Zukunft der Mobilität: 3 Wege, wie Technologie den Verkehr nachhaltig verändern kann

Die Digitalisierung wurde in Deutschland lange Zeit verschlafen – das gilt auch im Mobilitätssektor

Und im Fokus der Diskussionen steht weiterhin in erster Linie das Auto selbst. Dabei kann technologischer Fortschritt große und notwendige Veränderungen für den Verkehr insgesamt bewirken.


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Madeleine Samios, als Account Group Unit Lead verantwortlich für Mobility-Projekte bei Endava, erklärt an drei Beispielen, wie sich das Potenzial neuer Technologien nutzen lässt.

  • Nahverkehr und Mobilitätsformen unablässig neu denken 

Auch wenn Verkehrsgesellschaften erheblich von der öffentlichen Hand subventioniert werden, sind sie Wirtschaftsunternehmen, die ihre Kosten und Ausgaben genau im Blick behalten müssen. Die Folge: Wo die Nachfrage am größten ist, wird das Angebot erhöht; wo die Nachfrage niedrig ist, wird es im Zweifel reduziert. Doch je schlechter das Angebot – insbesondere in ländlichen Regionen – desto mehr müssen sich die Menschen auf ihr Privatfahrzeug oder ihren Dienstwagen verlassen. Wenn beispielsweise im ländlichen Raum der Bus nur zweimal am Tag kommt, ist es nachvollziehbar, dass die meisten Bewohner auf ihr Privatauto zurückgreifen.

Diesen Kreislauf gilt es so zu durchbrechen, dass jede und jeder den richtigen Mix aus Verkehrsmitteln für sich selbst wählen und nutzen kann. Das Stichwort für Anbieter von ÖPNV ist hier Big Data Analytics: Diese Technologie wird laut dem Emerging Technologies Report von Endava bereits in 83 Prozent der Unternehmen genutzt oder dort derzeit implementiert. Und auch Verkehrsgesellschaften sollten eine Big-Data-Strategie aufsetzen, um ihr Angebot besser auf die Bedürfnisse ihrer Kunden zuschneiden zu können. Sie sollten besser analysieren, wo und wann welche Angebote genutzt werden, wann Linien wirtschaftlich sind und wo noch Lücken bestehen, die es zu schließen gilt. Der Zuverlässigkeitsgrad ist ein entscheidender Indikator im ÖPNV und sollte genauso mitbetrachtet werden.

Darüber hinaus braucht es stetige Offenheit und Ideen für neue Mobilitätsformen. Das können etwa flexible Auto-Abos wie bei Lynk & Co sein, mit jederzeit kündbaren Mitgliedschaften (Smart Lease) oder On-Demand-Angebote, die sich leicht per App rufen lassen. So können Nutzer kleinere Busse oder Großraumtaxis als Alternative zu herkömmlichen Omnibussen ordern. Mittlerweile werden auch schon autonome Shuttles angeboten, wie zum Beispiel der digitale Rufbus „BerlKönig“, ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Dank digitaler Tools können Interessierten auch Shared Rides als eine Art „mobile Nachbarschaftshilfe“ selbst organisieren, wenn Haushalte sich ein Auto teilen und nicht alle ein eigenes Auto brauchen. So kann „praktizierte Nachhaltigkeit“ gelingen und Autos müssen nicht ständig gegen den ÖPNV aufgewogen werden, während Menschen das Verkehrsmittel nutzen können, welches sie gerade wirklich brauchen.

  • Verkehr in der Stadt optimieren 

Die sogenannte Mainkai-Sperrung in Frankfurt erhitzt schon länger die Gemüter: In mehreren Testphasen wurden das nördliche Mainufer für motorisierten Individualverkehr gesperrt, um Raum für Fußgänger und Radfahrer zu schaffen. Dadurch hat sich aber der Verkehr in andere Straßen und Stadtteile verlagert und teilweise zu erheblichen Staus geführt. Es fehlte ein vernünftiges Konzept für die Verkehrsteuerung.

Ein solcher Fall lässt sich mithilfe eines digitalen Zwillings verhindern. Gemeint ist damit die digitale Nachbildung eines realen Produkts, einer realen Erfahrung – oder eben einer realen Stadt. Zwei Drittel der deutschen Unternehmen (65 Prozent) stufen die Technologie als (sehr) relevant ein, mit der sich zum Beispiel auch Verkehrsströme modellieren lassen. Dadurch könnten Städte, bevor sie solche Maßnahmen umsetzen, herausfinden, welche Straßen voraussichtlich als Ausweichmöglichkeiten genutzt werden – und gegensteuern, wenn diese dafür nicht geeignet sind.

Die Parkplatzsuche lässt sich ebenfalls mit digitalen Zwillingen optimieren. Dass sie ein Problem ist, zeigt sich an Zahlen des ADAC: Demnach macht allein die Parkplatzsuche 30 bis 40 Prozent des innerstädtischen Verkehrs aus. Städte müssen daher nicht nur herausfinden, wo diese Autos auf der Suche nach freien Parkplätzen umherirren, sondern sie auch schneller zu Parkplätzen und -häusern leiten. Der digitale Zwilling kann durch entsprechende Modellierungen genau dazu wichtige Daten und Hinweise liefern. 

  • Einfache, digitale Ökosysteme schaffen 

Kürzlich stellte ein Anbieter eine App für das sogenannte Deutschlandticket, dem Nachfolger des 9-Euro-Tickets, vor. Dort sollen Kunden nicht nur das Ticket selbst kaufen, sondern auch Leihfahrräder oder E-Scooter mieten können. Später will der Entwickler außerdem lokale Ticketangebote oder den DB-Fernverkehr nahtlos integrieren. Solch eine sogenannte Super-App wird in Berlin auch schon von der BVG zur Verfügung gestellt: JELBI. Integrierte App-Angebote machen damit einen Schritt in die richtige Richtung, denn sie verbinden verschiedene Mobilitätsdienstleistungen an einem zentralen Punkt. Solche sogenannten digitalen Ökosysteme werden laut dem Emerging Technologies Report von deutschen Unternehmen schon mehrheitlich (76 Prozent) umgesetzt, unter anderem um ihr Endprodukt für ihre Kunden zu verbessern. Dies sollte auch für Mobilitätsanbieter, Städte und Kommunen ein Grund sein, Partnerschaften einzugehen und dadurch nützlichere und leistungsfähigere Anwendungen zu entwickeln. Wichtig ist dabei natürlich auch eine intuitive User Experience.

So wäre beispielsweise eine App denkbar, in der – Stichwort Parkplatzsuche – verfügbare Parkplätze in Echtzeit angezeigt werden. Dies würde zum einen öffentliche Parkplätze und -häuser umfassen, könnte aber auch Park-&-Ride-Anlagen einbeziehen oder sogar Parkplätze von Unternehmen, die frei bleiben, wenn Teile der Belegschaft noch öfter im Homeoffice arbeiten.

Die Digitalisierung kann im Verkehr Veränderungen bewirken, die Mensch und Umwelt zugutekommen – unabhängig von der Frage, ob E-Autos oder E-Fuels besser sind. Neue Technologien können für mehr Effizienz, Effektivität und Flexibilität im Straßen- und Nahverkehr sorgen und es ist an der Zeit, dass dieses Potenzial auch genutzt wird.

Endava