Erste schwimmende Photovoltaikanlage geht ans Netz

Erste schwimmende Photovoltaikanlage geht ans Netz
Erste schwimmende Photovoltaikanlage geht ans Netz

Bei der Umstellung auf erneuerbare Energien im Rahmen der Energiewende sind längst nicht mehr bloß Landflächen attraktiv. Auch Stillgewässer werden zunehmend zur Stromerzeugung genutzt. Nicht etwa in Form von Wasserkraft, sondern als Flächen für Photovoltaikanlagen. In Hoym/Anhalt ging nun Deutschlands erste schwimmende PV-Anlage ans Netz, die sogar mit der Sonne wandert.


Voller Zugriff auf den Tagesanzeiger – Registrieren Sie sich jetzt kostenlos!

Um den vollständigen Artikel im Tagesanzeiger zu lesen, melden Sie sich bitte in Ihrem Themennetzwerke®-Konto an. Die Registrierung bei Themennetzwerke® ist kostenlos und ermöglicht Ihnen den vollständigen Zugang zum Tagesanzeiger und vielem mehr.

Falls Sie den Tagesanzeiger bereits auf kommunalwirtschaft.eu abonniert hatten und davor keinen Themennetzwerke® Account registriert hatten, dann klicken Sie auf den folgenden Link, um Ihr Passwort zu Ihrer bereits registrierten E-Mail-Adresse hinzuzufügen: Passwort für kommunalwirtschaft.eu Abonnenten hinzufügen

Jetzt einloggen Kostenlos registrieren

Die deutschlandweit bislang einzigartige nachgeführte Floating-PV-Anlage befindet sich auf einem Kiessee eines Kiestagebaus der Neumann Gruppe in der Gemeinde Hoym/Anhalt (Seeland). 3.920 PV-Module sollen mit einer Leistung von 1,6 Megawatt künftig gut 2,2 Gigawattstunden Strom im Jahr erzeugen, was in etwa dem Stromverbrauch von rund 700 Haushalten entspräche. Den Großteil der verfügbar gemachten Energie wird jedoch nicht die Gemeinde, sondern das Kieswerk selbst nutzen. Nur eventuelle Überschüsse werden in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Federführend bei der Errichtung des schwimmenden Sonnenkraftwerks waren der Energiedienstleister JM Projektinvest und die Stadtwerke Burg – eine öffentlich private Partnerschaft zwischen der Stadt Burg, der Gelsenwasser AG und der AggerEnergie GmbH.

Mit einer bedeckten Fläche von 7.655 Quadratmetern ist die kreisrunde Anlage recht klein. Um den vergleichsweise hohen Ertrag trotz ihrer geringen Größe zu erreichen, wird sie kontinuierlich über Seilwinden gedreht (im Fachjargon: „nachgeführt“), so dass sie die optimale Ausrichtung zur Sonne beibehält. In Deutschland ist der Einsatz einer solchen Nachführung bislang einmalig. Die besondere Konstruktion der Photovoltaikanlage sorgt gleichzeitig dafür, dass so wenig Gewässeroberfläche wie möglich verschattet wird.

Schwimmende Photovoltaikanlagen: Noch kaum genutztes Potenzial

Die Nutzung von Stillgewässern für die Photovoltaik steht in Deutschland noch ganz am Anfang. Momentan lässt sich die Zahl der Floating-PV-Anlagen hierzulande an einer Hand abzählen, obgleich ihre Zahl stetig wächst. Zur nächstenJahreswende soll beispielsweise auf dem sogenannten Ostsee bei Cottbus das größte schwimmende Solarkraftwerk der Bundesrepublik in Betrieb genommen werden. Das Projekt umfasst 51.000 PV-Module mit einer Leistung von 29,1 Megawatt und wird voraussichtlich 29 Gigawattstunden Strom im Jahr erzeugen. Erst vor kurzem wurden die acht Trafostationen der riesigen Anlage auf dem Bergbaufolgesee installiert.

Einer Analyse von RWE und dem Fraunhofer ISE zufolge beläuft sich die Leistung aller schwimmendenPhotovoltaikanlagen in Deutschland aktuell auf 21 Megawatt Peak. Die 2,2 Gigawatt der Anlage in Hoym waren hier zur Veröffentlichung der Studie im Juli dieses Jahres noch nicht mit einberechnet. Unter Einbeziehung bereits genehmigter oder in Konstruktion befindlicher Floating-PV-Anlagen werden 62 Megawatt erreicht. Mit Blick auf die gesamte Stromerzeugung durch Photovoltaik auf Dächern und Grundstücken im Land mit einer Nennleistung von 81.500 Megawatt (81,5 Gigawatt) ist das nur ein schwindend geringer Teil. Die Studienautorinnen und -autoren haben allerdings auch das Potenzial für wassergebundene Solaranlagen errechnet – und das ist gewaltig.

Prinzipiell kommen in Deutschland laut geltendem Recht nur künstliche Gewässer für schwimmende Photovoltaik infrage. Für die Analyse wurden zudem nur solche berücksichtigt, die mindestens eine Größe von einem Hektar aufweisen. Im Ergebnis zählt das Forschungsteam um Dr. Karola Baltins 6.043 solcher künstlichen Seen mit einer Gesamtfläche von mehr als 90.000 Hektar. Nach bestehender Gesetzeslage durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und das Wasserhaushaltsgesetz dürfen nicht mehr als 15 Prozent einer Gewässeroberfläche durch Solaranlagen bedeckt werden. Gleichsam muss der Abstand der PV-Anlage zum Ufer mindestens 40 Meter betragen. Unter diesen Voraussetzungen beläuft sich das wirtschaftlich-praktisch erschließbare Potenzial auf eine Nennleistung von 2,5 Gigawatt (bei Ost-West-Ausrichtung).

So weit der rechtliche Rahmen. Dehnt man letzteren aus, eröffnen sich jedoch noch ganz andere Möglichkeiten. Allein durch die Verkürzung des Mindestabstands zum Ufer auf 20 Meter ergäbe sich ein Ausbaupotenzial von mindestens 14 Gigawatt Peak. Wäre obendrein eine Belegung von 35 Prozent der Gewässeroberfläche erlaubt, ließen sich sogar ganze 44,5 Gigawatt erreichen.

Mögliche Risiken schwimmender Photovoltaik

Angesichts des enormen Potenzials für und von Photovoltaik auf Stillgewässern stellt sich die Frage, warum es nach aktuellem Recht derart beschnitten wird. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Zuoberst steht die seit dem Jahr 2000 bestehende Verpflichtung der EU-Mitgliedsstaaten, ihre Gewässer mindestens in einem guten Zustand zu halten – was laut dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) derzeit nur bei einem Viertel der deutschen Seen erreicht wird. Auch künstliche Stillgewässer stellen indes wichtige Biotope dar, die es zu schützen gilt.

Die ökologischen Auswirkungen der recht neuen Technologie können derzeit noch nicht abgeschätzt werden, da wissenschaftlich fundierte Studien fehlen. Es wird allerdings davon ausgegangen, dass sich Faktoren wie die Abschirmung gegen Licht und Windeinwirkungen, eine Minderung des Gasaustauschs zwischen Wasser und Luft, die mechanische Abschirmung und optische Störwirkung gegenüber Tieren, Gefährdungen durch Havarien sowie Schadstoffeinträge aus der Anlagenkonstruktion negativ auf das Leben in den Seen auswirken. Der vermeintlich hohe vorgeschriebene Abstand zum Ufer rührt daher, dass zahlreiche Lebewesen (Flora und Fauna) ihr natürliches Habitat in den Uferzonen haben. Ein exzessiver Ausbau von Floating-PV-Anlagen könnte gravierende Folgen für diese empfindlichen Ökosysteme haben.

Sobald unserer Redaktion neue wissenschaftliche Erkenntnisse und rechtliche Anpassungen vorliegen, die über mögliche ökologische Auswirkungen von Photovoltaik auf Stillgewässern berichten, werden wir Sie entsprechend informieren.

Redaktion | Klimaschutz Kommune direkter Link zum Artikel