Klimaanpassungsgesetz – alles kann, wenig muss

Das Klimaanpassungsgesetz des Bundes (KAnG) setzt erstmals einen bundesweiten Rechtsrahmen für die Klimaanpassung. Ob dieser dazu führt, dass die Kommunen sich zeitnah auf den Klimawandel vorbereiten können, liegt nun in der Hand der Länder.


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Am 1. Juli 2024 ist das Klimaanpassungsgesetz des Bundes (KAnG) in Kraft getreten und setzt erstmals einen gesetzlichen Rahmen für die Klimaanpassung in Bund, Ländern und Kommunen. Die Länder werden mit dem Gesetz aufgefordert, selbst Klimaanpassungsstrategien zu entwickeln und dafür zu sorgen, dass Kommunen eigene Klimaanpassungskonzepte erarbeiten. Der Bund verpflichtet sich im Gegenzug dazu, seine eigene bereits im Jahr 2008 verabschiedete Klimaanpassungsstrategie fortzuentwickeln, neu zu konzipieren und mit messbaren Zielen zu hinterlegen. Das KAnG macht damit Anpassungskonzepte der Kommunen zum zentralen Instrument der Klimaanpassung, wobei es den Ländern große Freiheiten einräumt, wie sie ihre Vorgaben zur Konzepterstellung ausgestalten.

Ein rechtlicher Rahmen für die Klimaanpassung ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, denn alle Kommunen in Deutschland haben mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen. Einzelne regionale katastrophale Starkregen- und Überschwemmungsereignisse sowie Hitze- und Dürreperioden, wie sie in den letzten Jahren immer häufiger vorgekommen sind, fassen die Situation nicht ausreichend zusammen. Die Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland hat über 100 Auswirkungen des Klimawandels in Deutschland festgestellt, die teils miteinander in Wechselwirkungen stehen und die je nach Region variieren. Die Komplexität der individuellen Betroffenheit erfordert ein analytisches und strategisches Vorgehen, um die Kommunen vorzubereiten. Der Fokus des KAnG – die Schaffung konzeptioneller und fachlich begründeter Grundlagen – ist also unabdingbar für die Entwicklung und Umsetzung zielgerichteter Maßnahmen, die die Betroffenheit der einzelnen Kommunen adressieren.

Inhaltlich werden die Länder durch das KAnG aufgefordert, ihre Anforderungen an die kommunalen Konzepte so auszugestalten, dass sie auf einer Klimarisikoanalyse oder einer vergleichbaren Entscheidungsgrundlage basieren (§12 Abs. 3 KAnG). Ein ambitioniertes und grundsätzlich sinnvolles Ziel, denn es gibt große regionale Unterschiede hinsichtlich der Betroffenheit, zudem schaffen fachlich-inhaltlich vergleichbare Konzepte untereinander anschlussfähige Grundlagen. Damit könnten auch regionale Prozesse in Gang gesetzt werden, denn Extremereignisse machen nicht an Gemeinde- oder Kreisgrenzen halt. 

Das KAnG unterstützt auch den langfristigen Aufbau von Kooperationsstrukturen. Nicht nur zwischen Kommunen, auch innerhalb der kommunalen Verwaltungen sollen Anknüpfungspunkte gefunden und Synergien genutzt werden. Einschlägige Planungen der Kommunen – wie Hitzeaktionspläne, Starkregen- und Hochwassergefahrenkarten, Freiraumkonzepte – sollen berücksichtigt und entsprechende Lücken der Klimaanpassung geschlossen werden (§ 12 Abs. 6 KAnG). 

Erstellen jetzt also alle Kommunen in den nächsten Jahren Klimaanpassungskonzepte? Ob wirklich jede einzelne Kommune tätig werden muss, liegt im Ermessen der Länder. Gemäß § 12 Abs. 1 legen sie die Verantwortungsbereiche fest, die für die Erstellung der kommunalen Klimaanpassungskonzepte zuständig sind. Die Länder können ebenso bestimmen, dass Gemeinden unterhalb einer gewissen Größe – auch diese liegt im Ermessen der Länder – keine Konzepte aufstellen müssen, wenn es stattdessen ein kreisweites Konzept gibt, das auch die Zuständigkeiten der Mitgliedsgemeinden berücksichtigt. Es wäre denkbar, dass nur Landkreise und größere Städte aktiv werden müssen. Dies wäre vor allem für kleine Kommunen von Vorteil, die nicht über ausreichend personelle und finanzielle Ressourcen verfügen. Landkreisübergreifende Konzepte würden dafür sorgen, dass schneller flächendeckend Konzepte vorliegen, die Betroffenheiten und Bedarfe jeder Kommune mitgedacht werden müssen und in etwa zeitgleich mit der in Kommunen und im Kreisverbund abgestimmten Umsetzung von Maßnahmen begonnen werden kann.

Fristen zum Festlegen der eigenen Vorgaben gibt es für die Länder nicht. Hier bleibt zu hoffen, dass die Länder einerseits gemeinsam mit ihren Kommunen Lösungen finden, die rasche Fortschritte in der dringend benötigten Klimaanpassung bringen und gleichzeitig die schwierige Personalsituation und generelle Überlastung der Kommunen berücksichtigen. Andererseits wäre auch ein untereinander abgestimmtes und nicht zu unterschiedliches Vorgehen der Länder zu begrüßen, um alle Kommunen und entsprechend ihre Einwohner*innen gleich gut auf den Klimawandel vorzubereiten.

Der große Spielraum der Länder bezüglich ihrer Vorgaben an die Kommunen – zeitlich und inhaltlich – ermöglicht es ihnen, auf ihre jeweiligen verwaltungsstrukturellen, klimatischen und topografischen Besonderheiten einzugehen. Er lässt bei den Kommunen aber auch viele Fragen bezüglich potenzieller Szenarien aufkommen, auf die es aktuell noch keine befriedigenden Antworten gibt. 

Noch ist offen, wie Kommunen ihre neuen Aufgaben finanzieren sollen. Wenn die Länder mit ihren Klimaanpassungsgesetzen die Kommunen zur Konzepterstellung verpflichten, müssen sie diese neue Aufgabe gemäß landesverfassungsrechtlichem Konnexitätsprinzip auch finanzieren. Allerdings sieht der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien im Bund von 2021 eine gemeinsame Finanzierung der Klimaanpassung durch Bund und Länder sowie eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Länder vor, sodass hier noch eine Einigung gefunden werden muss. Der Deutsche Städtetag fordert schon länger die Einführung einer Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung im Grundgesetz. Diese Option würde eine direkte Mitfinanzierung durch den Bund ermöglichen. 

Fraglich ist derzeit auch die Zukunft des Förderprogramms „Förderung von Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ (DAS-Förderung). Über das 2024 auslaufende Programm hat der Bund bislang Erstellung und Umsetzung von kommunalen Klimaanpassungskonzepten sowie Personal für kommunales Klimaanpassungsmanagement gefördert. Es darf aber nur gefördert werden, wo keine gesetzlichen Verpflichtungen bestehen. Da die Anforderungen an die geförderten Konzepte aber über die Anforderungen des KAnG hinausgehen, wäre eine Fortführung der Förderung prinzipiell möglich und aus Sicht der Kommunen wünschenswert.

An einer Stelle entfaltet das KAnG direkt Wirkung für Kommunen: Mit der Einführung des Berücksichtigungsgebots (§8) für Träger öffentlicher Aufgaben sind Kommunen (und weitere Akteure) ab dem kommenden Jahr verpflichtet, in ihren Planungen und Entscheidungen Klimaanpassungsbelange zu berücksichtigen. Dieses Instrument findet in NRW bereits seit 2021 Anwendung. NRW empfiehlt dazu die Anwendung eines vom Difu entwickelten Klimaanpassungschecks für Kommunen in allen kommunalen Planungs- und Entscheidungsprozessen. Die für den Herbst vorgesehene Novelle des Baugesetzbuches mit neuen Festsetzungsmöglichkeiten für Klimaanpassungsmaßnahmen wird das Thema weiter stärken. 

Die bundesweit flächendeckend vorgesehenen Klimaanpassungskonzepte und das Berücksichtigungsgebot gemäß KAnG Bund, die kommende neue vorsorgende Klimaanpassungsstrategie des Bundes und die BauGB-Novelle werden die Klimaanpassung in Deutschland einen großen Schritt voranbringen. Sie zeigen Notwendigkeiten, aber auch Handlungsmöglichkeiten, die nun weiter ausgestaltet werden müssen. Am Zug sind insbesondere die Länder, deren Vorgaben maßgeblich Zuständigkeiten und ein Zeithorizont für die Erstellung kommunaler Konzepte bestimmen werden. Ein zügiges, abgestimmtes Vorgehen der Länder ist mehr als wünschenswert, damit die Klimaanpassungskonzepte in die dringend notwendige Umsetzung gehen können.

Difu: Deutsches Institut für Urbanistik direkter Link zum Artikel