Schutz der Artenvielfalt

Umweltminister Robert Habeck: "Der Schutz der Biodiversität verlangt enorme Anstrengungen" – Jagd- und Artenschutzbericht 2014 vorgestellt

Der Schutz der Artenvielfalt in Schleswig-Holstein ist eine zentrale Aufgabe. Das machte Umweltminister Robert Habeck heute (18. Dezember 2014) bei der Vorstellung des Jagd- und Artenschutzberichts 2014 in Kiel deutlich.


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"Man sieht oft nicht, was man verliert; die Gesellschaft hat sich an den schleichenden Verlust von Arten gewöhnt. Der Jagd- und Artenschutzbericht aber macht diesen Rückgang sichtbar. Er ist ein Kompendium des Niedergangs und zeigt eindrücklich, wie die Natur unter der Intensivierung der Landwirtschaft, unter dem Bau von Straßen und Gewerbegebieten leidet, wie Lebensräume verschwinden und viele Arten mit ihnen", sagte Habeck. Dabei könne das Ende einer für uns unscheinbaren Art im ökologischen Beziehungsgeflecht unabsehbare Folgen haben.

"Die übergeordneten Probleme sind enorm; die Grundparameter stimmen nicht mehr. Es ist eine Mammutaufgabe, diesem Druck standzuhalten. Und umso wertvoller sind die kleinen, hart errungenen Erfolge im Artenschutz. Sie wären ohne die oft ehrenamtliche Arbeit von Jagd- und Naturschutzverbänden, ohne das haupt- wie ehrenamtliche Engagement vieler Menschen nicht möglich", betonte der Minister.

Naturwald und Biotopverbünde schaffen Oasen für den Artenschutz

Genauso unternehme das Land auf der Grundlage der bundesweiten Biodiversitätsstrategie große Anstrengungen, um dem weiteren Verlust von Arten und Lebensräumen entgegenzuwirken, sagte Habeck. Diese ruhen im Wesentlichen auf drei Säulen: gesetzlicher Biotopschutz (etwa beim Erhalt wertvoller Grünlandflächen oder beim Knickschutz), Leistungen im Rahmen freiwilliger Selbstverpflichtungen des Landes (etwa bei der Ausweisung von Naturwaldflächen) und die Finanzierung von freiwilligen Maßnahmen (etwa Vertragsnaturschutz und verschiedenste Naturschutzprojekte).

Habeck erklärte: "Es geht darum, Oasen zu schaffen, in denen Tiere und Pflanzen Raum haben. Dafür haben wir beispielsweise den Naturwaldanteil den Zielen der Bundesregierung entsprechend erhöht und sind damit bundesweit Vorreiter. Solche Räume des Rückzugs gilt es, im Rahmen unseres landesweiten Biotopverbundsystems miteinander zu vernetzen."

Artensterben bei den Wildbienen: Tiere verlieren Lebensraum

Paradigmatisch zeigt sich der Artenverlust bei der Wildbiene. Von den 296 in Schleswig-Holstein heimischen Arten stehen 163 auf der Roten Liste. 70 Arten davon sind verschollen oder ausgestorben. "Hier zeigt sich das Problem wie in einem Brennglas: Blütenreiche Lebensräume verschwinden; die Bienen verlieren ihr Nahrungsangebot", sagte Habeck. Ziel müsse es sein, wieder mehr Blühvielfalt zu schaffen. Dabei griffen der gesetzliche Biotopschutz und freiwillige Maßnahmen wie der Vertragsnaturschutz ineinander. Auch der einzelne könne viel tun, indem er etwa im heimischen Garten eine blütenreiche Bienenweide pflanze.

Auch die Population der Mäusebussarde gibt Anlass zur Sorge: Sie ist auf begutachteten Probeflächen im Bereich Schleswig/Flensburg seit dem Jahr 2000 auf 31 Prozent des Ausgangsbestandes zurückgegangen. Im Auftrag des Umweltministeriums werden die Ursachen für den Rückgang in den kommenden Jahren untersucht und entsprechende Hilfsmaßnahmen entwickelt.

Die Bestände der Kaninchen sind ebenfalls rückläufig: Wurden in den siebziger Jahren noch 200.000 erlegt (sogenannte Kaninchenstrecke, die als mittelbarer Indikator für die Population gilt) sind es heute 9.400. In manchen Kreisen, etwa Plön und Lauenburg, kommen Wildkaninchen faktisch nicht mehr vor. Ursachen sind neben dem agrarstrukturellen Wandel und zunehmendem Druck durch Prädatoren auch Infektionskrankheiten. De facto wird in weiten Bereichen des Landes das Wildkaninchen aufgrund der Bestandsituation nicht mehr bejagt. Um dem besonderen Schutzbedürfnis des Kaninchens zu entsprechen, wurde mit der neuen Landesjagdverordnung die Jagdzeit auf diese Wildart zudem verkürzt.

Schutzmaßnahmen wirken: Erste Erfolge bei Weißstörchen und Lachseeschwalben

Erfreuliche Entwicklungen zeigten sich dagegen bei den Weißstörchen: Zwar ist der Bestand in den letzten rund 100 Jahren drastisch zurückgegangen (1907: knapp 2700 Storchenpaare), aber immerhin ist mit 270 Brutpaaren der höchste Stand seit 30 Jahren erreicht. "Das ist der intensiven Betreuung durch den Naturschutz zu verdanken. In einigen Gebieten des Landes ist es zudem gelungen, kleine Lebensräume zu sichern, insbesondere in der Eider-Treene-Sorge-Niederung", sagte Habeck.

Beispiel für den Erfolg von Schutzmaßnahmen ist auch das Artenschutzprojekt für die Lachseeschwalbe in Dithmarschen, wo sich die einzige noch verbliebene Brutkolonie in Mitteleuropa befindet: Insgesamt wurden 34 Brutpaare festgestellt, 38 Küken wurden flügge. Damit besteht zumindest theoretisch die Chance, dass die Population wächst. Grund für den Erfolg ist unter anderem ein besserer Schutz vor Prädatoren wie Füchsen durch bessere Zäune.

Schwerpunkt Seehunde: Höchster Bestand seit Beginn der Zählungen

Ein Schwerpunkt des Jagd- und Artenschutzberichtes ist die Situation des Seehundes im Nationalpark Wattenmeer. Seehunde unterliegen zwar dem Jagdrecht, dürfen aber seit 40 Jahren nicht mehr gejagt werden.

Der Seehundbestand hat mit etwa 13 000 Exemplaren einen Höchststand erreicht. "Seehunde sind wilde Tiere, die für den Nationalpark eine hohe Bedeutung haben. Ihr Leben und auch ihr Sterben gehört zu der Natur. Die ehrenamtlich bestellten Seehundjäger im Land kümmern sich mit großem Engagement um die Seehunde und treffen die oft schwere Entscheidung, ob sie im Falle von Krankheiten von ihrem Leiden erlösen müssen. Diese Arbeit verdient Respekt", sagte Habeck auch mit Blick auf das Seehundsterben im November 2014.

Besonderes Augenmerk legt der Bericht auch auf den Tod der Tiere durch Müll im Meer. "Die von Menschen verursachte Vermüllung der Meere lässt Seehunde auf qualvolle Weise sterben – stranguliert durch Netzteile oder verhungert, weil der Magen voll Plastikmüll ist. Das ist unerträglich", sagte Habeck.

Die Auswirkungen der Seehund-Influenza im Herbst konnten im Bericht noch nicht berücksichtigt werden. Angesichts des Gesamtbestandes im Bereich des schleswig-holsteinischen Wattenmeeres ist jedoch nicht davon auszugehen, dass die Erkrankung nachhaltig negative Auswirkungen auf die Seehundpopulation hat.

Weiter hohes Niveau an Bestand an Schalenwild, Niederwild rückläufig

Der Jagd- und Artenschutzbericht zeigt auch, dass die Schalenwildbestände (Rehe, Hirsche, Wildschweine) weiterhin auf einem für das waldarme Bundesland Schleswig-Holstein hohen Niveau sind. Zwar waren die Strecken im Jagdjahr 2013/2014 erstmals für alle Schalenwildarten leicht rückläufig, eine Trendwende kann daraus jedoch noch nicht abgeleitet werden. Die Regulierung der Bestände ist weiterhin eine jagdliche Daueraufgabe. Beim Niederwild (beispielsweise Hasen, Marder, Dachse) hat das Jagdjahr 2013/2014 bei fast allen Arten rückläufige Streckenergebnisse gebracht. Hierfür trägt auch der lange, schneereiche Winter 2012/2013 eine hohe Verantwortung.

Mittel für Artenschutz

In den Jahren 2013 und 2014 wurden jeweils rund 1,8 Millionen Euro (inklusive EU-Mittel) für Maßnahmen des Artenschutzes durch das Umweltministerium bewilligt. Auch im Rahmen der neuen EU-Förderperiode kann damit gerechnet werden, dass die großen Anstrengungen des Landes für den Artenschutz zumindest auf diesem Niveau gehalten werden können. Im Rahmen des Vertragsnaturschutzes wurden 2013 rund 6,8 Millionen und im Jahr 2014 6,9 Millionen Euro durch Land und Europäische Union bereitgestellt. Hinzu kamen in beiden Jahren rund 300.000 Euro für das sogenannte Halligprogramm. Es ist geplant, im kommenden Jahr insgesamt etwa 7,9 Millionen Euro in den Vertragsnaturschutz zu investieren.

Der Jahresbericht 2014 – Jagd und Artenschutz kann telefonisch oder per Email kostenlos angefordert werden (0431/988-7146 oder broschuere@melur.landsh.de

Hinweise zum Austausch von Daten mit der Landesregierung per E-Mail

) und ist im Internet zu finden unter: http://www.schleswig-holstein.de/UmweltLandwirtschaft/DE/NaturschutzForstJagd/ 

Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume direkter Link zum Artikel