Güterverteilzentrum als großer Wurf

Güterverteilzentrum als großer Wurf
Güterverteilzentrum als großer Wurf

Mobilitätswerkstatt III befasst sich mit Möglichkeiten eines klimafreundlicheren Transports von Waren

Über ein Güterverteilzentrum könnte es gelingen, den Ausstoß von Treibhausgasen durch den Straßengüterverkehr im Land-kreis Neu-Ulm nachhaltig zu senken. Diese Auffassung kristallisierte sich bei der dritten Mobilitätswerkstatt zur Erarbeitung des Klimaschutz-Teilkonzepts Mobilität heraus.

Leider nur zwölf Bürger, darunter zwei Vertreter von Unternehmen, brachten ihre Ideen und ihr Wissen bei dem dreieinhalbstündigen Forum im Bürgerhaus Senden ein.


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„Der Kreis war klein, dafür aber sehr kreativ und produktiv“, beurteilt Florian Drollinger, der Klimaschutzmanager des Landkreises Neu-Ulm, die letzte Bürgerbeteiligungsrunde für das Mobilitätskonzept des Landkreises Neu-Ulm.

Marianne Pfaffinger und Dr. Johannes Gnädinger vom Beraterteam aus München verdeutlichten mit eindrucksvollen Zahlen, warum vor allem im Güterverkehr des Landkreises großer Handlungsbedarf besteht, um die Klimaziele zu erreichen. So haben die Kohlendioxid (CO2)-Emissionen im Straßengüterverkehr, der im Landkreis 54 Prozent des Gesamtausstoßes im gesamten Verkehrssektor ausmacht, von 1990 bis 2010 um 68 Prozent zugenommen. Zum Vergleich: Der motorisierte Individualverkehr (MIV) verursacht nur 38 Prozent der verkehrlichen CO2-Emissionen im Landkreis und erhöhte sich von 1990 bis 2010 auch „nur“ um 18 Prozent.

Mehrere Gründe für die Explosion der CO2-Abgase im Güterverkehr wurden in der Diskussion herausgearbeitet.

Zum einen erweist sich der scheinbar unaufhörliche Trend zum Outsourcing von Produktionsprozessen in teilweise weit entfernt liegende Zuliefererbetriebe (Stichwort: „lange Werkbank“) als enorm schädlich.

Zum anderen führt die vorherrschende Just-in-Time-Mentalität in der Industrie zu zunehmend geringeren Losgrößen beim Transport. Die schrumpfenden Bestell- und Ausliefermengen führen dazu, dass immer mehr Lkw immer öfter halbleer durch die Gegend fahren und dabei immer mehr Kilometer zurücklegen. Die früher großen werksinternen Lager gibt es längst nicht mehr, sie sind auf die Straße verlagert. Gleichzeitig spielt der Gütertransport über die Schiene nur noch eine marginale Rolle.

Ein weiterer Klimakiller ist der boomende Online- und Versandhandel; auch er trägt dazu bei, dass das Güterverkehrsaufkommen auf der Straße steigt und steigt.

Wie könnte man dieser besorgniserregenden Entwicklung begegnen? Die beiden Unternehmensvertreter in der Runde, Lothar Pfähler (Geschäftsführer der Spedition Böhm & Besold) und Wolfgang Harant (Logistikleiter von Fruchthof Nagel), entwarfen das Modell eines Güterverteilzentrums (GVZ), dem sich möglichst viele Betriebe aus dem Landkreis beziehungsweise der Region anschließen sollten. Die An- und Auslieferungen würden nicht mehr direkt an jeden Empfänger gehen, sondern an das GVZ. Von dort aus würden die Waren auf der so genannten letzten Meile gebündelt als firmenübergreifende Frachten zu den Bestellern gebracht. Erreicht werden könne so eine bessere Auslastung der Lkw. Leerfahrten würden weitgehend vermieden. Für Kurzdistanzen und kleinere Mengen könnten Elektrofahrzeuge oder Lastenfahrräder eingesetzt werden. Dem Landkreis käme die Aufgabe zu, die Idee in die Unternehmen zu tragen und diese davon zu überzeugen, dass das GVZ sowohl einen ökologischen Nutzen als auch wirtschaftliche Vorteile für die Beteiligten hätte.

Ebenfalls großen Anklang fand eine vergleichbare Lösung für Paketauslieferungen. Angedacht wurde, Mobilitätsstationen als Sammelpunkte für Endkunden-Pakete an verschiedenen Orten im Landkreis einzurichten. Außerdem könnte man dort Fahrradabstellanlagen (Bike&Ride) sowie Leihdienste für (Elektro-) Fahrräder, (Elektro-)Lastenräder und Autos (Carsharing) bieten.

Zu flankieren wären diese Vorschläge mit einem landkreisweiten Informations- und Förderprogramm für Lastenfahrräder und Elektromobilität inklusive der entsprechenden Infrastruktur.

Neben dem Güterverkehr wurden auch Konzepte für das betriebliche Mobilitätsmanagement diskutiert. Breite Zustimmung erhielt dabei das Jobticket, das der DonauIller-Nahverkehrsverbund DING neuerdings anbietet. Geschäftsführer Thomas Mügge erklärte anhand eines Beispiels, dass der Käufer eines Jobtickets bis zu 59 Prozent Rabatt gegenüber einer normalen Monatskarte bekommen könne, wenn sein Arbeitgeber 20 Euro im Monat zum Kaufpreis beisteuere. In diesem Fall kostet das Jobticket für das Stadtgebiet Ulm/Neu-Ulm dem Fahrgast dann monatlich nur noch 23,20 Euro anstatt 56,40 Euro.

Grundsätzlich sieht das Jobticket-Modell einen Rabatt von 5 Prozent vor, falls der Arbeitgeber keinen Zuschuss leistet. Der Rabatt steigt auf 10 Prozent, falls der Arbeitgeber den Kauf des Jobtickets mit mindestens 10 Euro pro Monat unterstützt. Voraussetzung ist, dass pro Unternehmen mindestens 20 Mitarbeiter das Jobticket bestellen.

Die genannten Projekte dürften gute Chancen haben, in den dreijährigen Aktionsplan bis 2019 aufgenommen zu werden, den die Berater-Arbeitsgemeinschaft nun unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus den drei Mobilitätswerkstätten zusammenstellt. Am 9. März wird der fertige Entwurf der Lenkungsgruppe des Mobilitätskonzepts vorgestellt. Nach der Diskussion in dem Vorbereitungsgremium stimmt der Kreistag über den gegebenenfalls geänderten Aktionsplan und das gesamte Mobilitätskonzept ab. Das wird im Juli sein, nicht – wie bisher vorgesehen – im April.

Landkreis Neu-Ulm