Die Landwirtschaft im Enzkreis - Folge 3: Integrierter Ackerbau und Pflanzenschutz

Die Landwirtschaft im Enzkreis - Folge 3: Integrierter Ackerbau und Pflanzenschutz
Die Landwirtschaft im Enzkreis - Folge 3: Integrierter Ackerbau und Pflanzenschutz

Was macht die Landwirtschaft im Enzkreis aus?

Wer prägt unsere Kulturlandschaft und produziert unsere Nahrungsmittel vor Ort? Die Artikelserie „Farm-Fenster" beleuchtet Aspekte der hiesigen Landwirtschaft und ihre Bedeutung für die Menschen in der Region.


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Im dritten Teil der Serie erklärt der Landwirt Bernd Benzinger aus Friolzheim, was Integrierter Pflanzenschutz bedeutet und wie er angewandt wird.

Wenn Benzinger von seiner täglichen Arbeit als Haupterwerbs-Landwirt spricht, erweckt er nicht den Eindruck, als sei er ein gewöhnlicher Bauer vom Lande. Der Friolzheimer wirft mit Termini nur so um sich und schafft es mühelos, zwischen Alltags- und Fachsprache hin und her zu wechseln. Wie frisch aus dem Hörsaal entlassen, erörtert Benzinger chemische, biologische oder meteorologische Sachverhalte, mit denen er sich intensiv auseinandersetzt. Mit seinem schwäbischen Dialekt wirkt der Landwirt zwar nicht gerade wie ein typischer Wissenschaftler, doch wenn es um die Inhalte geht, ist sein Wissen breit aufgestellt. Durch die Lektüre von Fachzeitschriften, Kontakt zu Kollegen, Veranstaltungen und Mitteilungen des Landwirtschaftsamtes oder Messebesuche hält sich Benzinger stets auf dem neuesten Stand – ein Muss für jeden Bauern, unabhängig von Bewirtschaftungsform und Betriebsgröße, findet er: „Auch wenn das alles immer nebenherläuft, ist das ständige Informieren über Neuigkeiten wahnsinnig wichtig.“

Infolge der systematischen Analyse und Aufarbeitung aller landwirtschaftlichen Bereiche in den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Landwirtschaft im Allgemeinen und der Pflanzenbau im Besonderen grundlegend gewandelt und entwickeln sich in rasantem Tempo weiter. In staatlichen und wirtschaftlichen Einrichtungen wird in einem Maße Forschung betrieben, wie sie Mitte des 20. Jahrhunderts noch undenkbar gewesen wäre.

Landwirtschaft im Spannungsfeld

Jeder einzelne Prozess in der Lebensmittel-Produktion wird ständig optimiert, vor allem im Bereich der Präzisionslandwirtschaft. Angesichts der wachsenden Weltbevölkerung, des Konsumverhaltens in den Industrienationen und der unkalkulierbaren Risiken, etwa Ernteausfälle als Folge des Klimawandels, ist die Landwirtschaft auf effizienzsteigernde Verfahren und Mittel angewiesen. Gleichzeitig besteht die Gefahr, mit unkontrolliertem Handeln Umwelt und Natur negativ zu beeinträchtigen.

Was also tun in diesem Spannungsfeld? Die Antwort steht seit 1987 im deutschen Pflanzenschutzgesetz: der Integrierte Pflanzenschutz. Dieses Konzept wurde mit dem Ziel entwickelt, durch eine Kombination von aufeinander abgestimmten Verfahren so ressourcenschonend wie möglich Landwirtschaft zu betreiben. Durch geeignete biologische, biotechnische und produktionstechnische Maßnahmen soll der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln auf das notwendige Maß beschränkt werden. Getreu dem Prinzip „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“ wird konventionellen Betrieben die Verwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln erlaubt –unter strengen Auflagen. Ohne Sachkunde-Nachweis sind Kauf und Gebrauch von Beizen und Spritzmitteln nicht möglich; nur wer regelmäßige Fortbildungen vorweisen kann, darf die synthetische Pflanzenmedizin im notwendigen Maß aufs Feld führen.

Wie und wann welche Mittel angewendet werden, ist durch Vorschriften geregelt; zudem müssen zu jeder Ausbringung sämtliche Daten über den Einsatz (etwa Flächen und Menge) penibel dokumentiert werden. Bernd Benzinger ist deshalb immer mit Stift und Papier unterwegs: „Für meine Aufschriebe brauche ich keinen Computer, das bekomme ich schneller handschriftlich hin.“

Überhaupt werde der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der öffentlichen Wahrnehmung kritisch betrachtet, wobei andere Methoden zur Unkraut-Regulierung in der Bevölkerung oft völlig unbekannt seien. Benzinger meint damit die adäquate Nutzung von verschiedenen Böden und eine abwechslungsreiche Fruchtfolgegestaltung, die Wahl von resistenten Sorten, aber auch die mechanische Unkrautbekämpfung und den Einsatz von natürlichen Gegenspielern – also Organismen, die Schädlinge verzehren und eliminieren. „Solange es möglich ist, auf Pflanzenschutzmittel zu verzichten, setzte ich natürlich auf die Alternativen“, betont Benzinger. Allerdings müsse man sich im Klaren darüber sein – das zeigten auch die jährlichen Sortenversuche des Landwirtschaftsamtes von Getreidekulturen auf seinen Feldern –, wie groß die Ertragsunterschiede von mit Herbiziden, Fungiziden oder Insektiziden behandelten im Vergleich zu unbehandelten Beständen in der Regel ausfallen: zwischen 30 und 50 Prozent.

Bei Bio-Betrieben lassen sich die deutlich geringeren Erträge dank höherer Preise und spezieller Fördergelder ausgleichen, während konventionelle Betriebe im Verhältnis mehr produzieren müssen, um auf die gleichen Einnahmen zu kommen. Nach den jüngst beschlossenen Änderungen in der Europäischen Agrarpolitik (GAP) könnte dieses Modell in den nächsten Jahren dynamischer werden, doch an der Grundsituation wird sich nichts ändern. Mit dem biologischen und dem konventionellen Weg zur Nahrungsmittelgewinnung ist die hiesige Landwirtschaft schließlich seit vielen Jahren zweigleisig unterwegs und das hat sich bewährt. Die Integrierte Produktion trägt dazu bei, dass die Arbeit der Bauern nicht nur umweltfreundlicher, sondern generell ertragreicher und stabiler wurde. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich der Pflanzenschutz in Zeiten der ökologischen Achtsamkeit weiterentwickeln kann. Bernd Benzinger jedenfalls möchte dem Konzept die Treue halten; für ihn ist das System ideal geeignet, um fachgerecht und verantwortungsvoll Lebensmittel zu produzieren.

Kurz und knapp…

Als Anschauungsobjekte und zur Datensammlung werden im Enzkreis seit Jahren Versuche zur Integrierten Produktion auf den Feldern durchgeführt: 7 umfangreiche Versuchs- und Demo-Anlagen haben Landwirte, Landwirtschaftsamt und Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg 2021 aufgestellt, um unterschiedliche Produktionsvarianten zu testen. Ergänzend gibt es auf Landesebene das Netzwerk „Demonstrationsbetriebe Pflanzenschutzmittelreduktion“. Die beteiligten Betriebe sind über ganz BW verteilt, wobei einer der sechs Betriebe des Regierungsbezirks Karlsruhe im Enzkreis liegt.

Um vor Ort die Schädlinge und den Befallsdruck gut beobachten zu können, betreut Sven Nagel, Pflanzenproduktionsberater des Landwirtschaftsamtes, insgesamt 6 Monitoringfallen. Über die Anzahl der in den Fallen gefundenen Insekten kann der optimale Ausbringungszeitpunkt von zum Beispiel biologischen Gegenspielern bestimmt werden. Das spielt vor allem im Mais eine große Rolle: So wird im Enzkreis auf knapp 550 Hektar Maisfläche mit Hilfe von Drohnen die Schlupfwespe Trichogramma ausgebracht, um den Maiszünsler zu bekämpfen.

Landratsamt Enzkreis direkter Link zum Artikel