Wie effektiv ist die Öffentlich-Private Partnerschaft?

Vor- und Nachteile einer ÖPP

Kommunen müssen hochwertige Dienstleistungen bereitstellen und Infrastrukturprojekte finanzieren – die Themen sind vielfältig und herausfordernd zugleich. Kann eine Öffentlich-Private Partnerschaft hier unterstützen?


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Klimaschutz Kommune nimmt die Vor- und Nachteile einer ÖPP unter die Lupe und erklärt, wann eine Verbindung zwischen Kommune und Privatwirtschaft Sinn ergibt.
In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit oder Haushaltsdefiziten stehen Kommunen vor einer enormen Herausforderung. Sie müssen qualitativ hochwertige Dienstleistungen bereitstellen und Infrastrukturprojekte finanzieren, ohne dabei den Steuerzahlenden übermäßig zu belasten. Mancherorts ist das ein Drahtseilakt, der eine genaue Abwägung notwendiger Leistungen und finanzieller Mittel bedarf. Im Vordergrund steht dabei, Projekte so zu realisieren, dass lokales Wirtschaftswachstum gefördert wird und gleichzeitig die künftige Rentabilität stimmig ist. Doch wie Vorhaben umgesetzt werden, ist nicht nur eine Frage des Geldes. Auch das entsprechende Know-how für beispielsweise die Errichtung einer Anlage zur Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm oder die Etablierung smarter Strukturen in der Stadt ist nicht per se in der Kommune verfügbar.

Ob der Bau einer neuen Schule, die energieeffiziente Sanierung von öffentlichen Gebäuden oder die Errichtung eines klimaneutralen Viertels: Es gibt viel zu tun und alles muss entsprechend finanziert werden. Auch ein verbessertes Angebot im ÖPNV, eine höhere Stadtsauberkeit und mehr alternative Antriebe im öffentlichen Fuhrpark erfordern Investitionen, die im Sinne des Klimaschutzes und der Lebensqualität notwendig sind. Decken sich die vorhandenen Mittel nicht mit den anvisierten Kosten, müssen Kommunen nach Alternativen suchen. Fördermittel und Kredite sind probate Alternativen – je nach Art und Umfang des Vorhabens. Aber auch die Privatwirtschaft bietet vielversprechende Möglichkeiten, um Projekte auf kommunaler Ebene effektiv umzusetzen. Dies kann beispielsweise in Form einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft (ÖPP) geschehen.

Modelle der Öffentlich-Privaten Partnerschaft

Öffentlich-Private Partnerschaften sind Vereinbarungen zwischen öffentlichen Stellen und privaten Unternehmen, um gemeinsam Projekte zu planen, zu finanzieren, zu bauen und zu betreiben. Diese können Infrastrukturprojekte umfassen wie Straßenbau, öffentliche Verkehrsmittel, Abwasser- und Wasserversorgungssysteme, aber auch die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Daseinsvorsorge wie Abfallentsorgung, Straßenreinigung oder Wohnungswirtschaft. Eine ÖPP ist eine befristete Verbindung, die für einen Zeitraum von meistens 20 bis 30 Jahren geschlossen wird.Anders als bei einer Privatisierung ist der öffentliche Partner in einer ÖPP stärker – sowohl in den Planungs- als auch in den Betriebsprozess – eingebunden. Je nach Vorstellung der beteiligten Partner sind hier unterschiedliche Modelle der Zusammenarbeit denkbar.

Die Kommune kann den privaten Partner als klassischen Dienstleister für einen bestimmten Aufgabenbereich beauftragen, beispielsweise für die Betreuung des kommunalen IT-Systems. Beim Betriebsführungsmodell wird der Private von der Kommune damit betraut, sich eigenverantwortlich um den Betrieb, z. B. der Kläranlage sowie deren technische Abläufe und Instandhaltung, zu kümmern. Die Anlage selbst bleibt Eigentum der Stadt bzw. Gemeinde. Engagiert sich der private Partner auch finanziell und plant und errichtet Infrastruktur, entspricht das dem Betreibermodell. Im sogenannten Kooperationsmodell wiederum arbeiten öffentliche Hand und privater Partner langfristig in einem gemeinsamen Unternehmen zusammen. Dieses wird entweder neu gegründet oder der private Partner erwirbt eine Beteiligung am bestehenden kommunalen Unternehmen – i. d. R. nicht mehr als 49 Prozent. Das operative Geschäft und die Finanzierung von Investitionen werden vom ÖPP-Unternehmen getragen.

Weitere Modelle der Zusammenarbeit beschreibt der Infodienst für Ausschreibungen ibau.

Vorteile einer ÖPP

Ein für Kommunen sicher schlagendes Argument für eine ÖPP ist die finanzielle Entlastung, die aus einer Verbindung mit der Privatwirtschaft resultiert. Denn oftmals übernimmt der private Partner die Kosten für die Verwirklichung öffentlicher Projekte bzw. Leistungen und stellt eigene Infrastruktur zur Verfügung. Zudem teilen sich in einer ÖPP öffentliche und private Partner das finanzielle Risiko eines Projekts. Da in der Privatwirtschaft eine effiziente Unternehmensführung eine wichtige Rolle spielt, kann eine ÖPP unter bestimmten Bedingungen dazu beitragen, öffentliche Aufgaben wirtschaftlicher und sparsamer zu erfüllen. Damit verbunden ist die Vermeidung von unrentablen öffentlichen Investitionen. Dies alles kann im Optimalfall dazu beitragen, Belastungen für die öffentliche Hand zu begrenzen. Außerdem ist die Projektumsetzung so weniger anfällig für Budgetüberschreitungen und Verzögerungen.

Eine große Chance für Kommunen besteht überdies in der Innovationsfähigkeit privater Unternehmen. Sie verfügen über ein umfassendes Know-how in ihrem jeweiligen Fachgebiet und können es gewinnbringend in eine Öffentlich-Private Partnerschaft einbringen. So sind kommunale Betreiber von Kläranlagen beispielsweise dazu verpflichtet, bis spätestens 2032 eine Möglichkeit für das Recycling von Phosphor aus Klärschlamm zu schaffen. Private Partner mit der erforderlichen Technologie und Umsetzungskraft können hier unterstützen. Da eine ÖPP auf einen langen Zeitraum angelegt ist, arbeiten beide Partner gemeinsam und kontinuierlich an der Entwicklung zukunftsweisender Lösungen.

Vorteile auf einen Blick:

Bessere Ressourcennutzung: Durch die Beteiligung privater Unternehmen können Kommunen von deren Fachwissen, finanziellen Ressourcen und Effizienz profitieren, um Projekte schneller und kosteneffizienterumzusetzen.

Innovative Lösungen: Private Unternehmen bringen oft innovative Technologien und Managementpraktiken in ÖPPs ein, die zu verbesserten Dienstleistungen, effizienteren Prozessen und innovativen Lösungen führen können.

Qualitätssteigerung: Durch den Wettbewerb und die Anreize aus der privaten Beteiligung kann die Qualität der bereitgestellten Dienstleistungen in ÖPP-Projekten tendenziell höher sein als in rein öffentlich finanzierten Projekten.

Langfristige Partnerschaften: ÖPPs können langfristige Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Partnern fördern, die eine kontinuierliche Zusammenarbeit und Weiterentwicklung von Projekten ermöglichen.

Nachteile einer ÖPP

In einem Gutachten von 2016 gab der wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen zu Bedenken, dass private Akteure gegenüber der öffentlichen Hand keine grundsätzlichen Finanzierungsvorteile hätten. Im Gegenteil dürften staatliche Institutionen stets einen besseren Zugang zum Kapitalmarkt haben als private Unternehmen. Der grundsätzliche Konflikt sei laut wissenschaftlichem Beirat jedoch, dass öffentliche und private Partner unterschiedliche Ziele verfolgten: Während der öffentliche Partner im besten Fall die gesellschaftliche Wohlfahrt im Auge hätte, interessierten den privaten Partner die Gewinne, die er in einer ÖPP erziele. Stimme die Qualität der Infrastruktur oderder Dienste, sei der Zielkonflikt aber im Grunde unerheblich, so der Beirat. Der staatliche Partner könne den gewünschten Standard der Qualität festlegen und dem privaten Partner überlassen, mit welchen Mitteln er diese Standards erfüllen wolle.

Da eine ÖPP auf lange Dauer angelegt sei und sich auf die Errichtung und den Betrieb komplexer Anlagen bezögen, ließen sich vorab natürlich nicht alle Eventualitäten vertraglich regeln. ÖPP Verträge seien damit in hohem Maße unvollständig und böten viel Raum für opportunistisches und der Partnerschaft abträgliches Verhalten – von Seiten beider Partner. Überdies weist der wissenschaftliche Beirat im seine Gutachten darauf hin, dass ÖPPs dazu missbraucht werden könnten, Finanzierungslasten für öffentliche Infrastruktur in die Zukunft zu verschieben, ohne diese Lasten heute als öffentliche Schulden ausweisen zu müssen. Dieser Kritikpunkt bezieht sich hauptsächlich auf größere Bauvorhaben und verweist auf ÖPP-Negativbeispiele wie die Elbphilharmonie Hamburg, Berlin Brandenburg Airport oder Stuttgart 21.

Nachteile auf einen Blick:

Kosten: ÖPPs können langfristig teurer sein als traditionelle öffentliche Beschaffungswege, da private Unternehmen oft einen Gewinn erzielen müssen, was zu höheren Kosten für die öffentliche Hand führen kann.

Mangelnde Transparenz und demokratische Rechenschaftspflicht: In einigen Fällen können ÖPPs zu einem Mangel an Transparenz und demokratischer Rechenschaftspflicht führen, da private Partner möglicherweise nicht denselben rechtlichen Anforderungen bezüglich Offenlegung und öffentlicher Kontrolle unterliegen wie öffentliche Behörden.

Verlust an Kontrolle: Öffentliche Behörden können einen Teil der Kontrolle über ein Projekt an private Unternehmen abgeben, was zu Bedenken die Einflussnahme in der Kommune und langfristigen Auswirkungen betreffend, führen kann.

Risikoübertragung auf die öffentliche Hand: In einigen Fällen können ÖPPs dazu führen, dass das Risiko auf die öffentliche Hand übertragen wird, insbesondere wenn private Partner finanzielle Schwierigkeiten haben oder Projektziele nicht erreicht werden.
ÖPP-Projekte leisten Beitrag zur Daseinsvorsorge

Die in der Öffentlichkeit immer wieder angeführten Negativbeispiele offenbaren einerseits die Schwächen von ÖPPs. Andererseits werfen sie ein sehr einseitiges Licht auf die Realität Öffentlich-Privater Partnerschaften. Michael Schäfer, emeritierter Professor für Kommunalwirtschaft, betrachtet es als höchst problematisch für den objektiven und pragmatischen Umgang mit ÖPPs, dass diese in der aktuellen Wahrnehmung auf den Bereich Bauen und Betreiben reduziert würden. In seinem Buch „Öffentlich-Private Partnerschaften – Auslaufmodell oder eine Strategie für kommunale Daseinsvorsorge“ schreibt er, dass ÖPPs sich nicht nur auf „Investruinen“ reduzierten, sondern es gute und oft sehr lange funktionierende ÖPPs gäbe, die in erster Linie auf kommunaler Ebene angesiedelt seien. Dort vor allem auf dem Feld der Daseinsvorsorge. Hier arbeiteten Kommune und Privatwirtschaft in der „höchsten und qualifiziertesten Form“ zusammen, nämlich als gemeinsames Unternehmen, schreibt Schäfer.

Ob es günstiger ist, eine ÖPP einzugehen oder nicht, hängt dabei stark vom jeweiligen Projekt ab. Ist es technisch anspruchsvoll oder erfordert eine große Investition, kann ein privater Partner mit Erfahrung und spezialisiertem Fachwissen zu einer erfolgreichen Umsetzung beitragen. Auch wenn eine Kommune nicht über ausreichende finanzielle Ressourcen für die Realisierung eines Vorhabens verfügt, kann eine ÖPP nützlich sein. Langfristige Ziele in einer ÖPP können zudem dazu führen, Arbeitsplätze zu schaffen, Infrastruktur zu verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit der Kommune zu steigern. Sind bestimmte Bedingungen erfüllt und die Vorteile überwiegen die möglichen Nachteile, ist eine Öffentlich-Private Partnerschaft für eine Kommune also durchaus sinnvoll. Laut dem Experten für Kommunalwirtschaft Michael Schäfer könne eine enge Kooperation von Kommunal- und Privatwirtschaft zudem einen wichtigen Beitrag leisten, das Garantieversprechen für die Daseinsvorsorge zu halten.

Redaktion | Klimaschutz Kommune direkter Link zum Artikel