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„Aber es zeigt sich, dass die menschlichen Eingriffe der Vergangenheit in Form von Begradigungen und die Belastung der Flüsse mit Abwässern oder anderen Substanzen diesen wertvollen Lebensraum massiv belastet haben.“ Rund 60 Prozent der Gewässer in NRW sind erheblich verändert oder künstlich angelegt. Nur noch etwa sechs Prozent der Flüsse und Seen verfügen nach Untersuchungen des Landesumweltamtes (LANUV) über ein intaktes Öko-System – mit entsprechenden Folgen für die Tier- und Pflanzenarten in und an den Gewässern. Von 51 heimischen Fischarten sind 16 akut bedroht oder bereits ausgestorben. „Unsere Gewässer verbinden Städte und Dörfer, prägen unser Landschaftsbild, sind Erlebnisräume, Trinkwasserreservoire und bedeutende Lebens- und Entwicklungsadern für unsere faszinierende Artenvielfalt. Sie sind ein reichhaltiger Schatz, den wir bewahren und schützen müssen. Wir brauchen mehr lebendige Gewässer und die Landesregierung setzt genau hier an“, sagte Minister Remmel.
Besorgniserregend ist auch die Situation der Fischarten in den Flüssen und Seen in NRW: Neben den 16 akut bedrohten oder bereits ausgestorbenen Fischarten (von 51) stehen weitere 6 auf der Vorwarnliste (Bitterling, Brassen, Hecht, Nase, Rotfeder, Ukelei).
Die Gefährdungskategorien der Fischarten im Einzelnen:
- Ausgestorben oder verschollen
Finte, Maifisch, Stint, Stör
- Vom Aussterben bedroht
Meerneunauge, Schlammpeitzger und Nordsee-Schnäpel
- Stark gefährdet oder gefährdet
Aal, Lachs, Quappe und Schneider, Äsche, Flussneunauge und Steinbeißer
- Gefährdung unbekannten Ausmaßes oder durch extreme Seltenheit
Flunder, Kleine Maräne
Wie sich die Veränderungen an den nordrhein-westfälischen Flüssen auswirken, zeigt sich insbesondere an den Wanderfischen wie Lachs, Stör, Nordseeschnäpel oder Maifisch. Viele dieser Wanderfische waren ausgestorben oder nur noch in Restbeständen vorhanden. Zur Wiederansiedlung wurde im Jahr 1998 das NRW-Wanderfischprogramm gestartet mit dem Ziel, einstmals ausgestorbene oder verschollene heimische Fischarten wieder in die Gewässer Nordrhein-Westfalens zu bringen oder deren Bestand zu erhalten. „Mit dem Programm haben wir gezeigt, dass ein ambitionierter Naturschutz wirkt. Mit dem Maifisch und dem Lachs sind zwei einstmals heimische Fischarten nach Jahrzehnten wieder in unsere Flüsse zurückgekehrt, die wegen Überfischung und der schlechten Gewässerqualität schon ausgestorben waren“, sagte Minister Remmel, der heute in Köln-Poll junge Maifische im Rhein aussetzte.
Noch zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts war der Maifisch in NRW weit verbreitet. Obwohl der Bestand zu dieser Zeit schon geschwächt war, stiegen noch hunderttausende der schmackhaften Fische den Rhein und seine größeren Zuflüsse hinauf, insbesondere entlang des Rheins. Die immer intensiver betriebene Fischerei verbunden mit der Zerstörung der natürlichen Lebensräume durch die Begradigung des Rheins, die Errichtung von Wanderhindernissen und eine sich verschlechternde Wasserqualität, ließen die ehemalige Massenfischart binnen weniger Dekaden im Rhein aussterben.
In Köln-Poll hatte der Maifischfang eine besonders lange Tradition, die auch heute noch sichtbar ist. Der Bürgerverein „Poller Maigeloog“ und die Maifischgasse erinnern an den Fang der Maifische am Kölner Rheinufer. In Köln wurde der Maifisch auch als „Löhrgasser Salm“ bezeichnet. Die Löhrgasse in der Kölner Altstadt, die heute Agrippastraße heißt, war früher für ihre vielen Arbeiterkneipen berühmt und berüchtigt. Der Maifisch, der zu Tausenden den Rhein hinaufzog, war folglich der „Lachs der armen Leute“.
Wanderfischprogramm erfolgreich – Kooperation mit Hessen
Im Jahr 2014 kehrten erstmals seit dem Zusammenbruch der Maifischbestände in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts wieder hunderte der bis zu drei Kilogramm schweren Fische in den Rhein und seine Nebenflüsse zurück. Das Projekt zur Wiederansiedlung läuft seit 2007. 10,8 Millionen junge Maifische sind in dieser Zeit eingesetzt worden. „Die vielen Jahre der Arbeit machen sich jetzt endlich bezahlt, denn am Oberrhein pflanzen sich die Maifische bereits natürlich fort. Das ist ein großer Erfolg für den Artenschutz und ein sehr erfreuliches Beispiel für eine gelungene Kooperation über Länder- und selbst über Staatengrenzen hinweg. Der Erhalt der biologischen Vielfalt ist eine Aufgabe der wir uns alle gemeinsam stellen müssen“, sagte die Staatssekretärin im hessischen Umweltministerium, Beatrix Tappeser, die zusammen mit Minister Remmel an der Maifisch-Veranstaltung in Köln teilnahm. Das Wiederansiedlungsprojekt, bei dem Nordrhein-Westfalen die Federführung hat, wird von der Europäischen Union finanziell gefördert. Neben Nordrhein-Westfalen und Hessen sind auch die Niederlande und Frankreich an dem Life+-Projekt beteiligt. Die jungen Maifische für die Besatzmaßnahme stammen aus den Flüssen Garonne und Dordogne, die durch Hessens französischer Partnerregion Aquitaine fließen. Der heringsartige Maifisch wird 50 bis 70 Zentimeter lang und bis zu drei Kilogramm schwer. Er verbringt den größten Teil seines Lebens im Meer. Wie der Lachs kommt der Maifisch einmal in seinem Leben vom Meer zurück in die Flüsse um abzulaichen.
Nordrhein-Westfalen ist das Rheinanliegerland, in dem die meisten zurückkehrenden Lachse gezählt werden. Jeden Herbst steigen hunderte Lachse die Flüsse herauf, um hier abzulaichen. Seit dem Beginn der Wiederansiedlungsbemühungen wurden mehrere tausend Lachs-Rückkehrer nachgewiesen. In Teileinzugsgebieten der Sieg gibt es bereits eine Naturvermehrung wie in natürlichen Lachsflüssen.
Erfolge gibt es auch bei der Wiederansiedlung des Nordseeschnäpels. Der einstmals in NRW ausgestorbene Wanderfisch aus der Familie der Lachse pflanzt sich bereits seit 2006 ohne künstliche Aussetzung von Jungtieren im Rheindelta am Niederrhein fort. Zwischen 1996 und 2006 wurden regelmäßig junge Nordseeschnäpel am unteren Niederrhein ausgesetzt.
„Eine dauerhafte Wiederansiedlung der Wanderfische kann allerdings nur gelingen, wenn auch die Maßnahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie zur Verbesserung der Lebensräume und Wanderstrecken konsequent umgesetzt werden. Unser Ziel sind lebendige Gewässer. Deshalb haben wir die Weichen dafür gestellt“, sagte Minister Remmel mit Blick auf die Fortsetzung des Wanderfischprogramms bis 2020.
Neben den gefährdeten Fischarten sind in den heimischen Gewässern weitere Tierarten akut bedroht, etwa auch der Edelkrebs oder die Flussperlmuschel. Der Edelkrebs zählte früher in nahezu allen Gewässern in Nordrhein-Westfalen zum natürlichen Arteninventar. Infolge der Einschleppung der Krebspest durch die nicht heimischen amerikanischen Flusskrebse wurden die Bestände fast ausgelöscht. Heute existieren landesweit nur noch etwa 100 Fundorte. Noch seltener ist die Flussperlmuschel, die nur noch in der Eifel an einem Standort existiert. Von dieser Population wurden 2006/2007 Jungmuscheln gewonnen, die derzeit weiter aufgezogen werden. Aufgrund der komplizierten Vermehrungsstrategie der Perlmuschel gestalten sich bestandserhaltende Maßnahmen für die Art eher aufwändig und kompliziert.
Weitere Informationen…
"Lebendige Gewässer" – Fotowettbewerb gestartet
IIm Frühjahr haben die Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege und das NRW-Umweltministerium ihren neuen Fotowettbewerb gestartet. Das Thema ist diesmal „Lebendige Gewässer“. Zugelassen sind digitale Fotografien, die Gewässer als Lebensräume von Tieren und Pflanzen abbilden. Bei der Motivwahl kann ein Gewässer als Landschaft im Vordergrund stehen, aber auch heimische Tiere und Pflanzen am oder im Lebensraum Wasser sind mögliche Motive. Einsendeschluss ist der 19. März 2016.
Mit diesem Wettbewerb nehmen das NRW-Umweltministerium und die Nordrhein-Westfalen-Stiftung erneut ein wichtiges Naturschutz-Thema in den Fokus: Natürliche und naturnahe Seen, Bäche und Flüsse sind Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten und ein wichtiger Baustein zum Erhalt unserer biologischen Vielfalt. Zudem leisten Bäche und Flüsse und ihre Auen einen wichtigen Beitrag zum Hochwasserschutz. Doch Lebensadern für unser Naturerbe können sie nur sein, wenn sie auch über ein intaktes Ökosystem verfügen.
Als ersten Preis loben die Veranstalter 600 Euro aus, als zweiten 400 Euro und als dritten 300 Euro. Die neun Viertplatzierten erhalten jeweils 150 Euro. Bis zum 19. März 2016 können Fotografinnen und Fotografen ihre Fotos entweder auf einem Speichermedium oder per Email einsenden. Noch einfacher geht es mit der Upload-Funktion über das Internet.
Über die Siegerfotos entscheidet wieder eine Online-Abstimmung im Internet, die nach dem Wettbewerbsende freigeschaltet wird. Die zwölf Bilder mit der meisten Zustimmung werden prämiert und in einem Fotokalender für das Jahr 2017 veröffentlicht. Die Preisträgerinnen und Preisträger werden bei einer Veranstaltung im Haus der Stiftungen in Düsseldorf ausgezeichnet. Der jährliche Fotowettbewerb des NRW-Umweltministeriums wird bereits zum zweiten Mal gemeinsam mit der Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege veranstaltet.
Weitere Informationen zum Fotowettbewerb: www.fotowettbewerb.nrw.de