Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion

Kommission ergreift konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion

Mit nahezu 18 Millionen Arbeitslosen und einer großen Zahl von Menschen, die von sozialer Ausgrenzung bedroht sind, muss mehr getan werden, um den Euro-Raum zu einem wirklich belastbaren Gebilde zu machen.

Aus diesem Grund leitet die Europäische Kommission heute (Mittwoch) konkrete Maßnahmen ein, die das notwendige Krisenmanagement der letzten Jahre hinter sich lassen und den Weg zu einer stärkeren, vollständigen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) zu ebnen.


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Das vom Kollegium der Kommissionsmitglieder beschlossene Maßnahmenpaket beinhaltet einen neuen Ansatz für das Europäische Semester, unter anderem mit verstärktem demokratischem Dialog und verbesserter wirtschaftspolitischer Steuerung, z. B. durch Einführung nationaler Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit und eines beratenden Europäischen Fiskalausschusses, sowie eine geschlossenere Vertretung des Euro-Raums in internationalen Finanzinstitutionen, insbesondere im IWF. Außerdem enthält das Paket die weiteren Schritte zur Vollendung der Bankenunion, insbesondere durch Schaffung eines europäischen Einlagensicherungssystems und Maßnahmen zum weiteren Abbau von Risiken im Bankensystem.

Der für den Euro und den sozialen Dialog zuständige Vizepräsident der Kommission Valdis Dombrovskis erklärte: "Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion braucht ein solides Fundament, nicht zuletzt, damit sie Schocks in Zukunft besser verkraften und die globalen Herausforderungen, die vor uns liegen, bestehen kann. Wir schlagen heute konkrete Maßnahmen vor, um die Regeln für die wirtschaftspolitische Steuerung der EU, die zuletzt unmittelbar nach der Krise verschärft wurden, zu verbessern. Die Regeln sind da – wir müssen sie nur besser nutzen. Konkret müssen wir in den nächsten beiden Jahren zu einem Konsens über weiterreichende Änderungen gelangen, die notwendig sein werden, um unsere Wirtschafts- und Währungsunion zu vollenden."

Kommissar Pierre Moscovici, zuständig für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll, erklärte: "Ziel des heute vorgelegten Pakets ist es, in unserer Währungsunion erneut einen Prozess wirtschaftlicher und sozialer Konvergenz in Gang zu setzen. In der nächsten Phase wird es um politische Konvergenz und demokratische Erneuerung gehen."

Das vom Kollegium der Kommissionsmitglieder beschlossene Paket trägt zur Stärkung der WWU bei. Gegenstand des Pakets sind insbesondere:

1) Die Außenvertretung des Euro-Raums

Die Außenvertretung des Euro-Raums hat mit dessen wachsendem wirtschaftlichen und finanziellen Gewicht nicht Schritt gehalten. Während beispielsweise der US-Dollar in internationalen Wirtschafts- und Finanzforen durch einen einzigen starken Repräsentanten vertreten wird, sprechen die Euro-Mitgliedstaaten nicht mit einer Stimme. Die Kommission legt daher einen Fahrplan vor, der es den Euro-Mitgliedstaaten ermöglichen soll, geschlossen für ihre gemeinsamen Interessen einzutreten. Insbesondere schlägt die Kommission den Übergang zu einer einheitlichen Vertretung des Euro-Raums im Internationalen Währungsfonds vor, wobei der Euro-Raum durch den Präsidenten der Euro-Gruppe vertreten würde. Dieses Ziel soll nach dem Vorschlag der Kommission in mehreren Etappen erreicht werden (Näheres hier).

2) Schritte hin zu einer Finanzunion

Neben Fortschritten bei der wirtschaftspolitischen Steuerung ist auch die Vollendung der Bankenunion ein unverzichtbarer Schritt auf dem Weg zu einer vollständigen und vertieften WWU. Trotz der erzielten Fortschritte sind Banken und Staaten im Euro-Raum noch immer allzu eng miteinander verwoben. Die Vollendung der Bankenunion erfordert die Umsetzung der bereits beschlossenen Rechtsvorschriften und weitere Maßnahmen zur Stärkung der Finanzstabilität.

Um die Bankenunion zu komplettieren, fehlt nach wie vor ein gemeinsames Einlagensicherungssystem. Wie Kommissionpräsident Juncker in seiner Rede zur Lage der Union erklärt hat, wird die Kommission noch vor Jahresende einen Gesetzgebungsvorschlag für die ersten Schritte hin zu einem europäischen Einlagensicherungssystem vorlegen, um ein europäischeres System zu schaffen, das nicht am Portemonnaie der einzelnen Staaten hängt. Dies wird dafür sorgen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger darauf verlassen können, dass ihre Einlagen unabhängig vom Standort sicher sind. Die Kommission wird ein rückversicherungsbasiertes System vorschlagen, bei dem die nationalen Systeme der Mitgliedstaaten erhalten bleiben. Das heutige Paket soll noch in diesem Jahr durch einen Legislativvorschlag ergänzt werden.

Außerdem will die Kommission im Bankensektor Risiken weiter verringern, gleiche Wettbewerbsbedingungen sicherstellen und die unheilvolle Rückkopplung zwischen Banken und Staaten eindämmen. Zu guter Letzt ist neben der Vollendung der Bankenunion auch die Kapitalmarktunion (Link zum Aktionsplan vom 30. September) eine zentrale Priorität.

3) Ein neu gestaltetes Europäisches Semester

Die Juncker-Kommission hat das Europäische Semester im ersten Jahr ihrer Amtszeit bereits erheblich gestrafft und einen ehrlicheren Dialog mit den Mitgliedstaaten ermöglicht, indem sie bereits im Februar, d.h. drei Monate vor der Fertigstellung der länderspezifischen Empfehlungen, Länderberichte veröffentlicht hat. In Zukunft werden die Erörterungen und Empfehlungen zum Euro-Raum als Ganzem vor den länderspezifischen Erörterungen erfolgen, damit bei gemeinsamen Herausforderungen fortan alle an einem Strang ziehen.

Beschäftigung und Soziales werden in Zukunft sowohl beim Europäischen Semester als auch bei der Vertiefung der WWU einen hohen Stellenwert erhalten. Die Sozialpartner sollten hierbei eine zentrale Rolle spielen. Die Kommission wird auch dafür sorgen, dass bei künftigen makroökonomischen Anpassungsprogrammen mehr auf soziale Fairness geachtet wird, wie bereits im Falle Griechenlands, als die Kommission erstmals eine soziale Folgenabschätzung angestellt hat.

4) Verbesserung der wirtschaftspolitischen Steuerungsinstrumente

Der Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung ist in den letzten Jahren nicht nur vertieft und erweitert worden, sondern hat auch an Komplexität gewonnen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat in seinen Politischen Leitlinien eine „stabilitätsorientierte Überprüfung“ der „Sixpack"- und der „Twopack"-Gesetzgebung angekündigt.Da die betreffenden Rechtsvorschriften noch relativ neu sind, möchte die Kommission erst weitere Daten und Erfahrungen mit dem reformierten Steuerungsrahmen abwarten, bevor sie entscheidet, ob weitere Gesetzesänderungen erforderlich sind. Aufbauend auf dem bisher Erreichten wird die Kommission praktische Verbesserungen vorschlagen, um die bestehenden Praktiken zu konsolidieren und die Transparenz, Berechenbarkeit und Wirksamkeit der vorhandenen Regelungen zu verbessern. Um das wirtschaftspolitische Instrumentarium zu vervollständigen und zu verstärken, schlägt die Kommission im Einklang mit dem „Bericht der fünf Präsidenten“ außerdem die Einrichtung von nationalen Ausschüssen für Wettbewerbsfähigkeit und eines beratenden Europäischen Fiskalausschusses vor.

Nationale Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit

Die Kommission empfiehlt dem Rat, den Mitgliedstaaten die Einrichtung nationaler Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit zu empfehlen, die Entwicklungen und Maßnahmen in Sachen Wettbewerbsfähigkeit beobachten. Die Struktur der Ausschüsse sollte bestimmte Mindestkriterien erfüllen, die der Unterschiedlichkeit der Mitgliedstaaten Rechnung tragen, und die Rolle der Sozialpartner uneingeschränkt achten.

Europäischer Fiskalausschuss

Die Kommission richtet einen unabhängigen beratenden Europäischen Fiskalausschuss ein, der i) die Umsetzung des haushaltspolitischen Rahmens der EU bewertet, ii) Empfehlungen dazu abgibt, welcher haushaltspolitische Kurs für den Euro-Raum insgesamt angemessen ist, iii) mit den nationalen Räten für Finanzpolitik der Mitgliedstaaten zusammenarbeitet und iv) auf Ersuchen des Präsidenten Ad-hoc-Stellungnahmen abgibt.

Der Ausschuss wird ein aus fünf Sachverständigen bestehendes funktionell eigenständiges Gremium sein, das bei der Kommission angesiedelt sein wird.

Die nächsten Schritte

Im „Bericht der fünf Präsidenten“ sind drei Stufen zur Vollendung der WWU vorgesehen. Das heutige Paket betrifft Stufe 1 und die Vorbereitungen für Stufe 2:

  • Stufe 1 bzw. „Vertiefung durch Handeln“ (1. Juli 2015 bis 30. Juni 2017): Nutzung der vorhandenen Instrumente und bestehenden Verträge, um die Wettbewerbsfähigkeit und die strukturelle Konvergenz zu fördern, eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik in den einzelnen Mitgliedstaaten und im Euro-Währungsgebiet herbeizuführen und beizubehalten, die Finanzunion zu vollenden und die politische Rechenschaftspflicht zu stärken.
  • Stufe 2 bzw. „Vollendung der WWU“: Einleitung weiterreichender Maßnahmen, um den Konvergenzprozess verbindlicher zu gestalten, z. B. durch gemeinsam vereinbarte, in Rechtsform gegossene Konvergenz-Referenzwerte und ein euroraumweites Schatzamt.
  • Letzte Stufe (spätestens bis 2025): Sobald alle genannten Schritte vollzogen sind, würden alle Bürgerinnen und Bürger der an der einheitlichen Währung beteiligten EU-Mitgliedstaaten die Stabilität und den Wohlstand einer vertieften und echten WWU genießen, der beizutreten auch für andere EU-Mitgliedstaaten, die dazu bereit sind, attraktiv wäre.

Um den Übergang von Stufe 1 zu Stufe 2 vorzubereiten, wird die Kommission im Frühjahr 2017 ein Weißbuch vorlegen, in dem die nächsten erforderlichen Schritte skizziert werden, einschließlich der rechtlichen Maßnahmen, die zur Vollendung der WWU in Stufe 2 nötig wären. Dieses Weißbuch wird in Konsultation mit den Präsidenten der anderen EU-Institutionen ausgearbeitet. Zur Vorbereitung des Weißbuchs und zur Anregung einer breiten Debatte wird die Kommission EU-weit Gespräche und öffentliche Diskussionen unterstützen. Mitte 2016 wird die Kommission eine Expertengruppe einsetzen, die die rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Vorbedingungen für die im „Bericht der fünf Präsidenten“ skizzierten längerfristigen Vorschläge prüfen wird.

Hintergrund

Eine vertiefte und fairere Wirtschafts- und Währungsunion zählt zu den zehn Prioritäten, die Kommissionspräsident Juncker in seinen Politischen Leitlinien aufgestellt hat. Ausgehend von dem am 22. Juni 2015 vorgelegten Bericht der fünf Präsidenten soll dieses Ziel innerhalb der nächsten zehn Jahre erreicht werden. Der Bericht wurde auf Verlangen des Gipfels der Staats- und Regierungschefs der Euro-Mitgliedstaaten vom Oktober 2014 und des Europäischen Rates vom Dezember 2014 vorgelegt.Im Bericht der fünf Präsidenten wird ein ehrgeiziger und doch pragmatischer Fahrplan zur Vollendung der WWU vorgeschlagen, durch gleichzeitige Fortschritte an vier Fronten: Erstens hin zu einer echten Wirtschaftsunion, die gewährleistet, dass jede Volkswirtschaft strukturell so aufgestellt ist, dass sie in der Währungsunion prosperieren kann. Zweitens hin zu einer Finanzunion, die die Integrität unserer Währung in der gesamten Währungsunion gewährleistet, indem sie die Risiken für die Finanzstabilität begrenzt und die Risikoteilung mit dem privaten Sektor erhöht. Drittens hin zu einer Fiskalunion, die sowohl haushaltspolitische Nachhaltigkeit als auch die Stabilisierung der öffentlichen Haushalte bewirkt. Und schließlich hin zu einer Politischen Union, die durch echte politische Rechenschaftspflicht, Legitimität und Stärkung der Institutionen die Grundlagen für die anderen drei Unionen schafft.

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