Armleuchteralgen in Klarwasserseen: Unterwasserrasen sollen re-etabliert werden

Selbstständige Wiederbesiedlung mit Armleuchteralgen möglich, so der Bfn

Seen, in denen Armleuchteralgen (Characeen) wachsen, sind besonders klare und nährstoffarme Gewässer. Die stark gefährdeten, urtümlichen Algenarten kommen hierzulande vor allem in den Klarwasserseen Nordostdeutschlands und im Alpenvorland vor.


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In Deutschland geht der Bestand der Armleuchteralgen jedoch seit Jahren zurück. Das vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesumweltministeriums geförderte Projekt "CharaSeen" soll die Ursachen dafür erforschen und Erkenntnisse liefern, die helfen diesen Rückgang langfristig aufzuhalten. Von den Ergebnissen der Voruntersuchungen machte sich BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel heute gemeinsam mit den Projekt-Beteiligten und -Partnern am Wuckersee in der Schorfheide selbst ein Bild.

"Armleuchteralgen können großflächige Unterwasserrasen bilden, die vielen Unterwasserorganismen einen wertvollen Lebensraum bieten. Diese Algenrasen stehen zugleich für saubere Gewässer, sie speichern Nährstoffe und verringern das Aufwirbeln von Sedimenten", sagte BfN-Präsidentin Jessel. Fünf Characeen-Arten haben in Deutschland ihr weltweites Schwerpunktvorkommen. "Um den Rückgang dieser stark gefährdeten Arten zu stoppen, ist ein gezieltes Management erforderlich und dafür müssen wir die Gefährdungsursachen genau kennen. Diese Kenntnisse liefert das Projektteam von 'CharaSeen' jetzt mit seiner Analyse von 60 Seen."

In dem Erprobungs- und Entwicklungs-Vorhaben untersucht der Förderverein Feldberg-Uckermärkische Seenlandschaft seit 2016 die Ursachen des Rückgangs der Characeen-Bestände. Viele der Analysen hat das Projektteam mit der Unterstützung von Ehrenamtlichen durchgeführt. Am Wuckersee und in 31 weiteren Seen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sollen ab 2019 dann neue Maßnahmen zur Re-Etablierung der Armleuchteralgen-Grundrasen entwickelt und getestet werden.

"Unsere Tauchkartierungen belegen, dass die Characeen in den Seen auch aktuell noch in schlechtem Zustand sind", so Projektleiter Dr. Andreas Hussner vom Förderverein Feldberg-Uckermärkische Seenlandschaft. Nur in wenigen Gewässern waren noch großflächige Armleuchteralgen-Grundrasen anzutreffen. "Die bisherigen Untersuchungen zeigen, dass der Rückgang der Characeen sehr wahrscheinlich durch eine Kombination verschiedener Störfaktoren begründet ist." Die Projektträger konnten dokumentieren, dass die Nährstoffverfügbarkeit in einigen Seen zunimmt und sich in manchen Gewässern zudem eine starke Abnahme im Kalkgehalt ergeben haben. "In Seen mit deutlich erhöhtem Nährstoffgehalt in den Zuflüssen muss deshalb im Projekt eine Verringerung des Nährstoffeintrags erreicht werden", sagt Projektleiter Hussner. Den Untersuchungen zufolge kann jedoch in vielen Seen von einer selbstständigen Wiederbesiedlung der Algen ausgegangen werden, sobald die Störfaktoren durch die geplanten Maßnahmen beseitigt sind.

Die Voruntersuchungen für das E+E-Vorhaben wurden seit 2016 durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums und der Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, der NABU-Stiftung Nationales Naturerbe sowie des WWF Deutschland gefördert. Die Voruntersuchung wird durch das BfN mit rund 565.000 Euro gefördert, hinzu kamen über 150.000 Euro vom Land Brandenburg für weiterführende Untersuchungen sowie jeweils 25.000 Euro von der NABU-Stiftung und 25.000 Euro von WWF Deutschland und weitere Fördermittel des Projektträgers. Ab 2019 ist an einer Auswahl der Seen die praktische Erprobung der abgeleiteten Maßnahmen geplant.

Hintergrund

E+E-Vorhaben "Re-Etablierung von Characeen-Grundrasen in natürlichen kalkreichen Seen Nordostdeutschlands (CharaSeen)"
Armleuchteralgen (Characeen) sind eine Gruppe der Unterwasserpflanzen, die bei nicht gestörten Standortbedingungen großflächige Unterwasserrasen ausbilden. Sie kommen auch im Mosaik von Röhricht- oder Schwimmblattgesellschaften vor. In Deutschland haben sie ihren Verbreitungsschwerpunkt in den während der Eiszeit entstandenen nährstoffarmen kalkreichen Seen Brandenburgs, Mecklenburg-Vorpommerns, Schleswig-Holsteins und des Alpenvorlands, sogenannten Klarwasserseen. Die meisten Characeen-Arten sind nur bei nährstoffarmen Verhältnissen konkurrenzkräftig und gelten wegen der zunehmenden Anreicherung mit Nährstoffen in vielen Seen schon seit Langem als gefährdet. Ihr Lebensraum, "Oligo- bis mesotrophe kalkhaltige Stillgewässer mit benthischer Armleuchteralgen-Vegetation (Characeae)", wurde von der EU deshalb auch in die Liste der zu schützenden Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie aufgenommen. Da seit den 1990er Jahren durch verschiedene Maßnahmen und Entwicklungen in vielen Seen eine Verringerung der Nährstoffbelastung eingetreten ist, die zu einer Verbesserung der Wasserqualität geführt hat, ging man zunächst davon aus, dass sich die Characeen-Bestände wieder stabilisieren würden. Seit ca. 15 Jahren ist trotz naturschutzrechtlicher Sicherung vieler Seen ein weiterer deutlicher Rückgang der Characeenbestände zu beobachten.

Mit dem E+E-Vorhaben "CharaSeen" sollen daher geeignete Maßnahmen entwickelt und modellhaft erprobt werden, die den Rückgang der Characeenrasen effizient stoppen bzw. langfristig umkehren können. Erprobt wird beispielsweise, den Nährstoffeintrag in Seen zu verringern, indem die Nährstoffzufuhr in den Zuflüssen reduziert wird. In Seen, in denen nur geringe Mengen von Oosporen vorhanden sind, sollen zusätzlich keimfähige Oosporen eingebracht werden, aus denen Characeen heranwachsen können. Hieraus sollen belastbare Empfehlungen für eine möglichst breite Umsetzung abgeleitet werden. Als Grundlage für die praktische Erprobung waren zunächst Voruntersuchungen erforderlich, um an ausgewählten Seen die konkreten Ursachen für den anhaltenden Rückgang zu ermitteln und die Realisierungsmöglichkeiten entsprechender Maßnahmen abschätzen zu können. Der Förderverein Feldberg-Uckermärkische Seenlandschaft e.V. führt hierzu seit Ende 2016 an 60 Seen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern Untersuchungen durch, die Ende 2018 abgeschlossen sind. Ab 2019 ist an 32 dieser Seen die praktische Erprobung der aus der Voruntersuchung abgeleiteten Maßnahmen im Rahmen eines E+E-Hauptvorhabens geplant.

Förderung von Erprobungs- und Entwicklungs-Vorhaben (E+E)

Das E+E-Programm ist das Förderinstrument des Bundes zur Erprobung neuer Naturschutzmethoden und -konzepte. Der Fördertitel des Bundesumweltministeriums wurde 1987 eingerichtet. Damit können Modellprojekte gefördert werden, die innovative Ansätze oder neuartige Kombinationen bekannter Maßnahmen praktisch erproben und weiterentwickeln. Ziel ist die Ableitung belastbarer Handlungsempfehlungen, die eine breite Übertragbarkeit der erprobten Ansätze ermöglichen.

Dazu wird die praktische Umsetzung im Hauptvorhaben stets durch wissenschaftliche Untersuchungen begleitet, die der Erfolgskontrolle und gegebenenfalls notwendige Nachsteuerung im Projektverlauf dienen. Falls nötig, können vor der praktischen Erprobung zusätzliche Voruntersuchungen gefördert werden.Der Fördertitel wird fachlich und administrativ vom BfN betreut. Seit 1987 wurden insgesamt mehr als 140 Millionen Euro Bundesmittel für die E+E-Förderung zur Verfügung gestellt, momentan liegt das jährliche Fördervolumen bei knapp 3 Millionen Euro. Die inhaltliche Bandbreite reicht vom Schutz oder der Wiedereinbürgerung gefährdeter Tiere und Pflanzen über die Erhaltung, Wiederherstellung und Vernetzung von Lebensräumen, naturschutzgerechte Regionalentwicklung, Naturschutz im urbanen Umfeld und Naturschutzmaßnahmen zum Klimaschutz bis zur Akzeptanzsteigerung für den Naturschutz. Förderkriterien sind Naturschutzzielsetzung, Bundesinteresse, Neuartigkeit und Modellcharakter der Vorhaben. Weitere Informationen:

www.bfn.de/foerderung/e-e-vorhaben.html

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