Haushaltsentwurf 2015 eingebracht

Stärkungspakt zwingt die Stadt: weitere Steuererhöhungen nötig

Gestern war es soweit: Stadtkämmerer Matthias Steck stellte den Haushaltsentwurf für das Jahr 2015 im Rat vor. Somit wird der Haushaltssanierungsplan, den die Stadt der Bezirksregierung vorlegen muss, im dritten Jahr fortgeschrieben.


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Nur mit einem genehmigten Haushalt kann Herten weiter am Stärkungspakt des Landes NRW teilnehmen und damit im Laufe der Jahre rund 80 Mio. Euro an Hilfen erhalten.

Doch die gestiegenen Umlagen des Kreises Recklinghausen und des LWL machen die Berechnungen für die nächsten Jahre zunichte. Viele schlechte Nachrichten mussten die Zuhörer ertragen.

„Dass die Schere zwischen armen und reichen Kommunen immer weiter auseinandergeht“, so Steck, „wird in Herten ganz besonders schmerzhaft deutlich.“ Die Aufgaben, die Bund und Land den Kommunen aufdrücken, ohne sie angemessen zu finanzieren, führen zu einer dramatischen Unterfinanzierung der Kommunen. Doch eine Alternative zu Sparen und Steuererhöhungen gibt es nicht: „Keinen Haushalt zu verabschieden bedeutet die komplette Handlungsunfähigkeit und somit Stillstand.“

Gestern stellte Matthias Steck nun weitere Maßnahmen vor, die den städtischen Haushalt 2015 retten sollen, und dies obwohl Herten - wie in den letzten drei Jahren - auch 2014 mit einem geringeren Jahresfehlbetrag abschließen wird.

Insgesamt fehlen der Stadt im für den Stärkungspakt entscheidenden Jahr 2021 über 12 Mio. Euro.

Mit folgenden Vorschlägen soll ein genehmigungsfähiger Haushalt erreicht werden:

  • Einschnitte in allen Verwaltungsbereichen; eine Folge werden überplanmäßige Aufwendungen sein.
  • Verbesserte Gewerbesteuererträge wurden angenommen.
  • Anhebung der Vergnügungssteuer auf den Satz von 20 Prozent.
  • Die Einführung einer moderaten Sondernutzungsgebühr für Verkaufsständer und Bestuhlung auf öffentlichem Grund ab 2018.
  • Erhöhung der Gewinnabführungen der städtischen Unternehmen.
  • Anhebung der Grundsteuer B auf das Niveau der Nachbarstädte: 2015 auf 795 Punkte und ab 2018 auf 875 Punkte.

Denkbar wäre laut Steck auch eine Erhöhung der Gewerbesteuer, eine Anhebung der bereits bestehenden Parkgebühren oder eine stadtweite Einführung von Parkgebühren. Dies schlage die Verwaltung jedoch nicht vor. Der Rat der Stadt muss nun am 25. November 2014 über den Haushalt entscheiden.

Die Sparvorschläge der Bürgerinnen und Bürger und die einzelnen Vorlagen zum Haushalt gehen den Ratsmitgliedern und der interessierten Öffentlichkeit am 12. November zu.

Abschließend betont Bürgermeister Uli Paetzel: „Irgendwann müssen Bund und Land einsehen, dass von einheitlichen Lebensverhältnissen keine Rede mehr sein kann. Die dramatische Unterfinanzierung der Kommunen im Ruhrgebiet ist ein Skandal. Wir fordern entschiedenst, dass im Laufe der kommenden Monate endlich über die Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen neu nachgedacht wird und die Strukturen des Finanzausgleichs sowohl zwischen Bund und Ländern, aber auch zwischen Land und Kommunen neu geregelt werden.“

Hintergrund

Bereits seit Anfang der 1990er Jahre befinden sich die Städte im Kreis Recklinghausen in der Haushaltskonsolidierung. Den Städten war es nicht mehr möglich, ihre laufenden Ausgaben durch laufende Einnahmen zu decken. Allein für das Jahr 2012 fehlten den zehn Städten rund 300 Mio. Euro zur Finanzierung ihrer Aufgaben. Absurderweise sind die Städte aber zur Erfüllung dieser Aufgaben durch Bund oder Land zwangsverpflichtet worden.

Mit den nicht mehr ausgeglichenen Haushalten wurden die Kommunen zur Aufnahme von Kassenkrediten gezwungen, um die Zahlungsfähigkeit zu sichern. Die sind mit den Dispokrediten für Privatleute vergleichbar. Aktuell beträgt das Gesamtvolumen an Kassenkrediten im Kreis rund 1,8 Mrd. Euro - fast 3.000 Euro pro Einwohner. Und diesen Krediten stehen keine Vermögenswerte gegenüber. Im Gegenteil – viele dringende Investitionen in die kommunale Infrastruktur werden von Jahr zu Jahr geschoben, um die Haushalte nicht noch weiter zu belasten. Glücklicherweise profitieren die Kommunen von dem derzeitigen Zinsniveau. Ein Durchschnittszinssatz für Kassenkredite von 1 Prozent ist durchaus realistisch. Eine Zinserhöhung auf – in der Vergangenheit durchaus nicht unüblichen – 4 Prozent würde den städtischen Haushalt mit 11 Mio. Euro belasten. Die künftige Zinsentwicklung stellt ein existenzielles Risiko für die Kommunen dar.

Durch die Teilnahme am Stärkungspakt konnte im Jahr 2012 die Haushaltslücke verringert werden. Nur ein kleiner Teil dieser Verbesserung ist direkt auf die Konsolidierungshilfen des Landes zurückzuführen. Vielmehr wurden die Städte gezwungen, eigentlich nicht zu rechtfertigende Steuererhöhungen (insbesondere Grundsteuer und Gewerbesteuer) vorzunehmen, die Anzahl ihrer Beschäftigten dramatisch zu reduzieren, wichtige Angebote an die Bürgerschaft einzuschränken oder sogar aufzugeben – Öffnungszeiten wurden reduziert, Gebäude aufgegeben, dringend angezeigte Sanierungen der kommunalen Infrastruktur aufzuschieben – Brücken und Straßen sind immer stärker davon betroffen.

Kaum mehr kompensierbar ist die Aufwendung für die Kreisumlage: Seit 2011 stiegen die Aufwendungen für die Kreisumlage um 13,3%. Das entspricht einer jährlichen Netto-Aufwandssteigerung von 3,2% und somit 5 Mio. Euro. Die Kreisumlage ist im Wesentlichen durch soziale Leistungen geprägt, die beim Kreis selbst oder beim Landschaftsverband entstehen. Die Aufwendungen im Sozialbereich sind somit die zentrale Ursache für die dramatische Entwicklung der Hertener Finanzen. Doch Herten steht damit nicht allein, in den meisten Städten im nördlichen Ruhrgebiet sieht die Situation ganz ähnlich aus.

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