danach generierten die Automobilhersteller zwischen 2010 und 2015 insgesamt 211 Elektrofahrzeug-Innovationen. Allerdings waren darunter nur 57 Serieninnovationen, d.h. ein Großteil der Neuheiten machten serienferne Studien oder sogenannte "Me-Too"-Innovationen von Herstellern aus. Lediglich 27 Weltneuheiten konnten gefunden werden. Darunter ist etwa das Model S von Tesla, weltweit die erste als E-Auto entwickelte Limousine der Oberklasse mit Elektroantrieb mit einer Reichweite nach NEFZ von rund 500 km.

Im Vergleich der Innovationsstärke der Automobilkonzerne sticht ebenfalls der Nischenhersteller Tesla heraus. Der amerikanische Elektroautospezialist vereinigt im Untersuchungszeitraum die meisten Weltneuheiten auf sich und kommt auf eine Weltneuheiten-Stärke von 16 Indexpunkten. Damit landet er fast gleichauf mit der Allianz von Renault und Nissan, die mit 6 Weltneuheiten auf 18 Indexpunkte kommt (vgl. Abbildung 1). Werden alle Neuheiten (Welt-, Konzern-, Marken-Innovationen) betrachtet, liegt die Renault-Nissan-Allianz mit rund 40 Indexpunkten, u.a. aufgrund der Produktvielfalt, deutlich vor der Konkurrenz aus dem Volkswagen Konzern (inkl. Audi, Porsche etc.), Tesla und Daimler. Insgesamt bewegt sich die Innovationsstärke der meisten Hersteller im Bereich Elektromobilität jedoch noch auf sehr niedrigem Niveau. Die Innovationsstärke ist ein von CAM im Jahr 2005 entwickelter Indexwert, der sich aus der Summe der systematisch bewerteten Neuheiten zusammensetzt (siehe unten).

Grundsätzlich spielte in den letzten Jahren das Thema Elektromobilität bei der Innovationsentwicklung der globalen Automobilkonzerne jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Von über 2.100 Antriebsinnovationen wurden 71 Prozent im Bereich der Konventionellen Antriebe generiert, insbesondere zur Verbrauchsoptimierung von Benzin- und Dieselmotoren. Nur 10 Prozent der Neuerungen sind im Bereich der reinen Elektromobilität (BEV) zuzuordnen, während Plug-in Hybrid-Neuerungen (inkl. REV) rund 8 Prozent und (Voll-)Hybridinnovationen (HEV) 9 Prozent ausmachen. Die Brennstoffzellentechnologie spielt mit 2 Prozent der Neuerungen noch kaum eine Rolle.

Die Analyse der Innovationen im Bereich Elektromobilität zeigt im Ergebnis, dass es bislang nur wenigen Herstellern gelingt, technologisch ausgereifte Modelle hervorzubringen, die aus Kundensicht eine wirkliche Alternative darstellen bzw. "Begehrlichkeit" auslösen. Es mangelt vor allem an den Reichweiten von Elektromodellen, die 300 km deutlich überschreiten müssen. Ferner fehlt es an - im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor - attraktiven (Endkunden-)Preisen. Außerdem müssen die Fahrzeuge Schnellladefunktionen besitzen und die Kunden auf ein Netz an (Schnell-)Ladestationen zurückgreifen können.

Tesla hat bislang als Elektrospezialist mit seiner Innovationsstrategie aus Kundensicht die richtigen Themen adressiert: Erstens, Einstieg von oben durch Oberklasse-Modelle, die u.a. aufgrund ihrer Andersartigkeit (E-Mobilität, Connectivity, Special Purpose Design, Leistung) eine hohe Begehrlichkeit auslösen; zweitens eine hohe Reichweite der Modelle, die eine breite Einsetzbarkeit auch als Erstfahrzeug ermöglicht; drittens, der Aufbau einer Schnellladeinfrastruktur, die kostenfrei bzw. in den Fahrzeugpreis integriert ist. Mit dem gerade vorgestellten "Model 3" soll im Folgeschritt auch in den Volumensegmenten mit einem attraktiven Preis von rund 35.000 Dollar eine weitere Kundenhürde genommen werden.

"Allerdings ist das Model 3 für Tesla auch der Lackmustest, der über den mittel- bzw. langfristigen Erfolg entscheiden wird", so Stefan Bratzel. Aufgrund hoher Stückzahlen muss mit dem neuen Modell Geld verdient und nachhaltig die Profitzone erreicht werden. Allerdings sind die Gewinnmargen bei der angestrebten Preisposition sehr gering, so dass nur eine geringe Fehlertoleranz besteht. Wird das Model 3 zum Erfolg könnte das der Durchbruch für die Elektromobilität insgesamt bedeuten.

Auch andere Hersteller, wie Audi, GM und Mercedes, kommen in den nächsten Jahren mit weiteren Elektromodellen an den Markt, die die derzeitige technologische Innovationslücke der Elektromobilität füllen können. Nur durch eine Innovationsdynamik wird die bislang ernüchternde Nachfrage nach Elektrofahrzeugen langfristig steigen. Kaufprämien bergen dabei die Gefahr, nur ein Strohfeuer auszulösen und haben darüber hinaus unerwünschte Nebenwirkungen, wie Gewöhnungs- und Mitnahmeeffekte. Finanzielle Marktstimulierung der Elektromobilität macht nur in einem Gesamtkonzept Sinn, dass maßgeblich auch durch industrielle Innovationen begleitet sein muss. Diese müssen dazu führen, dass Elektroautos dem komparativen Technologiewettbewerb auch ohne Förderung standhalten können.

Elektromobilität und Innovationstärke im internationalen Vergleich der Automobilhersteller - Anhang 1
Center of Automotive Management GmbH & Co. KG