EuGH: Artenschutz fürs Individuum

Naturschutz & Biodiversität

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat auf Bitte eines schwedischen Gerichts ein Urteil in Sachen Auslegung von EU-Naturschutzrichtlinien contra Abholzungsgenehmigung gefällt.


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Demnach erstreckt sich der EU-Vogelschutz auf alle Vogelpopulationen, wenn nationale Behörden die Genehmigung potenziell schädlicher Aktivitäten in Erwägung ziehen müssen. Das Urteil hat laut Handelsblatt durchaus Folgen für den Ausbau der Windkraft.

Es ging - grob erklärt - um einen geplanten Kahlschlag in Schweden, um im betreffenden Gebiet vorkommende geschützte Arten und die Grundsatzfrage, wie streng der Schutz auszulegen ist, wenn eine Art zwar bedroht ist, aber auch noch andere Populationen an anderen Orten vorkommen und durch ein Bauprojekt nur einzelne Individuen zu Schaden kämen. Drei Natur- und Vogelschutzverbände hatten gegen die Provinzverwaltung Västra Götaland geklagt, weil sie nicht gegen eine geplante Abholzung in einem Waldgebiet in der Gemeinde Härryda (Schweden) tätig geworden war.

Das Gericht legt in seinem Urteil den Schutz der Arten streng aus, damit folgte er nicht der Vorabentscheidung der Generalanwältin Juliane Kokott. Die hatte im letzten September eine weniger strenge Auslegung vorgeschlagen, nach der nur stark gefährdete, nicht aber häufig vorkommende Vogelarten besonderen Schutz genießen sollten, sofern die Beeinträchtigung der Arten nicht bezweckt, sondern nur in Kauf genommen wird. Die Europäische Gesellschaft zum Schutz der Eulen (EGE) schreibt: "Die Verbote der Europäischen Vogelschutzrichtlinie sollten, so die Vorstellung der Juristin, nicht dem Schutz aller europäischen Vogelarten gelten, sondern im Falle nicht bezweckter – also gewissermaßen kollateraler – Schädigungen oder Störungen nur den Arten des Anhanges I dieser Richtlinie oder Arten deren Erhaltungszustand schlecht ist oder die gefährdet sind. Häufigeren Arten sollten die Verbote nicht zugutekommen. Eine Auslegung, die – sollte der EuGH sie bestätigen – für den Vogelschutz in allen Staaten der Union weitreichende Folgen hätte." Für die EGE ist das am 4. März veröffentlichte - strengere - Urteil des EuGH deshalb ein Grund zur Freude: "Es muss insofern weiterhin geprüft werden, welche Arten beispielsweise infolge von Bau oder Betrieb einer Straße oder eines Windparks Störungen oder einem Tötungsrisiko ausgesetzt sein können. Arten, nur weil sie nicht mehr oder noch nicht im Bestand bedroht sind, als nicht 'planungsrelevant' oder für rechtlich belanglos zu erklären, wie es sich Teile von Politik, Wirtschaft und Verwaltung wünschen oder praktizieren, erweisen sich nach diesem Urteil einmal mehr als unionsrechtswidrig."

Der Geschäftsführer des Bundesverbands Windenergie in Deutschland zeigte sich dem Handelblatt über "enttäuscht" über das Urteil. Die Abwägung zwischen Schutz der Individuen und dem Schutz der Population müsse die Legislative nun klären, das EU-Recht gelte auch hier, allerdings sei in Deutschland die Umsetzung etwas anders als in Schweden. Der Ausbau Erneuerbarer Energien verzögere sich unter anderem durch langwierige Genehmigungsverfahren. Der NABU begrüßte laut Handelsblatt das Urteil, da es Rechtssicherheit schaffe und weiterhin sorgfältig geprüft werden müsse, ob es "ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko gebe".

DNR: Deutscher Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V. direkter Link zum Artikel