Neue Studie zur Erreichung des von der EU-Kommission vorgeschlagenen Klimaziels 2040

DIHK und VKU: Kommissionsvorschlag für ein Klimaziel 2040 überfordert Deutschland und Europa 

Heute haben DIHK und VKU in Berlin eine umfassende Studie vorgestellt, die sich mit dem von der EU-Kommission vorgeschlagenen Klimaziel für 2040 auseinandersetzt.


Voller Zugriff auf den Tagesanzeiger – Registrieren Sie sich jetzt kostenlos!

Um den vollständigen Artikel im Tagesanzeiger zu lesen, melden Sie sich bitte in Ihrem Themennetzwerke®-Konto an. Die Registrierung bei Themennetzwerke® ist kostenlos und ermöglicht Ihnen den vollständigen Zugang zum Tagesanzeiger und vielem mehr.

Falls Sie den Tagesanzeiger bereits auf kommunalwirtschaft.eu abonniert hatten und davor keinen Themennetzwerke® Account registriert hatten, dann klicken Sie auf den folgenden Link, um Ihr Passwort zu Ihrer bereits registrierten E-Mail-Adresse hinzuzufügen: Passwort für kommunalwirtschaft.eu Abonnenten hinzufügen

Jetzt einloggen Kostenlos registrieren

Dieses Ziel sieht eine 90-prozentige Reduzierung der Netto-Treibhausgasemissionen (THG) im Vergleich zu 1990 vor.* Die Studie analysiert den Stand der Klimazielerreichung in Europa und Deutschland – und was minus 90 Prozent für die deutsche Klimazielsetzung bedeuten würde.  

Ein Kernergebnis der Studie: Derzeitige Emissionsprognosen der EU-Mitgliedstaaten zeigen, dass bereits das für 2030 europäische Ziel einer 55-prozentigen CO2-Reduktion verfehlt wird. Das Erreichen eines 2040-Ziels von -90 Prozent, das auf der Zielerreichung 2030 aufbaut, gerät somit außer Reichweite.  

Zudem stellt die Studie dar, dass das vorgeschlagene Klimaziel 2040 auf vielen optimistischen Annahmen beruht, beispielsweise in Bezug auf die Verfügbarkeit von Technologien, Fachkräften, Rohstoffen und den Mitteln für Investitionen. Wenn diese nicht eintreten, drohen aus Sicht und DIHK und VKU Überregulierung, steigende Kosten sowie politische und wirtschaftliche Verwerfungen.

Aus diesem Grund plädieren die beiden Organisationen für mehr Realitätssinn: Es ist kontraproduktiv, langfristige Ziele zu verschärfen, wenn man kurzfristigere nicht erreicht. Der Fokus sollte stattdessen darauf liegen, wie das Ziel für 2030 kosteneffizient und wirtschaftlich tragbar angestrebt wird.

Die Kernergebnisse der Studie im Überblick: 

  • Es ist sehr unwahrscheinlich, dass das vorgeschlagene -90 Prozent-Ziel 2040 der EU erreichbar ist. 
  • Schon das Erreichen des 2030er Ziels von -55 Prozent ist aktuell unwahrscheinlich. Selbst mit sehr optimistischen zusätzlichen Maßnahmen, die die Mitgliedsstaaten in ihren Berichten an die EU-Kommission ankündigen, um ihre Ambitionen bei der Dekarbonisierung aufzuzeigen, werden die Ziele nicht erreicht.  
  • Falls die 2030-Ziele verfehlt werden, hat das entsprechende Auswirkungen auf ein 2040er Ziel. Unternehmen und private Haushalte würden für den Zeitraum 2031-2040 erheblich stärker belastet, weil ein wesentlich schnelleres Tempo der Treibhausgasminderung erforderlich wäre.  
  • Insbesondere Sektoren, die bisher wenig zur Minderung beitragen (in Deutschland vor allem Verkehr und Gebäude), müssten mehr in den Fokus der Klimapolitik. 
  • Technologien und Verfügbarkeiten sind ein Schlüssel zum Erfolg, beispielsweise die schnelle Einführung von Kohlenstoffdioxidabscheidung und -speicherung (CCS) sowie grüner Wasserstoff und die entsprechenden Infrastrukturen dafür. Dafür braucht es erhebliche Investitionen.  
  • Der Erfolg oder Misserfolg Deutschlands beim Erreichen seiner nationalen Klimaziele hat erhebliche Auswirkungen auf die Fähigkeit der EU insgesamt, ihre Klimaziele zu erreichen. Deutschland trägt dabei aufgrund seiner wirtschaftlichen Größe und seiner industriellen Basis auch eine besondere Verantwortung. 

Achim Dercks, Stv. DIHK-Hauptgeschäftsführer: „Die deutsche Wirtschaft hat beim betrieblichen Klimaschutz schon viel erreicht. Die energieintensive Industrie ist im europäischen Vergleich in den letzten Jahren auf einem markanten CO2-Einsparpfad – allerdings vor allem bedingt durch kostenbedingte Einschränkungen der Produktion. Die Formulierung immer neuer höherer Klimaziele führt zu einer tiefen Verunsicherung in der Breite der Wirtschaft. Denn wir sehen schon jetzt, dass beispielsweise die für 2030 formulierten Ziele nur schwer erreichbar sein werden. In vielen Unternehmen vergrößert sich die Sorge, dass die politischen Einsparziele zu noch mehr Regulierungen und weiteren Preiserhöhungen für Energie führen. Dabei sind die Kosten für Strom und Gas bereits heute schon problematisch hoch. Wie groß die Verunsicherung der Unternehmen durch die Energiepolitik mittlerweile ist, zeigt auch unser aktuelles DIHK-Energiewende-Barometer. Während in früheren Jahren viele Unternehmen auch Chancen in der Energiewende für den eigenen Betrieb sahen, überwiegen seit zwei Jahren deutlich die Risiken. Die Politik sollte daher aufpassen, dass nicht ganze Branchen bei den Themen Energiewende und Klimaschutz fast völlig die Zuversicht verlieren. Denn ohne private Investitionen wird die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft nicht gelingen.“ 

Ingbert Liebing, VKU-Hauptgeschäftsführer: „Es ist wichtig, die Klimaziele möglichst schnell zu erreichen. Aber der Weg zur Klimaneutralität kann nicht beliebig verkürzt werden, insbesondere in „trägen“ Sektoren wie Verkehr und Gebäude. Das zeigt sich aktuell bei der Wärmeplanung und dem Ausbau der Fernwärme, bei denen kommunale Unternehmen eine zentrale Rolle spielen. Deutschland trägt bereits jetzt überproportional zu den rechtsverbindlichen europäischen CO2-Minderungszielen bei. Ein neues EU-Klimaziel von -90 Prozent bis 2040 würde das weiter verschärfen. Die Studie, die wir gemeinsamen mit der DIHK erstellt haben, verdeutlicht, dass dieses Ziel extrem ambitioniert ist und zugleich auf vielen optimistischen Annahmen beruht. Wenn nur eine dieser Annahmen nicht eintritt, drohen wirtschaftliche Schäden und politische Verwerfungen. Wir müssen die Realität endlich zur Kenntnis nehmen. Der Blick auf die Wirklichkeit zeigt, dass die Klimaziele 2030 heute schon in vielen EU-Staaten, einschließlich Deutschland, derzeit kaum erreichbar scheinen – insbesondere in den Bereichen Verkehr und Gebäude. Daher wäre eine Festlegung auf -90 Prozent bis 2040 voreilig und riskant. Der Fokus sollte stattdessen darauf liegen, die 2030-Ziele („Fit for 55“) des EU Green Deal zu erreichen. Eine rechtsverbindliche Entscheidung über das 2040-Ziel sollte erst gegen Ende der 2020er Jahre getroffen werden, basierend auf den dann erzielten Fortschritten.“ 

 

Die Studie finden Sie hier:

Komplettstudie (Englisch): 240926_VKU_DIHK_Klimaziele_2040_EN.pdf

Komplettstudie (Deutsch): 240929_VKU_DIHK_Studie_Klimaziele_2040_deutsch.pdf

Executive Summary (Deutsch): vku.de/fileadmin/user_upload/Presse/240927_VKU_DIHK_Klimaziele_2040_Ergebnisse_deutsch.pdf

 

*Hintergrund

Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, bis 2040 eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um 90 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 anzustreben. Mit dem 2040-Ziel schlägt die Kommission einen Pfad hin zu dem im Europäischen Klimagesetz festgelegten Netto-Null-Ziel für 2050 vor. Es stützt sich auf den Vorschlag der begleitenden Folgenabschätzung. Nach der dort durchgeführten Szenarioanalyse sind mehrere Transformationen notwendig. Der Stromsektor muss einen Anteil von 81 bis 87 Prozent erneuerbarer Energien erreichen. Beim Verkehr wird eine Elektrifizierung von 75 Prozent erwartet und der Energieverbrauch von Gebäuden muss um 50 Prozent gesenkt werden. Auch die Emissionen der Industrie müssen durch die zunehmende Verbreitung von Wasserstoff und die groß angelegte Einführung von CCS reduziert werden. Der geschätzte Investitionsbedarf zur Verwirklichung dieser systemischen Veränderungen wird auf 3 bis 4,5 Billionen Euro geschätzt.

VKU Verband kommunaler Unternehmen e. V. direkter Link zum Artikel