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Sie fordern angesichts der aktuell hohen finanziellen Belastungen für private Haushalte und Betriebe einen Verzicht auf die nationale Ausweitung des BEHG und eine einheitliche europäische Lösung.
Die steigenden Inflationsraten sowie die gegenwärtige Energiekrise könnten ohne entschlossenes Gegensteuern der Politik zu erheblichen sozialen Verwerfungen führen. Die drastischen Mehrbelastungen gerade bei den Mietnebenkosten drohen weniger zahlungskräftige Bevölkerungsschichten zu überfordern.
Die Kosten für die Verbraucherinnen und Verbraucher wären erheblich: So rechnet der Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz selbst mit zusätzlichen Kosten für die Verbraucherinnen und Verbraucher von 900 Millionen Euro allein für 2023. Diese Belastung würde, der sogenannten BEHG-Preistreppe folgend, von Jahr zu Jahr weiter steigen.
Am 13. Juli 2022 hat die Bundesregierung den Entwurf einer Novelle des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) beschlossen, mit dem auch die CO2-Emissionen aus der Abfallverbrennung ab 2023 in den nationalen Emissionshandel für Treibhausgase einbezogen werden sollen.
Ein Emissionshandel für Siedlungsmüll besitzt aus Sicht von VKU, GdW und dem Entsorger AVG allerdings keine belegbare Lenkungswirkung im Sinne des Klimaschutzes. Viele Abfälle – häusliche Restabfälle, Abfälle aus dem Gesundheitswesen, schadstoffbelastete Abfälle etc. – müssen im Interesse einer schadlosen Entsorgung thermisch behandelt werden. Eine Ausweichmöglichkeit auf andere „Brennstoffe“ gibt es für die Müllverbrennungsanlagen nicht, ihre vorrangige Aufgabe ist vielmehr die Gewährleistung von Entsorgungssicherheit.
Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU), der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) und der Kölner Entsorger AVG fordern deshalb die Politik dringend dazu auf, auf die CO2-Bepreisung der Siedlungsabfallwirtschaft zu verzichten.
Als VKU, GdW und AVG sind gemeinsam der Überzeugung, dass der Emissionshandel ein wichtiges Instrument für den Klimaschutz ist, haben jedoch große Zweifel, dass dieses Instrument für die thermische Behandlung von Siedlungsabfällen passt. Während es bei der CO2-Bepreisung von Gas oder Öl darum geht, unter anderem die Elektromobilität im Verkehrssektor oder Wärmepumpen im Gebäudebereich zu fördern, können Abfälle nicht durch andere Energieträger ersetzt werden.
Abfälle werden nicht „produziert“, um Energie zu erzeugen, sondern sie fallen bei Produktion und Konsum an und müssen ordnungsgemäß und schadlos entsorgt werden. Die bei der energetischen Verwertung erfolgende Energienutzung macht Abfälle nicht zu „Brennstoffen“ wie Gas oder Öl. Mit anderen Worten: „Öl kann in der Erde bleiben, Abfall aber nicht in der Tonne!“
Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands Kommunaler Interessen (VKU):
„Rund 1 Milliarde Euro Mehrbelastung durch Ausweitung des BEHG auf Siedlungsabfälle – das ist sachlich falsch und kommt zum völlig falschen Zeitpunkt. Die Bundesregierung kann nicht einerseits ein drittes Entlastungspaket schnüren und gleichzeitig zusätzliche Belastungen gerade für die Mieterinnen und Mieter beschließen. Gerade diese wären besonders betroffen, da sie kaum Einfluss auf ihre Abfallgebühren nehmen können. Mit der BEHG-Ausweitung würde zudem ein nationaler Sonderweg beschritten werden. Es entstünde ein starker wirtschaftlicher Druck, Abfälle zur Verbrennung – oder gar zur Deponierung – ins Ausland zu bringen. Durch die Verdrängung von Siedlungsabfällen ins Ausland würde sich Deutschland die eigene Klimabilanz schönrechnen, ohne wirklich etwas für den Klimaschutz erreicht zu haben. Was wir brauchen, ist eine europäische Lösung und keine deutschen Alleingänge.“
Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW):
„Eine weitere finanzielle Belastung der Mieterinnen und Mieter durch höhere Abfallgebühren, zusätzlich zu den explodierenden Energiepreisen, ist unverhältnismäßig und unsozial. Mieterhaushalte werden ohnehin schon durch die geplante CO₂-Bepreisung bei Wohnenergie verstärkt zur Kasse gebeten – obwohl auch diese Abgabe wegen der allgemein hohen und weiter steigenden Energiepreise keine Lenkungswirkung hat. Die im BEHG-Referentenentwurf enthaltene Einnahmeerwartung des Staates von 900 Mio. Euro in 2023 entspricht spiegelbildlich einer entsprechenden Zusatzbelastung der Bürger. Generell müssen staatliche Mehreinnahmen bei den Energiekosten sozial gestaffelt an die finanziell am stärksten betroffenen Haushalte zurückgegeben werden. Da ein zusätzlicher CO₂-Preis auf Siedlungsabfälle aber weder angebracht noch zielführend ist, sollte auf ihn zugunsten der Mieterinnen und Mieter verzichtet und der CO₂-Preis auch auf Wohnenergie für die Dauer der Energiekrise, mindestens aber ein Jahr lang, ausgesetzt werden.“
Andreas Freund, Geschäftsführer Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft Köln mbH (AVG):
„Die Einführung einer nationalen CO2-Abgabe auf die Verbrennung von Abfällen belastet nur die Bürgerinnen und Bürger mit höheren Abfallgebühren und führt nicht zu mehr Klimaschutz und Recycling von Abfällen. Die Instrumente für mehr Recycling haben wir insbesondere im Kreislaufwirtschaftsgesetz, dem Verpackungsgesetz oder der Gewerbeabfallverordnung hinreichend verankert. Es fehlt hier oftmals nur am Vollzug der vorhandenen Regelungen. Eine nur belastende CO2-Abgabe brauchen wir hierzu nicht. Auch besteht die Gefahr, dass insbesondere Gewerbeabfälle künftig verstärkt im europäischen Ausland entsorgt werden, weil das dort dann günstiger ist. Dann fehlen aber die Restabfallmengen zur Bereitstellung von Energie in Form von Strom und Wärme durch die thermischen Abfallbehandlungsanlagen. Das ist in Zeiten, in denen Energie knapp und teuer ist, eine fatale Entwicklung und führt nur zu noch mehr Abhängigkeiten von fossilen Energieträgern.“