Zunehmende PFAS-Belastung erfordert Lösungsstrategie

Chemikalien

ECHA reicht Gesetzesgrundlage zum Verbot von PFAS-Stoffgruppen ein

PFAS, per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen bzw. Chemikalien, sind schmutz-, wasser- und fettabweisend, zusätzlich thermisch und chemisch sehr stabil. Das macht sie für viele Gebrauchsprodukte – zum Beispiel Kochutensilien, Kosmetika und Textilien – zu sehr beliebten und lange bewährten Materialien.


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Gleichzeitig gelten sie aber auch als extrem langlebig, toxisch und bioakkumulierend. Das sind Eigenschaften, die den PFAS nicht nur den Ruf der „ewigen Chemikalien“, sondern teilweise auch die von „Jahrhundertgiften“ einbrachten. Leberschäden, Schilddrüsenerkrankungen, Fettleibigkeit, Fruchtbarkeitsstörungen oder auch Krebs sollen etliche PFAS verursachen bzw. Erkrankungsrisiken fördern.

Die Forschung steht hier noch am Anfang, aber die Risikofaktoren wurden vom Umweltbundesamt wie auch von europäischen Institutionen entsprechend zur Kenntnis genommen. In Konsequenz hat die Europäische Chemikalienagentur ECHA Anfang dieses Jahres einen Gesetzesentwurf zum vorsorglichen Verbot aller PFAS-Stoffgruppen eingereicht.

Dass im Umgang mit PFAS Handlungsbedarf auch im Sinne einer vorsorgenden Verfahrensweise besteht, ist unstrittig. Warum das so ist, zeigt sich vor allem in der Grund- und Trinkwasserbelastung. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat in einer Untersuchung bundesweit zehn Leitungswasserproben sowie fünf im Handel erhältliche Mineralwasser getestet. Ergebnis: In neun von zehn der untersuchten Leitungswasserproben und in drei von fünf Mineralwasserproben konnten PFAS nachgewiesen werden.

Dass sich die gemessenen Anreicherungen im Rahmen zulässiger Grenzwerte befanden, mag erst einmal beruhigen, dennoch ist das Resultat alarmierend. Denn als persistente Chemikalien sammeln sich PFAS in der Umwelt und im Körper an. Dort bleiben sie dank ihrer extremen Resistenz gegenüber Abbauvorgängen im Grunde für immer enthalten. Das heißt, ein weiterhin erfolgendes Eindringen von PFAS in die Umwelt und den Menschen erhöht über kurz oder lang unvermeidlich die Konzentration hin zum gesundheitlichen Gefährdungsbereich.

Dem trägt der ECHA-Gesetzesentwurf Rechnung. Und doch ist zugleich zu beachten, dass das tatsächliche Risiko unmittelbar im Zusammenhang mit verschiedenen Faktoren variiert und folglich auch bei der Handhabung vor Ort differenziert zu bewerten ist. Denn wie gefährlich die PFAS-Belastung jeweils konkret ist, hängt davon ab, um welche der weit über 10.000 Einzelsubstanzen es sich handelt sowie von der Expositionszeit und -route, dem Konzentrationsgrad, Umfang der kontaminierten Flächen und Eintragsursachen. Auch wenn PFAS unter Laborbedingungen nur bis zu einem bestimmten Grad und unter extrem hohem Aufwand abgebaut werden können, sind diese Methoden in größeren Dimensionen, etwa in der Umwelt- und Wasserwirtschaft, nicht anwendbar.

In Oberflächengewässer gelangen PFAS etwa durch kommunale und industrielle Abwässer. Ins Grundwasser können sie aus Klärschlämmen einsickern, die in der Landwirtschaft als Dünger genutzt werden. Auch durch Löschschäume gelangen PFAS ins Grundwasser. Großflächige wie auch kleinräumige PFAS-Umwelteinträge wurden in nahezu allen Bundesländern registriert, wo Grundwasserproben daraufhin untersucht wurden. 70 Prozent der Messorte wiesen PFAS-Werte auf. Zudem wurden auch in Flüssen wie der Spree oder der Elbe oder auch in Seen wie dem Bodensee PFAS nachgewiesen.

Einen Leitfaden zur Gefährdungsbewertung von PFAS hat das Bundesumweltministerium 2022 herausgegeben. Die Bund-Länder Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) hat daraus PFAS-Geringfügigkeitswerte für das Grundwasser (GFS) abgeleitet. Bewertungsbasis sind die sogenannten TDI-Werte (Tolerable Daily Intake, deutsch: tolerierbare tägliche Aufnahmemenge), sprich Werte, die die Menge eines Stoffes festlegen, der pro Tag über die gesamte Lebensdauer eines Menschen aufgenommen werden kann, ohne zu gesundheitlichen Folgen zu führen. Diese gesetzliche Grundprämisse, nach der sich auch diese PFAS-Vorgaben ausrichten, fixiert § 27 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Nach diesem sind Gewässer so zu bewirtschaften, „dass eine Verschlechterung ihres ökologischen und chemischen Zustands vermieden und ein guter ökologischer und chemischer Zustand erhalten oder erreicht wird.“

Diese Voraussetzung kann Wasserversorger und Kommunen, sobald sie die Gefährdungsgrenzwerte erreicht haben, vor immense wie auch kostenintensive Herausforderungen stellen. Wo bei kleinräumigen Belastungen von Grundwasser oder Boden noch Sanierungsmaßnahmen Abhilfe schaffen können, ist das bei großflächigen Verunreinigungen allein aus Gründen der Verhältnismäßigkeit oft nicht oder nur teilweise möglich. Das gilt bis hin zur Bereitstellung von Beseitigungskapazitäten.

Entscheidend für den Umgang mit PFAS-kontaminiertem Wasser wird somit vor allem die Frage nach Aufbereitungsverfahren. Die gute Nachricht: Es gibt Möglichkeiten, PFAS aus dem Trinkwasser zu filtern. Dies ist beispielsweise mit der sogenannten Umkehrosmose, mit Ionentauschern oder Aktivkohlefiltern möglich, die langkettige PFAS an der Oberfläche binden und somit aus dem Trinkwasser entfernen. Das Fraunhofer-Institut arbeitet gemeinsam mit der Cornelsen Umwelttechnologe GmbH an einer entsprechenden Technologie. Mit dem genannten PerflourAd-Verfahren soll die Aufbereitung PFAS-kontaminierter Gewässer umfänglich und kostengünstig gelingen.

Auch Entsorger wie REMONDIS Industrie Service bieten spezielle Technologien auf Chlordioxid-Basis an, mit denen PFAS chemisch gespalten und dauerhaft isoliert werden können. Innovationen und Lösungsstrategien machen deutlich: Bei der Diskussion um die Sinnhaftigkeit eines generellen PFAS-Verbots sind die technologischen Möglichkeiten der Wasseraufbereitung, ergo Risiko-Reduzierung, unbedingt einzubeziehen.

Redaktion | Sonderabfallwissen direkter Link zum Artikel