Junge Generation und die Mobilität der Zukunft

Abbildung 1: Bedeutung eines privaten Pkws für die derzeitige Mobilitätssituation
Abbildung 1: Bedeutung eines privaten Pkws für die derzeitige Mobilitätssituation

Die Bedeutung von privatem Pkw-Besitz und die emotionale Bindung zum Auto ist bei den 18 25-Jährigen zunehmend rückläufig

Allerdings gibt es auch bei der jungen Generation große Unterschiede zwischen Stadt- und Landbewohnern. Für die überwiegende Mehrheit der jungen Stadtbewohner ist das eigene Auto nicht mehr wichtig.


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Sie nutzen für ihre Wege vor allem die Verkehrsmittel des Umweltver bunds oder das Car Sharing. Außerdem stehen sie alternativen Mobilitätskonzepten wie App basierten Fahrdiensten oder Robo-Taxis sehr viel aufgeschlossener gegenüber als andere Al tersgruppen.

Neue Mobilitätskonzepte und ein umweltverträglicheres Mobilitätsverhalten werden sich je doch nicht automatisch durchsetzen. Wichtige Einflussfaktoren für einen Wandel des Mobili tätsverhaltens sind neben den unterschiedlichen Technologiedynamiken in den relevanten Zu kunftsfeldern vor allem die Qualität politischer Steuerung und Regulation in städtischen Regio nen. Dabei müssen neben einer Förderung neuer Mobilitätsformen auch Strategien der Disin centivierung des privaten Autoverkehrs umgesetzt werden.

Der Mobilitätswandel hat einen starken Einfluss auf die Finanzierungs- und Versicherungs branche. Ab 2030 wird sich diese Entwicklung weiter beschleunigen. Autofinanzierer und -absicherer sind darauf angewiesen, neue Services zu entwickeln, um ihr Geschäft zukunftssi cher zu machen.

Die Mobilität der Zukunft wird von der jungen Generation von Stadtbewohnern getrieben, deren Einstellungen zum Auto und deren Mobilitätsverhalten sich schon heute erheblich von Älteren unterscheidet. Wie schnell sich eine neue Mobilität durchsetzt, hängt jedoch wesentlich vom politischen Steuerungs- und Regulierungswillen ab. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Studie des Center of Automotive Management (CAM) im Auftrag von BNP Paribas Cardif Deutschland auf Basis einer Endkundenbefragung und von Experteninterviews.

Danach geben in einer repräsentativen Befragung 73 Prozent der Deutschen an, dass für ihre derzeitige Mobilitätssituation ein eigener Pkw „wichtig“ oder sogar „sehr wichtig“ ist. Bei den Einwohnern von Städten über 100.000 Einwohnern und bei Jüngeren unter 25 Jahren sinkt die Bedeutung des eigenen Pkws deutlich, jedoch gibt mit 57 bzw. 55 Prozent immer noch eine Mehrheit an, dass ein privater Pkw für sie wichtig ist. Anders verhält es sich in der Gruppe der jüngeren Stadtbewohner unter 25 Jahren: Nur für eine Minderheit von 36 Prozent ist ein eigener Pkw mindestens „wichtig“, d.h. im Umkehrschluss ist ein privater Pkw für fast zwei Drittel (64%) der jungen Stadtbewohner weniger wichtig oder sogar unwichtig.

Die nachlassende emotionale Bindung der jüngeren Generation zum eigenen Automobil ist in Deutschland und in anderen Ländern mit hohem Wohlstandsniveau bereits seit Jahren spürbar. Ein wichtiges Indiz für den Stellenwert des Statusobjekts Automobil bei der jungen Generation ist dabei der Faktor „Verzichtsbereitschaft“, also der Wille sich für den Kauf eines Pkw bei anderen Konsumgütern und Bedürfnissen einzuschränken. Für ein neues Auto würden immerhin 27 Prozent der Jüngeren am ehesten noch auf eine Urlaubsreise verzichten, 16 Prozent würden auf ihre Ersparnisse verzichten, 6 Prozent auf die Altersvorsorge und 4 Prozent auf eine größere Wohnung. Dagegen wollen 42 Prozent der Jüngeren für ein neues Auto auf keines dieser Dinge verzichten, in Städten steigt dieser Anteil sogar auf 52 Prozent. Dagegen waren es einer früheren CAM-Studie zufolge im Jahre 2010 nur 29 Prozent der 18-25-Jährigen, die für ein neues Auto an anderer Stelle keinen Verzicht üben wollten.

Hierzu Studienleiter Stefan Bratzel: „Ein großer Teil der Generation Z hat praktisch keine emotionale Bindung zum Auto mehr. Für sie ist das Auto kein Statusobjekt, sondern allenfalls ein Gebrauchsgut. Die Tendenz einer ‚Ent-Emotionalisierung‘ des Pkw-Besitzes in der jungen Generation hat sich damit in den letzten Jahren signifikant beschleunigt.“

Recht eindeutig sind auch die wesentlichen Gründe für die jeweilige Einstellung zum Pkw. Für die Befragten, für die ein eigener Pkw mindestens wichtig ist, liegt dies vor allem an notwendigen Transportaufgaben (59%), an nicht passenden ÖPNV-Angeboten (56%) sowie daran, dass sie gerne selbst Autofahren (52%). Umgekehrt geben die Befragten, für die ein eigener Pkw weniger oder nicht wichtig ist, als Hauptgrund einen gut ausgebauten ÖPNV (60%) an. Sie erledigen die meisten Wege zu Fuß (40%) oder mit dem Fahrrad (27%), während 28 Prozent ein privates Auto auch zu teuer ist.

Besonders wichtig bei der täglichen Mobilität sind den Befragten Flexibilität, niedrige Kosten, sicheres Ankommen und Zeitersparnis. An diesen Kriterien müssen sich auch künftige Mobilitätsdienste messen lassen. Jüngere Stadtbewohner zeigen sich für neue Mobilitätskonzepte dabei sehr viel aufgeschlossener als der Durchschnitt. So haben mehr als ein Drittel (34%) etwa bereits Car Sharing genutzt (alle Befragte: 15%). Auch die Nutzungsbereitschaft für zukünftige App-basierte „On-Demand Mobilitätsdienste“ wie Privat-Taxis/Shuttles auf Abruf ist bei Jüngeren weit höher als im Bundesdurchschnitt. 59 bzw. 53 Prozent der Jüngeren unter 25 Jahren können sich sogar vorstellen künftig autonom fahrende Robo-Shuttles oder Robo-Taxis zu benutzen (alle Befragte: 38 bzw. 36%). Die Aussicht auf eine umfassende Mobilitäts-Flatrate innerhalb Deutschlands, die sowohl den öffentlichen Verkehr (ÖPNV), Carsharing als auch zukünftige Robotaxis umfasst, würde insbesondere Jüngere und Stadtbewohner dazu veranlassen auf den privaten PKW zu verzichten. Rund 50 Prozent der unter 25-Jährigen und sogar über 60 Prozent der jüngeren Stadtbewohner glauben unter diesen Umständen, dass sie keinen privaten PKW mehr benötigen würden.

Allerdings werden sich neue Mobilitätskonzepte und ein umweltverträglicheres Mobilitätsverhalten nicht automatisch durchsetzen. Wichtige Einflussfaktoren für einen Wandel des Mobilitätsverhaltens sind neben den Technologiedynamiken in den relevanten Zukunftsfeldern E-Mobilität, Autonomes Fahren und Digitalisierung vor allem die Qualität politischer Steuerung und Regulation. Hoch-verdichtete urbane Regionen mit hohem Problemdruck und einer guten ÖPNV-Versorgung sind dabei die Keimzellen für die neuen Mobilitätskonzepte, gerade auch weil in diesen Städten eine junge Generation lebt, für die der Besitz von Automobilen keine wichtige Rolle mehr spielt. In diesen Städten ist auch ein großes Nachfragepotenzial möglicher Nutzer verfügbar, wodurch sich die Geschäftsmodelle schneller amortisieren.

Der Mobilitätswandel hat auch einen starken Einfluss auf die Finanzierungs- und Versicherungsbranche. Ab 2030 wird sich diese Entwicklung weiter beschleunigen – darauf müssen sich Autofinanzierer und -absicherer bereits heute einstellen. Beide Branchen sind darauf angewiesen, neue Services zu entwickeln, um ihr Geschäft zukunftssicher zu machen. Innovationsfähigkeit und Flexibilität nehmen daher für die Finanzdienstleister an Wichtigkeit zu. David Furtwängler, Hauptbevollmächtigter und CEO von BNP Paribas Cardif Deutschland, blickt zuversichtlich nach vorne: „Insbesondere Mobilitäts-Flatrates sehen wir als großes Evolutionsfeld für die gesamte Branche. Versicherungen werden künftig zu Mobilitätsabsicherern. Gerade Zusatzversicherungen wie die Raten- und Wartungsversicherungen, aber auch Mobilitätsgarantien, gewinnen vor diesem Hintergrund signifikant an Bedeutung.“

Die in der Studie erarbeiteten Zukunftsszenarien zur (Auto-)Mobilität in Deutschland unterscheiden sich hinsichtlich der Adoptionsdynamik von alternativen Mobilitätskonzepten deutlich. Im „High Mobility Integration“ Szenario, das eher günstige Rahmenbedingungen für die Herausbildung neuer integrierter Mobilitätskonzepte beschreibt, spielt die Richtung und Intensität verkehrsplanerischer Steuerung und politischer Regulation eine zentrale Rolle. So steigt die Akzeptanz von neuen, integrierten Mobilitätsdienstleistungen nur dann dynamisch an, wenn ein starker politisch-regulativer Steuerungswille vorherrscht, der sehr voraussetzungsvoll ist. So müssen einerseits Strategien zur Disincentivierung bzw. Eindämmung des motorisierten Individualverkehrs entwickelt und gegen politische Widerstände und Beharrungskräfte umgesetzt werden. Andererseits müssen auch Anreize zur Förderung neuer Mobilitätskonzepte erarbeitet und eine aktive Integration und Vernetzung bisheriger Verkehrsträger von ÖPNV, Fahrrad, Privatautos und neuer Mobilitätsdienstleistungen wie CarSharing, On-Demand Shuttles sowie Autonomes Fahren vorangetrieben werden. In diesem positiven „High Mobility Integration“ Szenario ist damit zu rechnen, dass der Pkw-basierte Modal Split Anteil (in Personenkilometer) von nutzungsbasierten Diensten im Jahr 2025 auf etwa 7 Prozent ansteigt, um danach bis 2030 exponentiell vor allem aufgrund der Akzeptanz von manuellen und autonomen On-Demand Fahrdiensten auf fast 40 Prozent zuzulegen.

Das Szenario „Slow Motion Mobility“ beschreibt eher ungünstige Rahmenbedingungen. Kennzeichnend ist hierbei vor allem der Mangel einer integrativen verkehrsplanerischen Steuerung und politischen Regulation zugunsten alternativer Mobilitätskonzepte und den Verkehrsträgern des Umweltverbunds. In diesem Szenario fehlt den Entscheidungsträgern meist der politische Wille, die Kraft und die Ressourcen derartige Strategien und Maßnahmen erfolgreich umzusetzen, die auch zu einer Umverteilung des Verkehrsraums zulasten des privaten Autoverkehrs gehen müssen. Im Ergebnis entwickeln sich neue Mobilitätsdienstleistungen wesentlich langsamer. Aber auch in diesem Szenario wird bis zum Jahr 2030 der Modal Split Anteil von Pkw in Privatbesitz sinken und die Verkehrsleistungen alternativer Auto-Mobilitätsformen auf 15 Prozent steigen.

Center of Automotive Management GmbH & Co. KG
Abbildung 2: Verzichtsbereitschaft für den Kauf eines neuen Autos: Nur Jüngere unter 25 Jahre Abbildung 2: Verzichtsbereitschaft für den Kauf eines neuen Autos: Nur Jüngere unter 25 Jahre
Abbildung 3: „High Mobility Integration Szenario“ - Modal Split nach Anzahl Pkw-Kilometer in Deutschland  (nur Pkw) Abbildung 3: „High Mobility Integration Szenario“ - Modal Split nach Anzahl Pkw-Kilometer in Deutschland (nur Pkw)