25 Jahre Naturnahe Forstwirtschaft - neue Insektenarten entdeckt

Sechs Stechimmen-Arten und fünf Käfer-Arten fanden Forscher seit 2019 in den Wäldern rings um Güstrow

Das hat Dr. Till Backhaus, Minister für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern, am Dienstag in Mühl Rosin mitgeteilt. Anlass war eine Bilanz zum Thema „25 Jahre naturnahe Forstwirtschaft“.


Voller Zugriff auf den Tagesanzeiger – Registrieren Sie sich jetzt kostenlos!

Um den vollständigen Artikel im Tagesanzeiger zu lesen, melden Sie sich bitte in Ihrem Themennetzwerke®-Konto an. Die Registrierung bei Themennetzwerke® ist kostenlos und ermöglicht Ihnen den vollständigen Zugang zum Tagesanzeiger und vielem mehr.

Falls Sie den Tagesanzeiger bereits auf kommunalwirtschaft.eu abonniert hatten und davor keinen Themennetzwerke® Account registriert hatten, dann klicken Sie auf den folgenden Link, um Ihr Passwort zu Ihrer bereits registrierten E-Mail-Adresse hinzuzufügen: Passwort für kommunalwirtschaft.eu Abonnenten hinzufügen

Jetzt einloggen Kostenlos registrieren

Außerdem stellte er Ergebnisse eines im Herbst 2018 gestarteten, vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Modellprojektes der Landesforstanstalt zum Schutz von Waldinsekten vor. Deren Populationen gelten durch die zersplitterten Lebensräume als gefährdet.

Die entdeckten Arten sind Neufunde für die Fauna Mecklenburg-Vorpommerns. Eine Käfer-Art ist sogar neu für Mitteleuropa. Aus dem Spektrum der Stechimmen sind die Leisten-Zwergsandbiene und die Wolf-Zwergblatt­lauswespe beispielhaft zu nennen. Aus dem Bereich der Käfer ist etwa ein Ameisenkäfer Stenichnus subseriatus dabei.

Im Rahmen des Projektes namens InsHabNet wurden rings um Güstrow verschieden große Wälder, Feldgehölze, Hecken, Alleen und Einzelbäume ausgewählt und mit Fallen bestückt. In den Jahren 2019 und 2020 erfassen und bestimmen Experten Insekten-Artengruppen mit einem Set geeigneter Fallen an insgesamt 50 Probepunkten.

Im ersten Untersuchungsjahr 2019 wurden

  • 944 Käferarten,
  • zudem 335 nachtaktive Großschmetterlingsarten und
  • 233 Bienen und Wespenarten nachgewiesen.

Zahlreiche dieser Arten sind absolute Raritäten und stehen auf der Roten Liste. In diesem Jahr konnte die Artenliste noch erweitert werden, auch wenn die Fangsaison 2020 noch nicht abgeschlossen ist. Die kompletten Listen werden voraussichtlich im zweiten Quartal 2021 vorliegen und mehr als 1.000 Arten enthalten.

Die Projektmitarbeiter arbeiten parallel an weiteren Datensätzen. Damit lassen sich die Artenlisten der einzelnen Probepunkte nicht nur mit der Waldinsel-Größe in Beziehung setzen, sondern etwa auch mit der Waldstruktur. Dazu zählt die Bodenvegetation, die Baumartenzusammensetzung oder das Alter der Bäume. So erhoffen sich die Experten unter anderem Aussagen dazu, wie sich die Maßnahmen naturnaher Forstwirtschaft auf die Insekten auswirken und ob es Möglichkeiten gibt, das Wirtschaften noch wirkungsvoller zu gestalten.

„Es geht bei diesem Projekt keinesfalls darum, neue Schutzgebiete für Insekten einzurichten. Vielmehr soll erreicht werden, die Erzeugung des nachwachsenden Rohstoffes Holz noch besser, also integrierend, mit dem Artenschutz in Übereinstimmung zu bringen. So wie es das klassische Grundanliegen der naturnahen Forstwirtschaft ist“, sagte der Minister.

Neben dem Forschungsansatz eröffnet das Projekt auch Möglichkeiten für Umsetzungsmaßnahmen. Konkret sind das zum Beispiel die Neuanlage und Ergänzung von Waldrändern und insektenfördernde Maßnahmen zur Wiesenpflege. Dabei werden auf besonders blütenarmen Freiflächen spezielle, für den Wald zusammengestellte Blühmischungen erprobt.

Forschungsprojekte vom Umfang des Projektes InsHabNet werden häufiger an Universitäten und Hochschulen vergeben. „Dabei zeigt der Projektverlauf schon jetzt auf, dass die enge Verbindung zur Landesforstanstalt Vorteile hat. Verschiedenste kleine Ideen zur Umsetzung von Insektenfördermaßnahmen im Wald, die sich im Projektverlauf ergeben, können in den Forstämtern der Landesforst MV zeitnah getestet werden. Und örtliche Erfahrungen können in das Projekt einfließen“, lobte der Minister.

Im Ergebnis werden die Erfahrungen und Projektergebnisse in einem Leitfaden zusammengeführt, der Waldbesitzern als Handreichung für eine insektenfördernde Waldbewirtschaftung dient.

Auf Bundesebene setzt sich der Minister federführend dafür ein, dass insektenfördernde Maßnahmen, wie die Anlage von Bienenhügeln, Wiesenmahd, Waldinnenränder, Schutz und Sicherung von Einzelbäumen auf Kleinstflächen mit in die forstliche GAK-Förderung integriert werden. „Damit könnten dem Privat- und Kommunalwaldbesitzern diese insektenfördernden Maßnahmen finanziert werden, um Wirkung in großer Breite zu entfalten.“

Außerdem zog der Minister am Dienstag Bilanz zum Thema „25 Jahre naturnahe Forstwirtschaft“.

13 Grundsätze wurden 1995 nach breiter Diskussion erarbeitet und für den Landeswald als verbindlich erklärt.

  • mehr Laubholz
  • mehr Mischbestände
  • mehr Alt- und Totholz
  • Waldrandgestaltung

Dies sind nur einige Prinzipien, mit denen erreicht werden soll, dass der Wald allen seinen Funktionen als Klimaschützer, Rohstofflieferant, Wasserspeicher und Erholungsraum bestmöglich gerecht werden kann.

„Naturnahe Forstwirtschaft war für die damalige Zeit schon sehr vorausschauend. Heute ist sie relevanter denn je. Denn die Ergebnisse der Bundeswaldinventur bestätigen eindrucksvoll, dass wir uns den gesteckten Zielen nähern, teilweise sogar zügiger als erwartet“, sagte Minister Backhaus.

Das zeigen zum Beispiel die Anstrengungen beim Waldumbau: Aktuell wachsen im Landeswald auf 54 Prozent der Fläche Nadelbäume und auf 46 Prozent Laubbäume. Innerhalb von zehn Jahren hat die Fläche der Laubbäume um rund 6.500 Hektar zugenommen, von 44 Prozent auf aktuell 46 Prozent.

Bei überwiegend guten Waldstandorten, ca. 75 Prozent der Standorte sind von mittlerer Nährkraft und besser, werden langfristig 50 bis 55 Prozent Laubbäume angestrebt.

Unter den Laubbäumen gewinnt die von Natur aus dominierende Buche am meisten an Fläche dazu. Aktuell liegt der Bestand bei 16 Prozent, Ziel sind 21 Prozent.

Das Mischwaldprinzip gewinnt angesichts zunehmender Risiken für die Wälder nochmals an Bedeutung. „Umso erfreulicher ist es, dass nahezu 75 Prozent der Bestände heute bereits Mischwälder sind. Der Anteil reiner Nadelbaumbestände hat sich innerhalb von zehn Jahren auf 30 Prozent verringert“, sagte der Minister.

Die Umsetzung des Mischwaldprinzips bleibt eine Schwerpunktaufgabe des Waldbaus. Dabei sollen künftig sogenannte Nebenbaumarten mehr berücksichtigt werden, etwa Spitz- und Feldahorn, Linden, Hainbuche und Flatterulme.

Die Sicherung von Alt- und Totholz, insbesondere alte Laubhölzer, ist ebenso ein Grundsatz der naturnahen Forstwirtschaft. Der Erhalt ausreichender Anteile alter Wälder und die Integration von Totholz in den Wirtschaftswald ist für viele Waldarten, insbesondere auch für viele Insektenarten, wichtig. Aktuell nehmen im Landeswald die über 160-jährigen Eichen- und Buchenwälder neun Prozent ihrer Anbaufläche ein.

Auch die Altholzinseln, das sind 0,2 bis fünf Hektar große Altbestände, die temporär bis zu ihrem Zerfall nicht genutzt werden, haben sich waldökologisch als sehr effizient und praktikabel zur Alt- und Totholzsicherung im Wirtschaftswald erwiesen. Seit 2002 wurden in den
Forstämtern etwa 2.000 Altholzinseln mit einer Fläche von über 2.000 Hektar ausgewiesen. Die Altholzinseln verfügen aktuell über einen Holzvorrat von mehr als 560.000 Kubikmeter.

Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern direkter Link zum Artikel