Immer effizientere Arbeit

Die Kläranlage in Niederselters mit ihren Türmen zur Phosphatfällung ist eine von 213 in den fünf mittelhessischen Landkreisen.
Die Kläranlage in Niederselters mit ihren Türmen zur Phosphatfällung ist eine von 213 in den fünf mittelhessischen Landkreisen.

Leistungsvergleich der kommunalen 213 Kläranlagen in Mittelhessen: Phosphor-Belastung nach Investitionen um mehr als die Hälfte reduziert

Das Engagement der Städte und Gemeinden zahlt sich aus: Die Phosphor-Belastung konnte durch Investitionen in den mittelhessischen Klärwerken um mehr als die Hälfte reduziert werden.


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Auch das Thema Sauerstoffhaushalt hat sich sehr positiv entwickelt, wie das zuständige Regierungspräsidium Gießen berichtet. Aus regionaler Sicht besonders interessant sind die 213 Kläranlagen, die es im Regierungsbezirk in den fünf Landkreisen zwischen Limburg und Schlitz sowie Münchhausen und Hungen gibt. Diese arbeiten immer effizienter, indem sie wichtige Maßnahmen konsequent umsetzen.

Einmal im Jahr wird von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. ein bundesweiter Leistungsvergleich kommunaler Kläranlagen durchgeführt. „Ziel ist es dabei, den Stand der Abwasserreinigung zu erfassen“, erklärt Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich bei der Vorstellung. Daran nehmen neben 5220 deutschen auch Kläranlagen aus Österreich und Südtirol teil. Insgesamt sind aktuell 6000 Kläranlagen in dem umfangreichen Zahlenwerk ausgewertet worden.

Auffallend ist aus Sicht der RP-Experten, dass auch während der Corona-Pandemie das hohe Niveau der Abwasserbehandlung aufrechterhalten werden konnte. „Dies werten wir beim RP Gießen als einen Beleg für das große Engagement und die qualifizierte Arbeit des Betriebspersonals, was auch unter den zeitweise sehr schwierigen Pandemie-Bedingungen funktioniert hat“, berichtet Frank Reißig, Leiter des RP-Dezernats „Kommunales Abwasser/Gewässergüte“.

Grundsätzlich ist laut Dr. Veronika Wesp, Dezernentin im zuständigen Dezernat, festzustellen, dass das bereits in den Vorjahren erreichte hohe Niveau gehalten und teilweise noch verbessert werden konnte. „Insbesondere bei dem Nährstoffparameter Phosphor sind deutliche Verbesserungen festzustellen.“ Um einen guten Zustand der Gewässer nach der europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu gewährleisten, wurden in Hessen die Reinigungsanforderungen für Phosphor zuletzt verschärft. Erhöhte Konzentrationen von Phosphor können zu einer sogenannten Eutrophierung führen, das heißt: zu einer Sauerstoffverknappung durch eine Algenblüte.

Viele Kläranlagen wurden deshalb seit dem Jahr 2015 ausgebaut und optimiert. „Hier haben die Gemeinden und Städte teils erheblich investiert, mit Erfolg“, wie Veronika Wesp berichtet. „Die Phosphor-Einträge aus hessischen Kläranlagen konnten von 710 Tonnen pro Jahr auf 346 mehr als halbiert werden.“ Die im Rahmen des Leistungsvergleichs erhobenen Daten zeigen, dass 92 Prozent des im Abwasser enthaltenen Phosphors durch leistungsfähige Kläranlagen zurückgehalten werden konnten.

Daneben gehört die weitest mögliche Reduzierung von sauerstoffzehrenden Stoffen und Stickstoffen zu den wesentlichen Kriterien, die in dem Leistungsvergleich bewertet werden. Der Eintrag von sauerstoffzehrenden Stoffen wird als Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB) gemessen. Er kann erhebliche Auswirkungen auf den Sauerstoffhaushalt der Gewässer bzw. die biologische Gewässergüte haben. Wird zu viel Abwasser und damit eine zu hohe CSB-Fracht in die Gewässer eingeleitet, führt dies zu einer starken Verödung.

In Hessen waren 1970 diesbezüglich nur ein Drittel der Fließgewässer in einem guten oder sehr guten Zustand, rund ein weiteres Drittel (32 Prozent) waren hingegen in einem schlechten Zustand. Letzteres bedeutet zum Beispiel, dass Fische nicht dauerhaft überleben können. „Durch den flächendeckenden Bau von Kläranlagen konnte das Problem weitgehend gelöst werden“, erläutert Veronika Wesp. Fließgewässer, die sich in Punkto Sauerstoffhaushalt in einem schlechten Zustand befinden, gibt es demnach nicht mehr. Nach der aktuellen hessischen Gewässergütekarte von 2021 befinden sich aktuell 87 Prozent der Fließgewässer in einem mindestens guten Zustand und entsprechen somit in dieser Hinsicht den geltenden Anforderungen. 13 Prozent der Fließgewässer sind aktuell noch in die Kategorien mäßig oder unbefriedigend eingestuft.

Um einen guten ökologischen und einen guten chemischen Zustand nach den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie aber tatsächlich in allen Gewässern zu erreichen, besteht noch weiterer Handlungsbedarf. „Zumal geht die natürliche Wasserführung in sehr trockenen Sommern in einigen mittelhessischen Fließgewässern soweit zurück, dass der Abwasseranteil in diesen Gewässern teilweise deutlich über die Hälfte ansteigt“, berichtet Dezernatsleiter Reißig.

Eines dieser Gewässergüteprobleme sind die punktuell teilweise nach wie vor zu hohen Belastungen mit Ammonium. Dieses kommt unter anderem durch große Mengen Harnstoff und Stickstoffdünger in das Wasser und ist an sich nicht unmittelbar umweltschädlich. „Es steht aber mit Ammoniak im chemischen Gleichgewicht, bei höheren pH-Werten verschiebt sich das Gleichgewicht in Richtung Ammoniak“, erläutert Veronika Wesp weiter. Dieses wiederum wirkt bereits bei geringen Konzentrationen auf Fische und andere Lebewesen toxisch, was heißt: Sie können sterben. „Für einige Kläranlagen werden deshalb zusätzliche technische Maßnahmen erforderlich, um jederzeit eine gute Gewässerqualität zu gewährleisten.“ Diese Aufgabe, so die Zielstellung der Landesregierung, soll in den nächsten fünf Jahren im Zuge der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie gezielt angegangen und gelöst werden.

Regierungspräsidium Gießen direkter Link zum Artikel
Eine von 213 in den fünf mittelhessischen Landkreisen: Ausschnitt der Kläranlage Marburg-Cappel mit Blick auf die Faultürme als Symbolbild einer modernen Kläranlage. Eine von 213 in den fünf mittelhessischen Landkreisen: Ausschnitt der Kläranlage Marburg-Cappel mit Blick auf die Faultürme als Symbolbild einer modernen Kläranlage.