Abfall in der Kanalisation

Abfall in der Kanalisation
Abfall in der Kanalisation

Feuchttücher und anderer Abfall, der in der Kanalisation nichts verloren hat, bereiten zunehmend Probleme

Ihnen bleibt nichts anderes übrig: „Wir müssen die Pumpe aufschrauben“, ist sich Jens Peschel vom Eigenbetrieb Hanau Infrastruktur Service (HIS) mit seinem Kollegen Christopher Wallberg einig. Sie kontrollieren auf ihrer regelmäßigen Inspektionstour zu mehr als 40 Pumpstationen im Stadtgebiet gerade die am Herbert-Dröse-Stadion.


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Ihr Versuch, mehrere in die Kanalisation gelangte Feuchttücher per Hand von außen aus der Mechanik der Maschine zu ziehen, ist fehlgeschlagen. Zu fest sitzen die Reinigungsgewebe aus Polyester, Viskose, Zellstoff oder Baumwolle, die in Haushalten unsachgemäß über die Toilettenspülung statt über den Hausmüll „entsorgt“ wurden. Ein Problem, das HIS nach den Worten von Abwasser-Abteilungsleiter Michael Ruess „zunehmend Probleme bereitet“.

In dem kleinen Becken, in das an der Burgallee Abwasser aus den Kanalrohren fließt, bevor die Pumpe ihren Dienst verrichten muss, schwimmt weiterer Hausmüll. Mehrere undefinierbare Deckel liegen im Abwasser, auch sie können der Pumpenmechanik schaden. Hinzu kommen Tampons, Wattestäbchen und Fläschchen. All das müssen Peschel und Wallberg per Hand herausfischen, um eventuellen Schaden von der Pumpe abzuwenden.

Bei ihren Wartungstouren erleben es die HIS-Inspekteure zuweilen auch, dass sich Strumpfhosen in einer Pumpe verhakt haben. Oder einmal sogar eine Jeanshose, wie Ruess berichtet und sich fragt: „Wie die in die Kanalisation gelangt ist, ist einem schon schleierhaft.“

Egal ob Feuchttücher, Damenbinden oder Essensreste, sie in die Kloschüssel zu kippen verbieten allerorten die Abwassersatzungen. Das regelt in der Hanauer Satzung der Paragraf 11. Dort heißt es: „Abfälle und Stoffe, welche die Kanalisation verstopfen, giftige, übelriechende oder explosive Dämpfe und Gase bilden sowie Bau- und Werkstoffe in stärkerem Maß angreifen, dürfen nicht in die Abwasseranlage eingebracht werden.“ Einzeln aufgeführt werden unter anderem Fasern und Textilien – worunter die Feuchttücher fallen.

„Normales Toilettenpapier löst sich rasch auf, zerfällt in Zellulosefasern und wird im Abwasser problemlos transportiert“, erläutert Ruess. Reißfestes Vlies hingegen könne schon in den Kanalrohren hängen bleiben und nach sich ziehen, mit weiteren Feuchtetüchern zu verklumpen. Wo relativ viel Wasser durch die Kanalisation fließe – beispielsweise in der dicht besiedelten Innenstadt - , sei das weniger ein Problem als dort, wo in Randlagen weniger Menschen die Toiletten benutzen. Kommt es dort zu einer Verzopfung, verschafft sich HIS per Kamera ein Bild von der Lage und spült kräftig nach, damit das Schmutzwasser ungehindert zur Kläranlage gepumpt werden kann. Setzt aber zu viel Abfall eine Pumpstation außer Betrieb, gibt es über die notwendigen Inspektionstouren hinaus erste Warnhinweise durch die sogenannte Fernwirkanlage. Deren Überwachungsmonitore sind in der Leitwarte der Kläranlage in der Landstraße aufgereiht. „Dadurch erkennen wir Störungen in den Pumpstationen wesentlich schneller“, sagt Ruess. Freilich könnten sie nicht die Kontrollen durch Fachleute vor Ort ersetzen. Die müssten darüber hinaus die Pumpstationen abfahren, um Ölwechsel bei den Pumpen vorzunehmen, zerschlissene Teile zu ersetzen, die Elektronik zu kontrollieren und nachzuschauen, ob es Vandalismus an den Gebäuden gegeben hat. 70 Stunden pro Arbeitswoche sind stets zwei HIS-Inspekteure gemäß ihrem Tourenplan unterwegs und schauen nach dem Rechten. Jede Station fahren sie mindestens einmal im Monat an.

Welche wo zu finden ist, lässt sich auf den Monitoren in der Leitwarte ablesen. Weitere Kontrolldaten sind die über den Wasserstand, was bei Starkregen von Belang ist, um im Bedarfsfall reagieren und größere Wassermengen in den Vorfluter Main abpumpen zu können.

Über 50.000 Datenpunkte überwacht HIS von der Warte aus regelmäßig. Weitere kommen hinzu, wenn künftig Pumpstationen auf noch nicht umgebauten Konversionsflächen notwendig werden. HIS erneuert gerade seine Fernwirkanlage für rund 800.000 Euro, weil Betriebssystem und Software der ersten, vor einem Jahrzehnt angeschafften Variante veraltet sind.

Was an Müll, der falsch im Abwasser landet, letztlich in der Kläranlage landet, lässt sich dort eindrucksvoll an den großen Rechenwerken nachvollziehen. Dort hängen wiederum Feuchttücher fest, wie der zufällige Blick hinter die Schutzklappe zeigt. Die Container, in denen die Reststoffe aus der Kanalisation landen, bergen übers Jahr rund 400 Tonnen Feststoffe sowie etwa 200 Tonnen Sand und Splitt. Vor allem aber entstehen rund 10.000 Tonnen Klärschlamm. Die Feststoffe werden in Kompostieranlagen zum Abstützen der Mieten gebraucht, der Klärschlamm wird verbrannt.

„Was wir in der Kläranlage aber mit Abstand am meisten produzieren, ist sauberes Wasser“, hebt Ruess hervor. 15 Milliarden Liter gelangen pro Jahr in den Main – ohne Feuchttücher oder sonstigen Müll.

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