„Einer der artenreichsten Lebensräume der Welt“: Magere Flachland-Mähwiesen brauchen ein spezielles Nutzungs-Konzept

„Einer der artenreichsten Lebensräume der Welt“: Magere Flachland-Mähwiesen brauchen ein spezielles Nutzungs-Konzept
„Einer der artenreichsten Lebensräume der Welt“: Magere Flachland-Mähwiesen brauchen ein spezielles Nutzungs-Konzept

„Im Enzkreis haben wir tatsächlich eine unglaubliche Menge der artenreichsten terrestrischen Lebensräume der Welt.“ Marina Klaus, Natura 2000-Beauftragte im Landratsamt, kommt ins Schwärmen, wenn sie von diesem Lebensraum erzählt, denn „europaweit haben wir herausragend bedeutende Vorkommen der Mageren Flachland-Mähwiesen, der sogenannten FFH-Mähwiesen“.


Voller Zugriff auf den Tagesanzeiger – Registrieren Sie sich jetzt kostenlos!

Um den vollständigen Artikel im Tagesanzeiger zu lesen, melden Sie sich bitte in Ihrem Themennetzwerke®-Konto an. Die Registrierung bei Themennetzwerke® ist kostenlos und ermöglicht Ihnen den vollständigen Zugang zum Tagesanzeiger und vielem mehr.

Falls Sie den Tagesanzeiger bereits auf kommunalwirtschaft.eu abonniert hatten und davor keinen Themennetzwerke® Account registriert hatten, dann klicken Sie auf den folgenden Link, um Ihr Passwort zu Ihrer bereits registrierten E-Mail-Adresse hinzuzufügen: Passwort für kommunalwirtschaft.eu Abonnenten hinzufügen

Jetzt einloggen Kostenlos registrieren

FFH steht für Flora-Fauna-Habitat und bezeichnet eine Regelung der EU, die dem Schutz seltener oder bedrohter Arten und Flächen dient. „Innerhalb von Baden-Württemberg sind wir der Landkreis mit der höchsten Dichte an FFH-Mähwiesen“, sagt Klaus.

Das Besondere der Mageren Flachland-Mähwiesen

„Das Wort ‚mager‘ bezeichnet Böden, die eher arm an Nährstoffen sind“, erklärt Klaus. Es handele sich vorwiegend um

extensiv bewirtschaftete Heu- und Streuobstwiesen, auf denen sich besonders viele und seltene Arten tummeln. Sie sind besonders blütenreich mit zahlreichen blauen und roten spätblühenden Kräutern – eine ideale Heimat für viele heimische Insekten.

„Hier findet man Pflanzenarten wie die Margerite, die Flockenblume, die Ackerwitwenblume oder den Wiesensalbei, die alle einen mageren Boden anzeigen“, erklärt Marina Klaus. Damit der spezifische Charakter und damit die Biodiversität nicht verlorengehen, dürfen die Wiesen wenig oder gar nicht gedüngt und nicht vor der Hauptblütezeit der Gräser gemäht werden.

Nicht zu oft und nicht zu spät schneiden

Ohne Mahd, also das regelmäßige Abmähen, gäbe es den Lebensraum Wiese nicht, wie Klaus erklärt: „Doch zu viel Mahd bedroht Tiere und Pflanzen.“ FFH-Mähwiesen sind traditionelle Heuwiesen, die durch ein- bis dreimaliges Mähen pro Jahr entstanden sind. Würde öfter gemäht, könnten die Blumenarten der Mähwiesen nicht ausreichend Reserven bilden für den Wiederaustrieb. „Um die Verdrängung dieser Arten zu vermeiden, müssen deshalb Nutzungspausen von sechs bis acht Wochen eingehalten werden.“

Einfach sich selbst überlassen, ohne sie zu mähen, darf man die Wiesen aber auch nicht, wie die Fachfrau betont: „Dann werden die Gräser zu hoch und beschatten niedrigwüchsige Kräuter, was sie auf Dauer verdrängen würde.“ Der erste Schnitt sollte frühestens zur Blüte der bestandsbildenden Gräser stattfinden – je nach Witterung und Standort zwischen Mitte Mai und Anfang Juni. Auch der Termin des zweiten Schnittes ist abhängig von der Witterung und dem Wuchstempo der Pflanzen; er sollte frühestens ab Mitte Juli bis August, spätestens Ende September, erfolgen.

FFH-Mähwiesen sollen, auch darauf weist Klaus hin, möglichst mit dem Balkenmäher geschnitten werden: „Ein normaler Rasenmäher zerhackt nicht nur das Gras, sondern auch die meisten Tiere, die sich darin aufhalten – von Käfern und Hummeln bis zu Eidechsen und Fröschen.“ Das Schnittgut soll abtransportiert werden, damit Gräser und Kräuter frisch austreiben können.

Streuobst auf FFH-Mähwiesen

„Streuobstbäume auf magerem Flachland waren früher die übliche Kombination; bessere Standorte waren dem Ackerbau vorbehalten“, sagt Obstbauberater Bernhard Reisch vom Landwirtschaftsamt. Der sicherste Weg zur Erhaltung einer artenreichen mageren Wiese sei es, die bisherige Bewirtschaftung beizubehalten. Deshalb seien auch Nachpflanzungen von Streuobstbäumen als Ersatz grundsätzlich erlaubt. Allerdings sei aufgrund der zunehmenden Dürreperioden gerade bei trockeneren Standorten nicht jede Nachpflanzung sinnvoll.

Auch Neupflanzungen auf Mageren Flachland-Mähwiesen sind unter Umständen möglich – abhängig vom Erhaltungszustand der Wiese und wenn sie an einen bestehenden Streuobstbestand angebunden sind. Die Bäume müssen dann mit mindestens 20 Metern Abstand gesetzt werden, damit kein geschlossenes Kronendach entsteht. Außerdem muss garantiert werden, dass auch unter den Bäumen regelmäßig gemäht wird.

„Grundsätzlich empfehlen wir, angesichts des Klimawandels bei der Neupflanzung von Obstwiesen auf bessere Standorte auszuweichen. Ideal sind leichte Nordhanglagen mit höherer Bodenqualität, weil hier der Trocken- und Hitzestress für die Obstbäume etwas gemildert wird“, rät Reisch.

Im Zweifel beraten die beiden Fachleute Wiesenbesitzer und Streuobst-Bauern gerne: telefonisch unter 07231 308-9478 (Klaus) oder 07231 308-1831 (Reisch) oder per E-Mail an natura2000@enzkreis.de und bernhard.reisch@enzkreis.de.

Landratsamt Enzkreis direkter Link zum Artikel
„Einer der artenreichsten Lebensräume der Welt“: Magere Flachland-Mähwiesen brauchen ein spezielles Nutzungs-Konzept
„Einer der artenreichsten Lebensräume der Welt“: Magere Flachland-Mähwiesen brauchen ein spezielles Nutzungs-Konzept