Altlastenbearbeitung mit neuester Technik

Bislang 111 Bodenverunreinigungen im Stadtgebiet saniert

Ein unscheinbarer Container in einem Innenhof zwischen Breiter Straße und Gördelinger Straße entfaltet eine große Wirkung: Hier saniert die Stadtverwaltung derzeit, wie bereits berichtet, gemeinsam mit dem Grundstückseigentümer eine der größten Lösemittelaltlasten in Braunschweig.


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Der Container beherbergt eine moderne Grundwasserreinigungsanlage. Stadtbaurat Heinz-Georg Leuer informierte am Dienstag, 17. Juli, in einem Pressegespräch über die technischen Einzelheiten und gab zudem einen Überblick über den Stand der Altlastenbearbeitung im Stadtgebiet.

„Die Anlage ist auf dem neuesten Stand der Technik, und auch wenn die Verfahrensprinzipien bekannt und bewährt sind, im Detail ist doch manches neu“, so Leuer. „Erstmals im Stadtgebiet wird in der Gördelingerstraße das Grundwasser in einem geschlossenen Container gereinigt. Das hat viele Vorteile: Die Technik funktioniert auch bei Frost, und vor allem werden die Anwohner nur wenig gestört. So kann die Anlage Tag und Nacht laufen und effektiv arbeiten. Auch wird zeitgleich die Bodenluft gereinigt.“ Von ursprünglich zwei Anlagen wird inzwischen nur noch eine benötigt. Das reduziert die Geräuschentwicklung ebenso wie die Kosten.

Die oberen drei bis vier Meter des Bodens, also der Bereich oberhalb des Grundwassers, sind bereits zu einem großen Teil gereinigt. Die Grundwasserreinigung selbst steht erst am Anfang und wird noch über viele Jahre weiterbetrieben werden müssen. Insgesamt wurden schon rund 3,2 Tonnen Lösemittel, Hinterlassenschaft eines Textilreinigungsbetriebs, aus Boden und Grundwasser entfernt.

Die Sanierung auf dem Grundstück Gördelingerstraße ist kein Einzelfall. Altlasten und Altlastensanierungen gab und gibt es an vielen Stellen im Stadtgebiet. Seit Ende der 1980er-Jahre sind rund 190 massive Untergrundverunreinigungen überwiegend aus stillgelegten Industrie- und Gewerbebetrieben bekannt geworden. Zusätzlich existieren ca. 390 Altablagerungen, das heißt überwiegend mit Müll verfüllte Sand- und Tongruben.

Die vergleichsweise hohen Zahlen erklären sich aus der langen Tradition Braunschweigs als Industriestandort. Diese hat herausragende Marksteine der Industriegeschichte hervorgebracht, zugleich aber auch, nicht zuletzt im Zusammenhang mit der massiven Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg, Folgen im Untergrund hinterlassen. Umweltgefährdende Stoffe wurden lange in großem Umfang verwendet, weil man sich der Gefahren nicht bewusst war. Abfälle wurden ortsnah entsorgt, man vertraute auf die Selbstreinigungskraft des Bodens wie des Grundwassers, spezielle Anlagen zur Behandlung von Sondermüll existierten nicht. Auch analytische Verfahren zum Nachweis bestimmter Stoffe innerhalb ihrer ökologischen und gesundheitlichen Wirkungsschwellen wurden erst später entwickelt. Beispielsweise war lange unbekannt, dass chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW) auch Beton durchdringen und jahrzehntelang - wie an der Gördelingerstraße - das Grundwasser belasten können.

Dies änderte sich in den 1970er und -80er Jahren. Seit Ende der 1980er Jahre sammelt die Stadt Braunschweig systematisch Informationen im sogenannten Altlastenkataster. Dieses besteht aus historischen Plänen, Datenbanken zu Altablagerungen, Altstandorten und altlastverdächtigen Flächen sowie aus Gutachten und Einzelakten.

Gezielt wird die Bodenbeschaffenheit bei bekannt gewordenen Schadensfällen und Altablagerungen sowie in den Bereichen erkundet, die städtebaulich entwickelt werden sollen. Denn im Rahmen der Bebauungsplanung garantiert die Kommune mit dem Satzungsbeschluss gesunde Wohn- und Arbeitsbedingungen.

Das Altlastenkataster wird durch systematische Untersuchungen von Betrieben altlastenverdächtiger Branchen - in den letzten Jahren waren dies überwiegend chemische Reinigungen - ergänzt. Langfristiges Ziel ist es, durch Bodenuntersuchungen Verdachtsmomente auszuräumen, um präzise Aussagen treffen zu können, welche Flächen belastet und welche unbelastet sind. Im laufenden Jahr sind elf Flächen untersucht worden.

Bis heute sind in Braunschweig ca. 160 Untergrundverunreinigungen aus Altstandorten bekannt geworden. Aus laufenden Betrieben und Unfällen gab es weitere 30 Schadensfälle. So ergibt sich eine Gesamtzahl von ca. 190 Fällen, in denen der Untergrund durch Schadstoffeintrag kontaminiert wurde.

Mit 109 Fällen dominieren die Verunreinigungen mit Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW), also Erdölprodukten wie Diesel, Heizöl und Motorenöl, die in der Regel durch Bodenaushub beseitigt werden. Den MKW-Schäden folgen die Verunreinigungen mit Chlorkohlenwasserstoffen (CKW) mit 58 Fällen. Die CKW-Schäden stellen fachlich die bedeutendste Schadstoffgruppe dar. Das liegt an der Dauerhaftigkeit, der Mobilität und an der Gefährlichkeit der CKW für den Menschen. CKW-Belastungen breiten sich mit dem Grundwasserstrom aus, bilden also ausgeprägte „Schadstofffahnen“ und wandern nahe der Eintragsbereiche auch in Gebäude.

Den CKW-Schäden folgen anzahlmäßig die Verunreinigungen mit polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) mit 27 Fällen. Zahlenmäßig dahinter liegen wiederum die Kontaminationen mit aromatischen Kohlenwasserstoffen (20 Fälle). An letzter Stelle der Statistik rangieren die Verunreinigungen mit Schwermetallen (14 Fälle). Durch Mischkontaminationen mit mehreren Schadstoffen gibt es Mehrfachnennungen.

Was wurde bislang erreicht?

Der bisherige Erfolg der Altlastensanierung kann an den sanierten Fällen gemessen werden, die allerdings untereinander nur bedingt vergleichbar sind: Von den etwa 190 bekannt gewordenen massiven Untergrundverunreinigungen wurden 111 Fälle bislang saniert. In aller Regel verbleiben nach einer Sanierung Restbelastungen, von denen aber bei Nutzungskonstanz keine konkreten Gefahren mehr ausgehen.

Die bedeutendste Sanierung war bislang der Abriss und der anschließende Bodenaustausch im Zusammenhang mit dem Stibiox-Werk in Querum. Hier wurden insgesamt 204 Tonnen des Schadstoffs Antimon in 42.000 Tonnen Boden oder Bauschutt - das sind ca. 1.700 LKW-Züge - entsorgt.

Eine andere Maßzahl der Altlastensanierung ist die entfernte Menge an CKW, also der bedeutendsten Schadstoffgruppe. In der Gesamtbilanz aller Sanierungsmaßnahmen sind bislang rund 40 Tonnen CKW aus dem Braunschweiger Untergrund entfernt worden. Die CKW wurden dabei wie am Standort Gördelingerstraße in der Regel an Aktivkohle adsorbiert und zusammen mit dieser ordnungsgemäß entsorgt. Es gab und gibt jedoch auch Verfahren, die auf den biologischen oder chemischen Abbau dieser Stoffe setzen.

Wie geht die Stadt mit Altablagerungen um?

Seit 1989 erfolgt in Braunschweig die systematische Erfassung und Untersuchung der Altablagerungen, also der alten „Müllkippen“. Viele kleinere Altlablagerungen sind lediglich registriert, aber mangels besonderer Hinweise auf gefährliche Inhaltsstoffe nicht untersucht. Allein die größeren, bereits gefährdungsabgeschätzten Ablagerungen weisen insgesamt ein Volumen von rund 15 Mio. Kubikmeter oder eine Masse von rund 24 Mio. Tonnen auf.

„Solche Mengen - zumal viele Ablagerungen auch noch überbaut sind - können nicht aus der Welt geschafft werden“, erläutert Stadtbaurat Leuer. „Für die Nutzer der Flächen sind aber gegenwärtig auch keine Gefahren erkennbar.“ 51 Altablagerungen wurden langjährig bzw. werden noch immer regelmäßig überwacht, indem hier das Grundwasser auf Verunreinigungen untersucht wird. Aktuell werden an der Feldstraße zwei Altablagerungen durch Bodenaustausch saniert, um die Flächen für eine Bebauung vorzubereiten.

Umfangreiche Informationen zum Thema sowie die Serviceangebote der Verwaltung im Internet unter www.braunschweig.de/naturschutz, Menü „Boden / Altlasten“.

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