Situation und Geschäftsaussichten der deutschen Automobilzulieferindustrie

Management Befragung Studienleiter: Prof. Stefan Bratzel Bergisch Gladbach, den 24.02.2016

Automobilzulieferindustrie im Aufwind: Knapp 60 Prozent der Zulieferer in Deutschland sehen „gute“ oder „sehr gute“ Geschäftsaussichten für das Jahr 2017.

Größere Automobilzulieferer blicken weiterhin optimistischer in die Zukunft als kleine und mittelständische Unternehmen, die dem insgesamt steigenden Kostendruck stärker ausgesetzt sind.

Qualitätsprobleme werden aufgrund preisgetriebenen Einkaufs steigen.

Die Mehrzahl der Automobilzulieferer glaubt, dass Deutschland als Entwicklungs- und Produktionsstandort künftig an Bedeutung verliert

Automobilzulieferunternehmen auf Wachstumskurs


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Die deutsche Automobilzulieferindustrie hat das abgelaufene Geschäftsjahr erfolgreich abgeschlossen und blickt insgesamt sehr zuversichtlich in das aktuelle und nächste Jahr. Allerdings stellt sich die Situation bei den größeren und stärker internationalisierten Zulieferunternehmen deutlich positiver dar. Das ergab eine aktuelle Befragung des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach (Befragungszeitraum: Januar/Februar 2016). In dem bereits im dritten Jahr durchgeführten Online-Panel antworteten 117 leitende Manager von Automobilzulieferunternehmen in Deutschland zur aktuellen Geschäftslage und den Zukunftsaussichten der Branche.

Die deutschen Zulieferer konnten im zurückliegenden Jahr ihre hohe Wachstumsdynamik aufrechterhalten und bei der Beschäftigung zulegen. Rund 52 Prozent der befragten Unternehmen haben die Mitarbeiterzahl erhöht, während lediglich 11 Prozent Rückgänge zu verzeichnen hatten. Allerdings sieht die Situation bei großen Automobilzulieferern (>500 Mitarbeitern) noch deutlich besser aus: Ihnen gelang es nicht nur weitaus häufiger ihr Beschäftigungsvolumen zu erhöhen (65%). Auch die Einschätzung der Geschäftsaussichten für das aktuelle und das folgende Jahr ist optimistischer: Rund drei Viertel sehen die Geschäftslage "sehr gut" oder "gut", während bei den kleineren Zulieferern (KMU bis 499 Mitarbeiter) nur rund die Hälfte der Befragten die Aussichten für 2016 (56%) für das Jahr 2017 (45%) positiv beurteilen. Auch im Rückblick sind die großen Unternehmen insgesamt zufriedener als die KMU: Hat sich etwa die Nachfragesituation bei 74 Prozent der großen Zulieferer im abgelaufenen Jahr verbessert, so sind es bei den KMU nur 56 Prozent.

Internationalisierung

Die mittelständisch geprägte deutsche Automobilzulieferbranche ist mit ihren Kernfunktionen und Stammbelegschaften in Deutschland stark verwurzelt. Allerdings glaubt mit 54 Prozent die Mehrheit der Automobilzulieferer, dass Deutschland als Produktions- und Entwicklungsstandort künftig an Bedeutung verlieren wird. Entsprechend steigt der Druck zur weiteren Internationalisierung, um nicht Marktanteile zu verlieren. Insbesondere bei den kleineren Zulieferern (>500 Mitarbeiter) ist der Internationalisierungsgrad im Mittel jedoch nur halb so hoch wie bei den großen Playern. Während bereits rund 85 Prozent der großen Zulieferern sowohl im NAFTA-Raum als auch in China präsent sind, liegt dieser Wert bei den KMU bei nur 45 Prozent (Vorjahr: 33%) bzw. 41 Prozent (Vorjahr: 26%). Im Vergleich zum Vorjahr haben jedoch viele KMU den Sprung in diese automobilen Kernmärkte gewagt und weitere wollen diesen Schritt bald gehen. Ein Engagement im NAFTA-Raum erwägen rund 15 Prozent der KMU bzw. 11% in China für die nächsten 5 Jahre.

Im Vergleich zur ersten Befragung 2013 sind die deutschen Automobilzulieferunternehmen in punkto Auslandsengagement jedoch deutlich vorsichtiger geworden. Insbesondere die Russlandkrise schlägt dabei nach wie vor hohe Wellen: Planten im Jahr 2013 noch 23 Prozent der deutschen Zulieferunternehmen, in Russland aktiv zu werden, sind es nach dem Tief 2015 aktuell 12 Prozent.

Kostendruck insbesondere für KMU als existenzbedrohendes Problem

Der hohe Kostendruck zählt zu den großen Belastungsfaktoren im Hersteller-Zulieferer- Verhältnis, insbesondere für die kleineren Zulieferer. Die großen Automobilzulieferunternehmen können sich dagegen dem steigenden Kostendruck der Branche zunehmend besser entziehen. Während die Hälfte der KMU der Aussage zustimmt (voll/bedingt), dass steigender Kostendruck ihre Existenz nachhaltig gefährdet (Vorjahr: 64%), sind es bei den großen Unternehmen nur 31 Prozent (Vorjahr: 41%).

Kostendruck kann sich auch negativ auf die Qualität auswirken. In den vergangenen Jahren ist weltweit die Zahl der zurückgerufenen Fahrzeuge aufgrund von sicherheitsrelevanten Problemen stark gestiegen. Dies betrifft sehr stark auch Zulieferer, die im "preisgetriebenen" Einkauf ein zunehmend größeres Gefahrenpotenzial sehen. Knapp 70 Prozent der Unternehmen gibt mittlerweile an, dass der Einkauf ihres Hauptkunden "preisgetriebenen" ist und zwangsläufig zu Qualitätsproblemen führen wird (Vorjahr: 64%). Indirekt beklagt mit 39 Prozent (Vorjahr: 34) ein wachsender Anteil der deutschen Automobilzulieferer die anonymeren EDV-basierten Auftragsvergabeverfahren, bei denen gute persönliche Beziehungen keine große Rolle mehr spielen würden.

Bedenklich stimmt, dass viele Zulieferunternehmen Zweifel hegen an der Vertrauensbasis zu ihren Kunden. Immerhin 42 Prozent (Vorjahr: 40%) der befragten Zulieferunternehmen meinen, dass ihre Kunden kein wirkliches Interesse daran haben, dass sie nachhaltig wirtschaften und ihre Existenz dadurch sichern können. 56 Prozent sind jedoch anderer Meinung (Vorjahr: 58%). Einig sind sich jedoch die Zulieferer in der wichtigen Rolle von Innovationen. Produkt- bzw. Prozessinnovationen stellen demnach für 86 Prozent der befragten Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil dar.

Hierzu Studienleiter Stefan Bratzel: "Die insgesamt gute Gesamtlage der deutschen Automobilzulieferer darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Polarisierung der Branche zwischen kleinen und großen Automobilzulieferer zugunsten letzterer fortsetzt. Gerade die kleineren Unternehmen stehen mit der weiteren Internationalisierung, den technologischen Veränderungen und dem hohen Kostendruck vor sehr schwierigen Herausforderungen."

Situation und Geschäftsaussichten der deutschen Automobilzulieferindustrie - Anhang 1
Center of Automotive Management GmbH & Co. KG