Glyphosat geht bis 2022 in die Verlängerung

DNR kündigt seine Gesprächsbereitschaft mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium auf

Am Montag haben die EU-Länder dafür gestimmt, das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat für weitere fünf Jahre zu genehmigen. Die alte Lizenz läuft im Dezember ab.


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Um die Verlängerung der Lizenz hatten die EU-Institutionen seit Monaten gerungen. Die EU-Kommission wollte zunächst eine Fortsetzung der Zulassung um zehn, dann sieben, schließlich fünf Jahre. Das Europaparlament hatte sich im Oktober dafür ausgesprochen, Glyphosat ab sofort nur noch sehr eingeschränkt zuzulassen und bis 2022 schrittweise zu verbieten.

Die erforderliche qualifizierte Mehrheit kam zustande, weil Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt im EU-Ministerrat mit Ja stimmte. Damit verstößt Schmidt gegen die Geschäftsordnung der Bundesregierung. Denn das ebenfalls zuständige Bundesumweltministerium (BMUB) hatte sich bis kurz vor der Abstimmung im Rat weiterhin gegen die Zulassungsverlängerung des Ackergiftes ausgesprochen. In einem solchen Fall muss Deutschland sich im EU-Rat der Stimme enthalten.

Mit seinem Alleingang schadet Schmidt sowohl Umwelt und Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen als auch der politischen Kultur in Deutschland. Aus diesem Grund kündigt der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) seine Gesprächsbereitschaft mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) auf. "Wer gegen die Regeln der Regierungspolitik verstößt und die Interessen von Umwelt und Verbrauchern mit Füßen tritt, muss sich nicht wundern, wenn er als verlängerter Arm der Agrarindustrie keine gesellschaftliche Akzeptanz mehr erfährt", sagte DNR-Generalsekretär Florian Schöne. Der DNR werde sich an laufenden Dialogprozessen im Bundeslandwirtschaftsministerium nicht weiter beteiligen und die Mitarbeit in der "Partnerschaft für Landwirtschaft und Umwelt" des BMEL aufkündigen. "Solange sich das BMEL mit seinem Minister nicht an die Absprachen hält, sehen wir keine Grundlagen mehr für eine Gesprächsbereitschaft. Damit erweist Schmidt einer bäuerlichen und umweltfreundlichen Landwirtschaft einen Bärendienst", so Schöne weiter. Der Alleingang im Interesse der Agrarindustrie habe Schmidt bei allen Gesprächspartnern diskreditiert und deutlich gemacht, dass das Schicksal der Landwirtschaft im BMEL nach derzeitigem Zuschnitt nicht gut aufgehoben ist.

Das sieht Bundesumweltministerin Barbara Hendricks auch so. Im Deutschlandfunk sagte sie, die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln könne nicht auf Dauer im Landwirtschaftsministerium bleiben. Vielleicht müsse sie ins Gesundheitsministerium. Im Agrarministerium gebe es "nicht genug Kontrolle und nicht genug Abstand". Zudem verlangte Hendricks nun vertrauensbildende Maßnahmen vonseiten der Union. Eine Entlassung von CSU-Agrarminister Christian Schmidt wäre ein solcher Schritt. Dies liege aber in der Verantwortung der Bundeskanzlerin.

Auch die Grüne Liga fordert die Entlassung von Minister Schmidt. Seine Entscheidung sei eine Ignoranz der Bürgermeinung und ein nicht hinnehmbarer Machtmissbrauch, sagte Pestizidexperte Tomas Brückmann.

Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger spricht von einem "Armutszeugnis" und einem "beispiellosen Foulspiel" Schmidts. Deutschland und die Mehrheit der EU-Länder hätten für ein Ackergift votiert, das alle Pflanzen abtötet und damit ein Hauptverursacher des massiven Artensterbens in der Agrarlandschaft ist. Gleichzeitig hält es die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für wahrscheinlich krebserregend.

NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller bezeichnete das Verhalten Schmidts als skandalösen Kniefall vor der Agrar-Lobby. Er ignoriere den Willen der Bundesbürger und stoße Bundesumweltministerin Barbara Hendricks vor den Kopf. In der EU sprachen sich im Rahmen einer Europäischen Bürgerinitiative (EBI) mehr als eine Million Bürgerinnen und Bürger gegen eine weitere Zulassung des giftigen Mittels aus.

Christian Schmidt rechtfertigte seine Entscheidung damit, dass er mehr durchgesetzt habe, als in der Sache jemals von den beteiligten Ressorts gefordert worden sei.

Im EU-Rat stimmten 18 Mitgliedstaaten für den Vorschlag der Kommission, neun dagegen, ein Land enthielt sich. Glyphosat ist ein äußerst wirksames Unkrautgift und wird weltweit in großen Mengen in der Landwirtschaft eingesetzt.

Der EU-Abgeordnete Sven Giegold (Grüne) sagte: "Wir werden im Europaparlament nicht ruhen, bis die Methode der Zulassungsverfahren nicht geändert ist. Der Sonderausschuss zur Aufklärung der fragwürdigen Entscheidungsvorgänge bei Glyphosat muss jetzt erst recht kommen. Unsere Petition gegen die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat hat bereits knapp 300.000 Unterschriften gesammelt."

Deutscher Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen (DNR) e.V. direkter Link zum Artikel